Good Bye Lenin

Die Lenin-Leiche im Mausoleum auf dem Roten Platz in Moskau. Foto: Itar-Tass

Die Lenin-Leiche im Mausoleum auf dem Roten Platz in Moskau. Foto: Itar-Tass

Bei einer Internetabstimmung, die von der Kreml-Partei "Einheitliches Russland" veranstaltet wird, haben sich im Laufe weniger Tage bisher etwa 250.000 Menschen beteiligt. 70% sind dafür, das Lenin-Mausoleum zu leeren. Die Kommunisten protestieren.

Die Internetabstimmung auf der Seite www.goodbyelenin.ru sei verfälschend, erklärte im Radiosender "Echo Moskaus" ein Duma-Abgeordneter der KP. Die wirkliche Meinung der Volksmassen könne nur mit Hilfe sorgfältiger soziologischer Untersuchungen herausgefunden werden. Andere Prominente sprachen sich für eine Volksabstimmung aus. Mit dieser Argumentation begibt sich die KP allerdings auf gefährliches Glatteis, denn in den letzten Jahren ändert sich die Stimmung in der russischen Öffentlichkeit allmählich zugunsten der Idee, Lenins Mumie doch endlich einem "christlichen" Begräbnis zuzuführen. Selbst die Proteste der Kommunisten fallen heute nicht mehr so heftig aus, wie vor 20 Jahren, als der provokative Vorschlag auftauchte, die Lenin-Leiche zuerst auf eine gewinnbringende internationale Wanderausstellung rund um die Welt zu schicken und dann zu beerdigen.

Auch die russisch-orthodoxe Kirche ist für Lenin-Bestattung

Inzwischen spricht sich auch die russisch-orthodoxe Kirche für eine Bestattung aus. Kirchensprecher Wsewolod Tschaplin erklärte, es widerspreche den Traditionen und Werten der russischen Gesellschaft, wenn ein Leichnam öffentlich ausgestellt werde. Der Abgeordnete der Kreml-Partei "Einheiltiches Russland" Wladimir Medinski hatte am vergangenen Donnerstag unter dem Emblem der Partei die Internetabstimmung initiiert. Am Montag, beim Stand von über 250.000 Beteiligten, erklärte ein Parteisprecher, bisher handele es sich um eine Privatinitiative, es könne jedoch bald auch einen Parteibeschluss dazu geben. Das Thema sei aktuell. Lenin selbst sei seinerzeit - ebenso wie seine Verwandten - gegen den Bau eines Mausoleums gewesen, hatte Medinski erklärt. Sie hätten dmals selbst vorgeschlagen, den Führer der Oktoberrevolution und Gründer der Sowjetunion neben seiner Mutter in St.Petersburg zu beerdigen.

Mumie ist nur zu 10 Prozent Original-Lenin

Die Kommunisten missachteten den Willen ihres Führers und seiner Angehörigen, sagt Medinski auf der Internetseite der Kremlpartei "ER". Man sollte die Lenin-Frage in der Duma jedes Jahr wieder neu stellen. Man dürfe dabei auch nicht vergessen, dass mittlerweile nur noch 10 Prozent der ausgestellten Mumie tatsächlich Körperteile Lenins seien.

Schimmel an Lenins Ohren?

Tatsächlich wird der Körper Lenins regelmässig zur Renovierung aus dem Mausoleum in ein auf Mumifizierung spezialisiertes Fachlabor gebracht. Dabei wird nicht nur die Kleidung Lenins aufgefrischt. Angeblich hatten vor Jahren zur Zeit der Perestroika-Wirren Besucher des Mausoleums schon einmal Schimmel an einem Ohr Lenins entdeckt. Die Fraktionen von Kommunistischer Partei und "Gerechtes Russland" erklärten bereits, sie würden alle Anträge ablehnen, Lenin aus dem Mausoleum und das Mausoleum selbst vom Roten Platz zu entfernen. Lenin war nach seinem Tode am 21.Januar 1921 auf Anweisung Stalins zunächst in einem provisorischen Mausoleum an der Kreml-Mauer aufgebahrt worden. Später war aus roten und schwarzen Granitblöcken das heutige Lenin-Mausoleum errichtet worden, das praktischerweise auch als Tribüne für die Parteiführung benutzt werden konnte.

Dieser Artikel erschien zuerst bei www.russland-aktuell.ru

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