Rohstoff für neue Träume: Recycling in Russland

TASS
In Russland steckt die Mülltrennung noch in den Kinderschuhen. Die Müllhalden des Landes, die eine Fläche von mittlerweile 50 000 Quadratkilometern einnehmen, sind ein ernsthaftes ökologisches Problem. Der Trend geht jedoch zu mehr Mülltrennung und Recycling, sagen Experten.

Gegenwärtig kann in Russland von einem System der Mülltrennung, das diese Bezeichnung wirklich verdient, nicht die Rede sein. „Die Müllhalden wachsen beständig in die Höhe und Breite: Schon heute nehmen sie eine Fläche ein, auf der zweimal die Krim oder etwas weniger als Kroatien Platz fänden“, sagt Violetta Rjabko, Pressesprecherin von Greenpeace Russland, zu RBTH.

 

Mülltrennung soll flächendeckend kommen

Aber es gibt erste Hoffnungsschimmer. Das Prinzip der Mülltrennung etabliert sich allmählich in großen Städten. Wie Dmitri Ljewenjez, der Gründer des Projekts „Recycle“, erläutert, wurden in Moskau versuchsweise Container für eine Trennung von Haushaltsmüll aufgestellt. „Nach Aussage des Moskauer Departments für Naturnutzung werden die verschiedenen Container gut von der Bevölkerung angenommen“, so der Experte.

Seit 2012 testen die Behörden das getrennte Sammeln von Abfällen. Bereits fünf Moskauer Stadtbezirke wurden einbezogen. Greenpeace Russland machte jedoch vor Kurzem öffentlich, dass die Sammlung und Verwertung des Hauptstadtabfalls nicht wie vorgesehen umgesetzt werde. Die Umweltschützer wiesen darauf hin, dass ein Viertel der Sammelstellen nicht in Betrieb sei, die Annahme von Glas überhaupt nicht eingeführt worden sei und die Müllsammelpunkte mit Lkw ausgestattet seien, die nicht regelmäßig durch die Stadt fahren.

Die Moskauer Regierung experimentiere schon seit 1998 mit dem Müll der Stadt, sagt Rjabko. „Nennenswerte Ergebnisse sind nicht zu erkennen, es gibt keine Zunahme an Abfällen, die einer Verwertung zugeführt werden“, stellt sie fest. „Im gleichen Zeitraum hat Großbritannien seinen Anteil an Recyclingmüll von sieben auf 49 Prozent gesteigert, San Francisco von 40 Prozent auf drei Viertel.“

Die Greenpeace-Sprecherin stellt zugleich auch positive Veränderungen fest: „In einigen Städten nehmen die Behörden das Problem ernst und arbeiten am Aufbau einer Mülltrennung. Petrosawodsk etwa hat mit Unterstützung von Greenpeace einen Stadtplan entwickelt, der die Einführung der Mülltrennung kenntlich macht.“ In einigen Städten verschiedener russischer Regionen – in Wladiwostok, Saransk oder Pensa – gebe es relativ viele öffentliche Container für Mülltrennung, ergänzt sie.

Projektleiter Ljewenjez erinnert daran, dass vor Kurzem das erste Werk für die Wiederaufbereitung von Batterien in Russland entstanden ist: „Es ist ausschließlich mit russischer Technologie ausgestattet, 82 Prozent einer leeren alten Batterie werden wiederverwendet. In Europa wird diese Kennziffer gerade mal zu 60 Prozent erreicht.“ In Moskau gebe es einige private Müllsammelstellen, bestätigt er. Im vergangenen Jahr sei die Zahl ihrer Nutzer auf das Doppelte angestiegen. „Umweltaktivisten engagieren sich ebenfalls für die Trennung und Aufbereitung von Abfällen und organisieren freiwillige mobile Sammelpunkte überall im Stadtgebiet“, ergänzt er.

 

Wiederverwertung noch kein Erfolgsmodell

Die größte Herausforderung für eine effiziente Wiederverwertung von Abfall ist nach Einschätzung von Rjabko, dass es in den Höfen der Wohnsiedlungen kein Mülltrennsystem gibt. „Viele wissen um das Problem der riesigen Müllhalden und um die ökologischen Gefahren von Müllverbrennungsanlagen. Tausende sammeln ihren Müll zu Hause und geben ihn einmal im Monat ab, sie fahren ihn dafür durch die ganze Stadt zu einer Sammelstelle oder einer mobilen Sammelaktion“, sagt sie.

Die grundsätzliche Bereitschaft zur Mülltrennung erkennt auch Ljewenjez: „Umfragen zufolge sind an die 75 Prozent der Bevölkerung bereit, Müll zu trennen, allerdings unter der Voraussetzung, dass Container vor ihren Häusern aufgestellt werden.“

Rjabko erzählt, dass es heute in verschiedenen Regionen Russlands Betriebe für das Recycling von Papier, verschiedenen Sorten Kunststoff und Metall gibt. „Das Unternehmen Plarus bei Moskau, das PET-Flaschen recycelt, ist nur zu 50 Prozent ausgelastet, da nicht genügend Plastikflaschen wieder den Weg zurück finden“, betont sie.

Ljewenjez bemerkt, dass die Russen zu wenig über Mülltrennung wissen: „In Russland hält sich der Glaube, es gäbe hier keine Recyclingunternehmen. Viele denken, dass selbst die in bunten Containern gesammelten Abfälle auf Müllhalden landen. Außerdem verstehen die Leute nicht, was mit den aufgearbeiteten Abfällen weiter geschieht und welchen Nutzen sie der Gesellschaft bringen.“ Der Umweltaktivist ist überzeugt: „Zeigt man jemandem, dass diese warme Fleece-Decke aus recycelten Flaschen hergestellt wurde, dann wird dieser Mensch eher motiviert sein, seinen Müll zu trennen.“

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