Statistischen Angaben zufolge trinkt jeder Russe ca. 9 Liter Wodka im Jahr. Foto: StockFood / Fotodom
Womit wird Russland am häufigsten in Verbindung gebracht? Na klar, mit dem Wodka, dem Wässerchen aller Wässerchen, das alle kennen, einer Lösung aus Wasser und Sprit. Natürlichen Sprit kannte man bereits im VII. und VIII. Jahrhundert. Den Vorläufer des Wodkas stellte im XI. Jahrhundert ein persischer Arzt her, allerdings nur zu medizinischen Zwecken.
Am Hofe Iwan des Schrecklichen galt Wodka als zeremonielles Getränk, welches zum Beispiel beim Abschluss von Verträgen unterstützend eingesetzt wurde. Diese schöne Tradition hat sich ja bis heute erhalten. So manch Geschäftsreisender bedauert seine Leber, wenn es nach Russland geht.
Aber auch die Trunksucht unter der russischen Bevölkerung nahm zu, selbst die Zaren blieben davon nicht verschont, auch später dann Zar
Boris Jelzin nicht. Es wird gemunkelt, Peter I. hätte seinen Tag stets mit einem Viertelliterchen Wodka begonnen. Nach der Banja ordnete er eine Dosis von 400 Gramm pro Nase an. Peter gab auch die Wodkaproduktion frei. Der starke Tropfen durfte vordem nur in Tavernen, die eine Lizenz vom Zaren dazu hatten, verkauft werden. Auf die Produktion mussten Steuern entrichtet werden, die zeitweilig 40% der russischen Staatseinnahmen ausmachten. Zar Peter ließ staatliche Wodkamanufakturen bauen und verwendete die Einnahmen für den Bau seiner Flotte und die Führung von Kriegen.
Unter Peter wurde erstmals die Flasche als Behältnis für den Wodka verwendet, er hatte es von den Franzosen abgeguckt. Vorher war das Maß des Wodkas ein Eimer, 20 Liter. Auf einigen Wodkasorten kann man heute noch klein gedruckt 1/25tel Eimer oder so was in der Art lesen.
Katharina II. schränkte das Produktionsrecht wieder ein und nur noch Adelige und Staatsdiener durften Wodka ordern.
1890 riss der russische Staat das Alkoholmonopol wieder an sich, die Wodkaproduktion wurde verfeinert, die damalige Technologie wird noch heute angewendet.
Wodka und Mendelejew gehören zusammen. Seine Dissertation trug den Titel „Über die Vereinigung von Sprit und Wasser".Seine Untersuchungen führten letztendlich zu einem Patent für den heutigen Moskowskaja Osobaja. Er führte als Mengenbezeichnung Gramm ein und verbesserte das Herstellungsverfahren. Auch die 40%-Marke geht auf ihn zurück. Er fand den 40%igen einfach bekömmlicher, er hätte nur minimale Nebenwirkungen (über diese Brücke geh ich nicht) und, was zweifellos wichtig ist, der Alkoholsteuersatz ließe sich einfacher berechnen.
Mit dem Ausbruch des I. Weltkrieges verbot Zar Nikolaus II. den Ausschank und den Verkauf von Wodka in Russland. Daraufhin brachen die Staatseinnahmen um ein Drittel ein.
1925 kamen die Bolschewiki nicht mehr umhin, Alkohol und somit auch den Wodka wieder zuzulassen. Offensichtlich ließ sich die raue Wirklichkeit des proletarischen Himmelreichs mit vernebelter Birne leichter ertragen. 1936 führte der sowjetische Staat eine Norm ein und nannte das Produkt „Wodka" (erstmals als Wodka wurde das Wässerchen ein einem Gesetz von der Zarin Jelisaweta Petrowna am 8.6.1751 bezeichnet).
Gemäß der GOST-Norm darf Wodka in Russland 40,45,50 oder 56% haben. 1953 errang der Moskowskaja Osobaja auf einer internationalen Ausstellung in Bern eine Goldmedaille. Im gleichen Jahr begann das Werk „Kristall" (gibt es übrigens heute noch) mit der Produktion des „Stolitschnaja", der nur ein Jahr später den Wodka „Smirnoff" in einer so genannten blinden Verkostung besiegte.
Dann kamen für den Wodka und seine Anhänger trübe Zeiten. Erst schränkte Andropw ab 1983 noch zögerlich den Wodka ein, Gorbatschow bevorzugte in dieser Frage härtere Bandagen, was ihm den Spitznamen Mineralsekretär eingebracht hat. Parallel zum Verbot blühten Schwarzbrennerei, Spekulationen, Panscherei und führten zu schweren Erkrankungen und zum Tode.
Anfang der 90er Jahre durfte der Wodka wieder uneingeschränkt verkauft werden, die Produktion entwickelte sich rasant. Aber auch viele illegale Wodkamarken überschwemmten den Markt.
Die Statistik besagt, dass der Markt cirka 1 Milliarde 900 Tausend Liter Wodka umsetzt, wobei nur 1 Milliarde und 300 Tausend Liter offiziell produziert werden. Dem Staat gehen schätzungsweise rund 1 Milliarde Dollar an Steuereinnahmen durch die illegale Wodkaproduktion verloren.
Statistischen Angaben zufolge geben die Russen heute ca. 8,8% ihres Einkommens für Wodka aus, jeder Russe, vom Säugling bis zur Uroma, trinkt im Jahr ungefähr 9 Liter legalen Wodka, aber gut informierte Verbraucherverbände veranschlagen glatt das Doppelte.
Wodka gibt es für jeden Geldbeutel und Geschmack. Vom Supergetränk der Firma Kaufman, wo die Flaschen allein schon ungeheuer edel aussehen, über Zarskaja, Viegla, Flagman bis hin zum Schurawlik und der Grünen Marke sowie Priwet, die Schädelbrummen garantieren. Man riskiert schon wieder Steuerlöcher, denn der Verkauf wird aus Sorge um die Volksgesundheit reduziert. Da an diese Sorge hier sowieso keiner glaubt, wird die Einschränkung munter umgangen, mit einem Augenzwinkern sozusagen.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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