Die waghalsige Ballonfahrt des Dmitrij Mendelejew

Bild: Natalja Michajlenko

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Der berühmte Chemiker und Erfinder Dmitrij Mendelejew verspürte einen großen Drang nach Wissen. Seine Ballonfahrt in die Stratosphäre wäre ihm allerdings beinahe zum Verhängnis geworden.

Dmitrij Iwanowitsch Mendelejew (1834-1907) war ein großer russischer Chemiker, der als Erfinder des Periodensystems der chemischen Elemente in die Geschichte einging. Dieses sorgte in der Wissenschaft für Furore und wird in seiner Bedeutung mit der Entdeckung der Elektrizität verglichen. In Russland schreibt man ihm zudem die Erfindung des Wodkas zu. Angeblich Mendelejew selbst hielt sich nicht für einen Chemiker. Und Recht hatte er damit, denn in jener Zeit war das Wort „Chemiker" gleichbedeutend mit dem Wort „Gauner". Der Begriff „chimitschitj" wird heute noch verwendet, wenn jemand täuscht oder betrügt.

Womit hat Mendelejew sich nicht alles beschäftigt – er baute Lederkoffer, entwickelte ein rauchloses Schießpulver, fuhr mit einem Ballon und brachte sogar dem berühmten Poeten Alexander Block bei, wie man richtig dichtet.

Seine Fahrt im Ballon war allerdings eine abenteuerliche Geschichte. Mendelejew beschloss, eine Sonnenfinsternis mit dem Heliumballon Russkij zu beobachten. Begleiten sollte ihn der Fähnrich Kowanko. Es war diesig und es regnete an diesem Tag. Mendelejew und Kowanko kletterten in den Korb und schnitten das Haltetau durch, aber der Ballon wollte einfach nicht abheben. Mendelejew begann, das Gewicht zu verringern, indem er alles Mögliche aus dem Korb warf: Bretter, Hocker, einen Koffer. Als keine Gegenstände mehr zum Herauswerfen zu finden waren, leerte er die Sandsäcke aus. Aber auch das half nicht sehr viel. Da rief er dem Fähnrich zu: „Steigen Sie aus!" Kurze Zeit später verschwand der Ballon bereits in den Wolken.

Der Himmel verfinsterte sich und Mendelejews Gattin musste nach Hause gebracht werden, da sie ohnmächtig zu werden drohte. Die angespannte Stimmung verschlimmerte sich noch weiter, als gemeldet wurde, dass man den Ballon gesichtet habe – allerdings ohne Mendelejew.

Grund zur Sorge gab es tatsächlich. Nachdem Mendelejew die Sonnenfinsternis am blitzenden Himmel beobachtet hatte, wollte er wieder zum Boden zurückkehren. Aber dies gelang ihm nicht. Die Taue hatten sich verheddert und er konnte das Ablassventil nicht mehr öffnen. Er versuchte ohne nach unten zu blicken am Ballon nach oben zu hangeln, um die Taue wieder zu entwirren. Dabei störte ihn allerdings sein schwerer Lodenmantel, den er angezogen hatte, um sich nicht zu erkälten, und seine kniehohen Jagdstiefel. Ein etwas buckliger, nicht sehr geschickter 53-jähriger Mann über den Wolken – ihm wurde schwindlig, vor seinen Augen begann alles zu verschwimmen. Nachdem er etwas Gas abgelassen hatte, begann der Ballon zu sinken.

Zum Landeplatz kam als Erster der Dorfälteste geeilt und fragte Mendelejew misstrauisch anblickend: „Bist du ein Spion?" – „Ich bin ein Wissenschaftler", entgegnete Mendelejew. „Na, du Wissenschaftler, dann mach dich mal vom Acker", sagte der Dorfälteste. „Ich passe so lange auf deinen Ballon auf."

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