Russische Zentralbank senkt Leitzins erneut

Leitzins-Senkung: 0,5 Prozent sind ein Kompromiss.

Leitzins-Senkung: 0,5 Prozent sind ein Kompromiss.

AP
Die russische Zentralbank hat den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf elf Prozent pro Jahr gesenkt. Damit versucht die Regierung, das Investitionsklima im Land zu verbessern, die Entscheidung ist jedoch Experten zufolge ein Kompromiss. Bei einer weiteren Senkung des Satzes würde in Russland die Inflation weiter steigen, die auch so schon 15,8 Prozent beträgt.

Die russische Zentralbank, die Hauptregulierungsbehörde des Finanzmarkts des Landes, beschloss in ihrer Sitzung am Freitag, den Leitzins um 0,5 Prozent auf elf Prozent Jahreszinssatz zu senken, wie die Behörde RBTH mitteilte. Von diesem Wert hängt ab, zu welchem Zins Unternehmen und Bevölkerung Kredite erhalten: Der Zinssatz der Banken unterschreitet üblicherweise nicht den Leitzins.

Ein hoher Zinssatz mache Kredite für Unternehmen teuer, was sich negativ auf das Investitionsklima in Russland auswirke, begründete die Zentralbank ihre Entscheidung. Ein Absenken des Leitzinses und der Anstieg von Kreditvergaben führten zwar zu einem Anstieg der Inflation, die im Juli, auf das gesamte Jahr gerechnet, 15 Prozent betragen hat. Darüber hinaus setze direkt nach einer solchen Maßnahme auch sofort der Fall des Rubelkurses ein. „Doch die Entspannung der Wirtschaft überwiegt die Risiken“, so die Nachricht der Zentralbank.

 

Ein kleiner Schritt

Die Absenkung des Leitzinses um 0,5 Prozent bezeichnet Konstantin Korischtschenko, Professor für Fondsmärkte und Finanzengineering an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Staatsdienst beim Präsidenten Russlands (RANEPA) und früherer Vize-Vorsitzende der Zentralbank, als „symbolisch“. Für ihn stellt das eine Kompromisslösung dar. Denn einerseits ließen bestehende Risiken der Rubelschwäche und der Inflation keine Möglichkeit, den Leitzins aktiv weiter nach unten zu treiben. Andererseits benötige die stagnierende russische Wirtschaft stimulierende Maßnahmen und in erster Linie kostengünstigere Kredite, erklärt Korischtschenko.

„Mit der Senkung des Leitzinses setzt die Zentralbank ihre Linie fort, die das Ziel hat, die Kredit- und Geldpolitik aufzuweichen, um Kredite erschwinglicher zu machen und damit die russische Wirtschaft zu stimulieren“, sagt Chefanalyst von UFS IC, Alexej Koslow. Dabei muss die Zentralbank seinen Worten nach zwischen der Notwendigkeit der Wirtschaftsstimulierung und ihren Möglichkeiten bei der Senkung des Leitzinses vor dem Hintergrund eines instabilen Rubels abwägen.

Auch Anton Soroko, Analyst der Investitionsholding Finam, sieht in der Maßnahme der Zentralbank einen konkreten Versuch, die Realwirtschaft zu stimulieren. „Diese Entscheidung ist von der Verschlechterung der Situation auf den Rohstoffmärkten und dem anschließenden Rubelverfall diktiert worden“, sagt er. Die Inflation befinde sich noch immer auf einem hohen Niveau und das Bruttoinlandsprodukt sinke weiter. Die Erdölpreise befinden sich auf einem Rekordtief, bei 50 US-Dollar (etwa 45,5 Euro) pro Barrel.

Maßnahme ohne Wirkung?

Zuvor hatte die Zentralbank Ende 2014 den Leitzins schlagartig von 9,5 auf 17 Prozent erhöht, um die Kreditvergabe im Land einzufrieren und die Nachfrage nach Fremdwährungen zu senken. Dieser Entscheidung war ein drastischer Rubelsturz vorausgegangen: Der Rubelkurs fiel im Vergleich zum US-Dollar und Euro um das Doppelte. Danach senkte die Regulierungsbehörde den Zinssatz langsam herab, um die Inflation nicht zu provozieren.

Alexej Koslow zufolge war die Dynamik „zu Beginn des Jahres beeindruckend“, was sich „aus dem schlagartigen Anheben des Leitzinses im Dezember 2014 und der relativen Stabilisierung des Rubelkurses und der Schwächung des Inflationsdrucks“ erkläre. Wie der Ökonom anmerkt, werde die spätere Dynamik des Leitzinses aber in vielerlei Hinsicht von äußeren Faktoren abhängen, insbesondere von der Stabilität des Erdölpreises, welche die Stabilität des Rubels vorgibt.

Nach Ansicht von Konstantin Korischtschenko seien infolge der jüngsten Maßnahme durch die Zentralbank aber keine besonderen Veränderungen auf den Märkten oder in der Wirtschaft zu erwarten. „Der Einfluss der Erdölpreise, der Sanktionen und des Geldmangels in der Wirtschaft wird wahrscheinlich keine Veränderung der heute bestehenden Entwicklungen des Wachstums, der Inflation und des Rubelkurses zulassen“, sagt er. Soroko sieht das Ende jedoch noch nicht erreicht – er glaubt, dass die Zentralbank in den nächsten Sitzungen die Geld- und Kreditpolitik weiter aufweichen und den Leitzins bis Ende des Jahres auf etwa 8,5 bis 9,5 Prozent senken wird.

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