Chodorkowski gibt Medwedjew keine Ruhe

"Das Verderben eines Staates fängt mit dem Zusammenbruch seiner Gesetze und seines Rechtssytems an.." steht auf einem Plakat eines Chodorkowskij-Befürworters. Foto: Kommersant

"Das Verderben eines Staates fängt mit dem Zusammenbruch seiner Gesetze und seines Rechtssytems an.." steht auf einem Plakat eines Chodorkowskij-Befürworters. Foto: Kommersant

Präsident Dmitrii Medwedjew macht Zugeständnisse an die russische Zivilgesellschaft: der Menschenrechtsrat beim Präsidenten hat die Erlaubnis bekommen, zu Prozessen, die auf breites öffentliches Interesse stoßen, eine eigene Meinung zu äußern.

Am Dienstag tagte der „der Menschenrechtsrat der Russischen Föderation“ in Jekaterinburg. Präsident Medwedjew nahm nach der Einweihung des neuen Jelzin-Denkmals persönlich an der Sitzung teil. Er bot dem Rat an, eigene juristische Gutachten zu Verfahren zu erstellen, die einen breiten Raum in den Medien einnehmen, wie z.B. dem Verfahren gegen Michail Chodorkowskij oder dem Tod Sergei Magnitskys. „Der Präsident sagte, wenn es Fragen gäbe, könnten wir als Rat eine Arbeitsgruppe bilden und ein eigenes Gutachten erstellen“ – teilte die Vorsitzende der Moskauer Filiale von Transparency International Ella Pamfilowa mit. Wie und durch wen die Gutachten erstellt werden sollen, müsse noch entschieden werden, sagte sie.

Medwedjew zeigt sich demokratisch

Wie der Vorsitzende des Nationalen Antikorruptionskomitees Kirill Kabanov berichtete, sprachen der Vorsitzende des Rates für Außen- und Verteidigungspolitik Sergei Karaganov und die Vorsitzende des Expertenrates „Regionaler Journalistenclub“ Irina Jasina das Thema Chodorkowskij an. Zu Sergei Magnitsky äußerte sich Medwedjew selbst – entgegen den Erwartungen der Ratsmitglieder hatte der neue Vorsitzende, Michail Fedotov, den in Untersuchungshaft verstorbenen Juristen des Hermitage Fonds in seiner Antrittsrede mit keinem Wort erwähnt. Wenn es Fragen gäbe, könne der Rat eine Arbeitsgruppe bilden und ein eigenes Gutachten erstellen, erklärte der Präsident. „Das ist ein großer Sieg für uns und den Präsidenten“, sagte Kabanov begeistert. „Das Recht, eigene Gutachten zu erstellen, bedeutet für uns eine gewisse Legitimation durch den Präsidenten“. Wie Kabanov außerdem mitteilte, können Ratsmitglieder nun auch zusätzliche Verfahrensunterlagen anfordern.

In Davos dazugelernt

Wie der Präsidialadministration nahestehende Quellen berichten, hat wohl die Reise nach Davos den Präsidenten dazu bewegt, Verfahren, die eine starke Medienresonanz hervorrufen, ernst zu nehmen. Auf diese Themen sei er beim WEF am häufigsten angesprochen worden.Der Chodorkowski-Anwalt Vadim Kluvgant erinnerte daran, dass bereits Justizminister Alexander Konovalov angeregt hatte, Gerichtsurteile von Experten diskutieren zu lassen. „Dieser Präzedenzfall kann einiges verändern – jetzt hängt alles davon ab, wie professionell und unabhängig das Gutachten ausfällt“, sagt Kluvgant.„Wenn wir ein ehrliches und professionelles Gutachten bekommen und es öffentlich diskutiert wird, könnte das auf eine gewisse Weise einen Schritt hin zu unabhängigen und professionellen Gerichten bedeuten, die uns so sehr fehlen“.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitung "Vedomosti".

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