Weltuntergang: Dürers apokalyptische Reiter in Moskau

Das Architektur-Museum, das in einem mittelalterlichen Raum haust, bot die optimale Kulisse für die Dürer-Ausstellung. Foto: ITAR-TASS

Das Architektur-Museum, das in einem mittelalterlichen Raum haust, bot die optimale Kulisse für die Dürer-Ausstellung. Foto: ITAR-TASS

Laut Maya-Kalender soll am 21. Dezember 2012 die Welt untergehen. Passend zum „Event“ werden in Moskau Albrecht Dürers apokalyptischen Reiter ausgestellt. Die Originalstücke aus der Privatsammlung des Unternehmers Sergej Sintschenko sind nun in den Räumen des Moskauer Architektur-Museums zu bewundern.

 Die Holzschnitte „Apocalypsis Cum Figuris" von Albrecht Dürer stellen 16 Illustrationen zur „Offenbarung des Johannes" aus der Bibel dar. Heute ist es für alle prestigeträchtigen Museen ein Muss, die komplette Serie in ihrer Kollektion zu haben.

Das Thema Apokalypse beschäftigt auch den Menschen heute, ist sich Sergej Sintschenko sicher. „In den 500 Jahren hat sich der Mensch in seiner Natur kaum verändert", philosophiert er. „Kriege, Seuchen und Naturkatastrophen verfolgen ihn heute wie auch damals. Trotz des ganzen wissenschaftlichen Fortschritts plagen den Menschen damals wie heute die gleichen Zweifel und Ängste."

Apokalyptische Zustände auch in der heutigen Zeit


Kriege gibt es heute nicht weniger als vor 500 Jahren. Selbst im „zivilisierten" Europa: Der Balkan-Krieg lieferte genug Beispiele von mittelalterlicher Bestialität. Interessanterweise wurden weltweit noch nie so viele Apokalypse-Filme gedreht wie zu Beginn des 21. Jahrhunderts. An Weltuntergangsprophezeiungen hat es vor 500 Jahren nicht gerade gemangelt. Pest und Pocken, Kriege und Überschwemmungen – alles nahmen Dürer und seine Zeitgenossen als Omen der nahenden Katastrophe wahr. Da hatte Dürer noch Glück, dass es in seinen Zeiten keine Euro-Krise gab. Und kein AIDS. Von der Atomkraft ganz zu schweigen.

Die Katastrophe von Fukushima war monatelang in aller Munde. Anderthalb Jahre danach scheint sich Japan davon erholt zu haben, jedenfalls hört man nichts mehr davon. Ein Jahr davor gab es die schier unheilbare Ölpest im Golf von Mexiko, die aber der Ozean so wie modernstes High-Tech-Equipment überwinden konnten. Zwischendurch sorgten höchst suspekte deutsche Gurken für Aufregung – von denen aber wirklich niemand erwartet hatte, dass sie auf einmal lebensgefährlich werden könnten. Alle diese schlimmen Vorfälle haben Erde und Mensch bisher überlebt.

Der Moskauer Auftritt der Apokalyptischen Reiter wurde höchst anspruchsvoll in Szene gesetzt: Das Architektur-Museum, das in einem mittelalterlichen Raum haust, bot die optimale Kulisse für die Dürer-Exposition. Im Kerzenlicht tauchten als Kapuziner gekleidete Kellner auf, die Glühwein kredenzten. Die Architekten Alexander Rjabski und Xenia Charitonowa präsentierten die wertvollen Stiche in einem kongenialen halbrunden Konstrukt aus rohem Stahlblech. Die Museumsdirektorin Irina Korobjina meinte dazu begeistert: „Sollte sich die Prophezeiung bewahrheiten, so wissen nun die Eingeweihten, wo sie Zuflucht finden können, um das Ende des Unheils abzuwarten – in dieser eisernen Kapelle!"

Die Apokalypse – ein Happyend


Dabei wird der Begriff „Apokalypse" eigentlich weitgehend falsch ausgelegt. Im Original, sowohl in der Bibel als auch in Dürers Serie, wird die Geschichte von einem bombastischen hollywoodreifen Happyend gekrönt.

Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde, [...]die heilige Stadt, das neue Jerusalem. [...] Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, [...] denn das Erste ist vergangen.


Dürers „Apokalypse"-Ausstellung in Moskau wird übrigens bis ins nächste Jahr hinein dauern. Man kann sie also auch nach dem annoncierten Weltuntergang besichtigen.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei RIA Novosti.

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