Pillen aus eigener Herstellung

Die Mitarbeiterin eines Pharmaunternehmens in Stawropol arbeitet an einem Impfstoff gegen die Schweinegrippe. Foto: Laif/Vostock-Photo

Die Mitarbeiterin eines Pharmaunternehmens in Stawropol arbeitet an einem Impfstoff gegen die Schweinegrippe. Foto: Laif/Vostock-Photo

Internationale Pharmakonzerne verlegen ihre Standorte nach Russland. Denn 2011 treten neue Vorschriften für importierte Medikamente in Kraft, die den Binnenmarkt ankurbeln sollen. Bis 2020 sollen 90 Prozent aller Medikamente in Russland produziert werden.Pharmasintez will mit dem Erlös aus dem Börsengang Hersteller in Europa, Israel und den USA kaufen.

Ende letzten Jahres legte die russische Regierung einen Zwanzig-Jahres-Plan zur Modernisierung der einheimischen Pharmaindustrie auf. Demnach sollen sich russische Pharmaunternehmen aktiver an den internationalen Märkten beteiligen. Dafür sind Subventionen von jährlich 2,9 Milliarden Euro geplant mit dem Ziel, bis 2020 90 Prozent der lebenswichtigen Medikamente und die Hälfte der medizinischen Ausrüstung im Inland zu produzieren. Die Exporte sollen um das Achtfache erhöht werden. Ausländische Pharmaunternehmen und Hersteller von medizinischen Geräten müssten künftig mit Einschränkungen beim Verkauf ihrer Produkte in der Russischen Föderation rechnen, wenn sie ihre Technologie und ihre Produktionsanlagen nicht ins Land bringen, kündigte Premier Wladimir Putin unlängst an. Die Handelsbarrieren würden sodann Schritt für Schritt eingeführt.

 

Das Sowjet-Erbe lastet schwer

Dmitri Genkin, Vorstand der russischen Pharmasintez, die beim Börsengang im November 13 Millionen Euro generierte, glaubt, dass Russland nach wie vor gegen sein sowjetisches Erbe kämpfe: Damals seien die meisten Pharmaunternehmen in Osteuropa aufgebaut worden. „Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion haben wir eine riesige Kluft zwischen Grundlagen- und angewandten Wissenschaften wie der Medizin“, erklärt er. Russische Unternehmen warten schon lange auf staatliche Unterstützung, denn gegenwärtig liegen die Subventionen im Pharmabereich weit hinter den Ausgaben für Forschung und Entwicklung in der EU und den USA. Disproportional dazu wächst der russische Arzneimittelmarkt doppelt so schnell wie die Märkte in den Vereinigten Staaten und Europa und ist bereits zu einem umkämpften Terrain für ausländische Pharmaunternehmen geworden, deren Umsätze auf westlichen Märkten gesunken sind.

Importschranken in Sicht

„Der Arzneimittelmarkt wird durch die Subventionen der Regierung und die Nachfrage der Konsumenten angekurbelt und überflügelt die Wachstumsraten des russischen BIP, während das zersplitterte regionale Pharmasegment führenden Unternehmen ein großes Potenzial zur Konzernbildung bietet“, heißt es in einem Bericht der Uralsib-Bank in Moskau. Westliche Pharmariesen bereiten sich derweil auf die Importschranken vor und errichten eigene Produktionsanlagen in der Russischen Föderation, um vom Wachstum des Markts zu profitieren.Ende 2010 kündigte der Novartis-Konzern 370 Millionen Euro Investitionen in den kommenden fünf Jahren an. Die Schweizer wollen eine Produktionsanlage in Sankt Petersburg errichten und gemeinsam mit russischen Unternehmen die Entwicklung neuer Pharmaprodukte vorantreiben. Berlin-Chemie, Tochterunternehmen der italienischen Menarini-Group, baut in Kaluga bei Moskau ein Werk für 30 Millionen Euro. Auch Nycomed mit Sitz in der Schweiz und das dänische Unternehmen Novo Nordisk haben Pläne zur Arzneimittelherstellung in Russland angekündigt.

 

Kooperation bei Impfstoffen

Die britische GlaxoSmithKline hat im November einen Vertrag mit der Moskauer Binnofarm über eine Kooperation im Bereich Impfstoffe abgeschlossen, und auch die Franzosen rückten nach: Im Januar stellte Sanofi-Aventis ein Team für die Erschließung von Emerging Markets zusammen; ein besonderes Augenmerk gälte dabei Russland.Unterdessen nehmen russische Unternehmen ausländische Märkte ins Visier. So will Pharmasintez einen Teil seines Kapitals zum Kauf von Pharmaunternehmen in Europa, Israel und den USA aufwenden: „Wir suchen kleine, wachsende und gewinnträchtige Unternehmen mit eigenen Produktionsstandorten“, so fasst Dmitri Genkin die Pläne seines Unternehmens nach dem Gang an die Börse zusammen.

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