Parlamentswahl in Russland

Foto: RiA Novosti

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Einiges Russland gewinnt die Wahlen, verliert aber die Zweidrittelmehrheit in der Staatsduma. Die registrierten Partein überlegen sich eine Koalition, die Opposition weist auf Verletzungen der Wahlkampfvorschriften und Urkundenfälschung hin.

Während dieser Artikel geschrieben wird, sieht das von der Zentralen Wahlkommission veröffentlichte vorläufige Endergebnis der am Sonntag, dem 4. Dezember abgehaltenen Parlamentswahlen wie folgt aus:

Einiges Russland – 49,54 %

Kommunistische Partei Russlands – 19,16 %

Gerechtes Russland – 13,22 %

Liberal-demokratische Partei – 11,66 %

Jabloko – 3,30 %

Patrioten Russlands – 0,97 %

Rechte Sache – 0,59 %

Damit wird in Russlands unterer Kammer des Parlaments, der Staatsduma, die führende Rolle der Partei Einiges Russland bestätigt. Das Ergebnis liegt aber deutlich unter den 64,3 %, die sie während der letzten Wahlen im Jahre 2007 erreichte. Die Partei kann jetzt mit etwa 238 der 450 Sitze in der Staatsduma rechnen, statt der 315, über die sie zurzeit verfügt. Die restlichen Sitze werden proportional unter den anderen drei Parteien, die die 7 %- Hürde überschritten haben, aufgeteilt.

Entscheidend ist, dass die Regierungspartei ihre Zweidrittelmehrheit verloren hat – diese hatte es ihr bisher erlaubt, Russlands Verfassung ohne die Unterstützung irgendwelcher anderer politischer Parteien zu verändern.

"Wir werden in der kommenden Staatsduma eine Mehrheit durch die Bildung einer Koalition oder eines Blocks bilden müssen. Das ist Demokratie. Unsere Partner aus den anderen Parteien haben gesagt, dass sie dazu bereit sind, und das macht mich sehr glücklich, weil es bedeutet, dass unsere Demokratie stärker wird", kommentierte Präsident Dmitrij Medwedew, der die Liste der Partei Einiges Russland anführt, in der Parteizentrale das Wahlergebnis.

Frei und Fair?


"Wir möchten daran erinnern, was vorher jeder gesagt hat: Einiges Russland hat eine Zweidrittelmehrheit. Mit großer Wahrscheinlichkeit wir die Partei die Wahlen manipulieren, um ihre dominierende Position aufrechtzuerhalten. Stattdessen hat Einiges Russland entsprechend abgeschnitten: Die Partei vertritt laut des vorläufigen Endergebnisses ungefähr 50 % unserer Bevölkerung. Das ist das Ergebnis einer echten Demokratie in der Realität, egal wie das kommentiert wird", sagte Medwedew.

"Diese Wahlen haben gezeigt, dass die Behörden und die Regierungspartei eindeutig verstanden haben, dass ein „Aufblasen“ ihres Ergebnisses die entgegengesetzte Wirkung erzielt und sie dadurch das Vertrauen unter der Bevölkerung verlieren", bemerkte die frühere Oppositionspolitikerin und Duma-Abgeordnete Irina Chakamada.

Aber nicht alle sind zufrieden. "Wir sollten nicht vergessen, dass einige Politiker bereits schon vor den Wahlen verloren hatten", äußerte sich Igor Jurgens, Leiter des Think tanks Institut für Zeitgenössische Entwicklung, der Medwedew unterstützt. "Ich spreche über P.A.R.N.A.S. und andere". Jurgens bezog sich auf die Partei der Nationalen Freiheit (P.A.R.N.A.S), einer Koalition oppositionell orientierter Politiker, die im Vorfeld durch das Justizministerium nicht als offizielle politische Partei zu den Wahlen zugelassen worden war.

"Wir haben Tausende von Anrufen aus den Regionalbüros erhalten, die massive Übertretungen und Wahlfälschungen bestätigen", berichtete der Abgeordnete der Kommunistischen Partei Iwan Melnikow gegenüber BBC. Die Polizei nahm im Verlauf des Tages in der Moskauer Innenstadt mehr als 170 Demonstranten mit verschiedenen politischen Hintergründen fest.

Die nächsten fünf Jahre


Das ist die erste Staatsduma, die nach einer Verfassungsänderung im Jahre 2008 für eine Dauer von fünf (statt vier) Jahren gewählt worden ist. Die nächsten Wahlen, die für das Jahr 2016 geplant sind, werden mit fünf Prozent eine niedrigere Eintrittshürde haben, was den Weg für mehr Parteien öffnen könnte.

“In Spanien, Griechenland und einigen anderen Ländern wurden in diesem Jahr die Regierungsparteien abgewählt. Wir haben es geschafft, unsere führende Position aufrechtzuerhalten", kommentierte Boris Gryslow, einer der Führer von Einiges Russland und zurzeit Parlamentspräsident. Die Partei verfügt seit 2003 in der Staatsduma über den größten Anteil der Sitze.

"Einiges Russland bleibt die größte politische Kraft in der Staatsduma. Sie hat entsprechend und im Verhältnis zu ihrem politischen Einfluss abgeschnitten. Die nächste Staatsduma wird das echte politische Kräfteverhältnis im Lande widerspiegeln", sagte Medwedew. "Aber wir werden den Champagner erst trinken, wenn die Endresultate bekanntgegeben werden", fügte er hinzu.

Mehr als 700 ausländische Beobachter haben die Wahlen in Russland offiziell mitverfolgt. Die Wahlbeteiligung betrug gerade einmal 50 % , wobei zwei Millionen russische Bürger ihre Stimme außerhalb der Grenzen des Landes abgegeben haben.

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

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