Israel: Zusammenhalt und Angst im Alltag

„Ich war in Tel Aviv, als es einen Alarm gab. Die Menschen liefen in Panik herum. Das Internet und die Telefonnetze brachen zusammen“, erzählt eine russische Immigrantin. Foto: Photoshot / Vostock Photo

„Ich war in Tel Aviv, als es einen Alarm gab. Die Menschen liefen in Panik herum. Das Internet und die Telefonnetze brachen zusammen“, erzählt eine russische Immigrantin. Foto: Photoshot / Vostock Photo

Der Krieg in Israel geht weiter, aber das Leben auch. Die Menschen versuchen sich mit der ständigen Gefahr zu arrangieren. Das gilt auch für die vielen russischen Einwanderer in Tel Aviv und Gaza, die RBTH vom alltäglichen Leben in Kriegszeiten berichtet haben.

Julia Blechmann ist nach ihrem Studium an der Fakultät für Staatsverwaltung der Moskauer Lomonossow-Universität nach Israel gezogen. In Israel habe sie gelernt, was Nationalstolz ist, erzählt sie. Deshalb kommt es ihr auch nicht in den Sinn, das Land jetzt, in Kriegszeiten, wieder zu verlassen. Die junge Frau erzählt, dass Menschen aus dem ganzen Land unter anderem Lebensmittelvorräte für die Soldaten sammeln, die an der Grenze zum Gazastreifen im Einsatz sind. Und auch davon, wie Zivilisten in die Krankenhäuser fahren, um den Verletzten Mut zu machen.

 

Israel steht zusammen

Die Israelis stehen hinter ihrer Armee. Viele Menschen schreiben Briefe oder machen Videos, in denen sie den Soldaten für ihre Einsatzbereitschaft

Forderungen der Verhandlungspartner

 

Israel fordert ein sofortiges Ende des Artilleriebeschusses aus dem Gazastreifen und dessen vollständige Demilitarisierung. 

Die Hamas wiederum verlangt von Israel eine Aufhebung der Gaza-Blockade, eine Öffnung aller Grenzposten, freien Personenverkehr, die Einrichtung eines Verkehrskorridors zwischen Gaza und dem Westufer (Judäa und Samaria), die Beseitigung eines Sicherheitskorridors, den Israel nach Beginn der Militäroperation einrichtete, den Wiederaufbau von Gaza und außerdem eine Anerkennung der von Fatah und Hamas gebildeten Regierung der nationalen Einheit der Palästinensischen Autonomiegebiete.

danken. In den Krankenhäusern machen sie den Verwundeten Mut. Viele sind bereit, Blut zu spenden. Den Soldaten soll es an nichts mangeln. Anfangs waren es oft nur die Mütter und Väter, die den Soldaten, die an der Grenze zum Gazastreifen in der Hitze ausharren, etwas Leckeres zu Essen und Süßigkeiten brachten oder Zigaretten, erzählt Blechmann. Inzwischen kommen die Menschen aus dem ganzen Land, niemand zwingt sie dazu.

Und auch in den schlimmsten Momenten stehen die Menschen in Israel zusammen. Die Immigrantin berichtet vom Tod eines Soldaten im Gazastreifen vor ein paar Wochen. Seine Familie lebte im Ausland. Seine Freunde sorgten sich auf Facebook, dass die Eltern es wohl nicht rechtzeitig schaffen würden, zur Beerdigung zu kommen. Das bewegte die Menschen und so kamen 30 000 zur Beerdigung des Soldaten, den sie gar nicht kannten.

 

Das Leben geht weiter

Andere denken wegen des Krieges darüber nach, Israel wieder zu verlassen „Die Gesellschaft ist in zwei Teile gespalten“, glaubt Sofia Samojlowa, Marketingleiterin des Unternehmens Modlin aus Tel Aviv. Die Menschen, die schon vor dem Krieg unzufrieden gewesen seien, hätten jetzt einen Grund mehr, über eine Auswanderung nachzudenken. Und die anderen, wie Blechmann, lieben ihr Land und stehen ihm in dieser schweren Zeit bei. Dafür wird dann auch schon mal der Urlaub verschoben, weiß Samojlowa.

In der Landesmitte und im Norden seien die Auswirkungen des Krieges auch nicht so sehr spürbar. „Es gab ein paar Mal Alarm und alle suchten die Bunker auf“, berichtet Samojlowa. „Aber danach gingen alle wieder ihren Geschäften nach“, erinnert sie sich. Im Süden sei alles anders. Dort müssten die Menschen sogar in den Bunkern übernachten. Nach dem Alarm blieben nur wenige Sekunden, um sich und die Familie in Sicherheit zu bringen. Dann explodierten auch schon die ersten Geschosse.

„Der Krieg hat unser Alltagsleben verändert“, gibt Samojlowa zu. „Ich war in Tel Aviv, als es einen Alarm gab. Die Menschen liefen in Panik herum.

Das Internet und die Telefonnetze brachen zusammen.“ Inzwischen habe man sich in der Stadt schon an die neue Situation gewöhnt. Nur am Wochenende, so Samojlowa, sei die Stadt, in der sonst immer das Leben tobt, wie leergefegt. Die Gelassenheit der Israelis trotz Krisensituation nehmen sich sogar andere Nationalitäten zum Vorbild. Samojlowa hat erst letzte Woche in einer Bar drei Italiener kennengelernt, die nach eigener Aussage extra angereist waren, um ihren Landsleuten zu zeigen, dass in Israel das Leben weitergeht und nicht alles so schrecklich ist, wie die Medien berichten.

 

Die Kinder sind die Leidtragenden

Ljudmila Al-Farra, Ärztin in einem Krankenhaus im Gazastreifen, weiß, wie der Krieg auf palästinensischer Seite auswirkt. Am meisten würden die Kinder leiden, sagt sie. „Ungefähr 60 Prozent der Bevölkerung des Gazastreifens sind Kinder und Heranwachsende.“ Viele von ihnen hätten schon Verletzungen davongetragen. „Die Eltern im Gazastreifen lassen ihre Kinder nur noch ungern auf die Straße. Ständig kreisen israelische Aufklärungsflugzeuge über ihren Köpfen“, berichtet Al-Farra und klagt: „Es ist schrecklich.“

Eine App für den Krieg

 

Nach Beginn der Militärhandlungen in Israel wurde ein Programm installiert, das vor Raketen aus Gaza warnt. „Red Alert" benachrichtigt Inhaber eines Mobiltelefons über Luftschutzalarm mithilfe einer SMS, einer Vibration oder eines Tonsignals. Zivilisten haben 15 Sekunden Zeit, an einen sicheren Ort zu flüchten. Nach dem Signal beginnt die App automatisch mit der Zeitzählung. Die App lässt sich weltweit auf iTunes herunterladen. Viele Russen, deren Verwandte in Israel leben, nutzen es.

Ungefähr 250 000 Menschen seien gezwungen gewesen, ihre teilweise oder vollständig zerstörten Häuser zu verlassen, sagt Al-Farra. Fast alle Dörfer in der Nähe der israelischen Grenze seien dem Erdboden gleich gemacht worden. Die Menschen seien auf der Flucht, um ihr Leben zu retten. „In der ersten Phase der israelischen Militäroperationen, bei den Luftangriffen durch Maschinen des Typs F-16, waren die Explosionen meilenweit zu hören“, erinnert sich die Ärztin. Es sei wie bei einem Erdbeben gewesen, bei dem jeden Moment das Haus einstürzen würde. „Während der Bodenoffensive flogen dann die Splitter der Artilleriegranaten bis zu unserem Haus“, erzählt Al-Farra weiter. Die Familie hätte ihr Haus sogar für drei Tage verlassen müssen.

Aber auch Al-Farra denkt nicht daran, den Gazastreifen zu verlassen, obwohl es an allem mangelt, an Unterkünften, Lebensmitteln, Trinkwasser und Kleidung. „Ich bin Ärztin und kann nicht einfach wegfahren. Ich werde hier bleiben und weiter arbeiten“, stellt sie klar. Und Al-Farra hat Hoffnung: „Alles deutet auf eine baldige friedliche Lösung hin.“

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