Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder fordert eine neue Ostpolitik.
Frank OssenbrinkVeranstaltet wurde die Konferenz von Heino Wiese, Honorarkonsul der Russischen Föderation in Hannover, der Industrie-und Handelskammer Hannover, dem Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft und dem Deutsch-Russischen Forum. In seiner Begrüßung betonte Wiese, dass gerade in Krisenzeiten der Dialog zwischen den Zivilgesellschaften für die bilateralen Beziehungen besonders wichtig sei.
Mit der Veranstaltung sollen die wirtschaftliche Zusammenarbeit wieder gefördert und die Beziehungen zwischen Niedersachsen und den russischen Regionen aufgebaut und entwickelt werden. Dazu stellten die Vizegouverneure der Gebiete Krasnodar, Kaluga und Wologda ihre Regionen und konkrete Kooperationsmöglichkeiten vor.
Auf die wirtschaftlichen Folgen in beiden Ländern durch die Sanktionen verwies Burkhard Dahmen, Vorstandsmitglied des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. Er sprach von einem dreistelligen Milliardenbetrag als „Gesamtlast durch die Sanktionen“. Der Handel der Europäischen Union mit Russland sei seit 2013 von 326 auf 209 Milliarden Euro gesunken, der Wert der Ausfuhren deutscher Unternehmen nach Russland habe sich 2015 halbiert. „Ganze Märkte könnten nachhaltig verloren gehen“, warnte Dahmen. Denn Staaten wie China, Südkorea und Brasilien versuchten, die Lücken zu füllen. Es sei schwer, einmal verlorene Marktanteile zurückzugewinnen.
Wladimir Dmitriew, Vizepräsident der russischen Handels- und Industriekammer, erklärte die im Rahmen der Strukturreformen unternommenen Schritte zur Ankurbelung von Investitionen. Er warb dafür, mit den deutschen Unternehmen „gemeinsam neue Produktionen aufzubauen, nicht nur für den russischen Markt, sondern auch darüber hinaus“.Der Präsident der IHK Hannover, Dr. Christian Hinsch, fand ein symbolisches Bild: „Der russische Bär und die deutsche Eiche kennen sich schon sehr lange. Sie halten Frost aus. Aber aus der Frostperiode darf keine Eiszeit werden.“ Die deutschen Unternehmer sollten ihre persönlichen Kontakte zu den russischen Partnern pflegen und vor Ort präsent bleiben.
Altbundeskanzler Gerhard Schröder referierte über den aktuellen Stand der Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Die Wirtschaftsgespräche in Bad Pyrmont seien ein Signal, in schwierigen Zeiten den Dialog zu führen. Schröder betonte: „Der Dialog, für den ich mich einsetze, schließt Kritik nicht aus, sondern ausdrücklich mit ein.“ Er rief die Wirtschaft auf, die Beziehungen zu Russland aufrechtzuerhalten. Es müsse alles getan werden, um Vertrauen wieder wachsen zu lassen. Als eine Lehre aus der Geschichte ist es im Interesse Deutschlands, „ein partnerschaftliches Verhältnis zu einem stabilen Russland zu haben“, betonte der Altkanzler. „Wir brauchen einen neuen Anlauf zu einer neuen Ostpolitik, die die Sicherheitsarchitektur Europas berücksichtigt.“
Der Botschafter der Russischen Föderation in Deutschland Wladimir Grinin lobte die praktische Orientierung der Veranstaltung in Bad Pyrmont. In den letzten zwei Jahren sei zu beobachten, dass sich deutsch-russische Dialogformate aus Berlin in die Regionen verlagerten. Die Investitionsprojekte der deutschen Wirtschaft zeigten das anhaltende Interesse an einer konstruktiven Zusammenarbeit mit Russland. Die neue Industriepolitik Russlands ziele nicht auf eine Abschottung der eigenen Märkte. Vielmehr gehe es um die Wiedergeburt der nationalen Industrie. „Russland will ein industriell hoch entwickeltes und international konkurrenzfähiges Land werden“, unterstrich Grinin. Deutsche Partner seien daran bereits beteiligt und weiterhin willkommen.Für die Landesregierung verwies Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, auf die seit vielen Jahren guten Beziehungen zu Russland. Lies forderte den schrittweisen Abbau der Sanktionen und die Normalisierung der Beziehungen. Der Minister kündigte für Oktober seine Reise mit einer 40-köpfigen Wirtschaftsdelegation nach Moskau und in die Region Krasnodar an.
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