In Russland gibt es keine Arbeit für die ukrainischen Flüchtlinge. Foto: Reuters
Bereits am 12. März, genau einen Monat nach der Unterzeichnung der Minsker Vereinbarung, berichtete Lilija Arestowa, stellvertretende Leiterin der Abteilung für Staatsbürgerschaftsangelegenheiten der Föderalen Migrationsbehörde Russlands (FMS), dass sich mehr und mehr Flüchtlinge aus den Krisengebieten in der Ukraine auf den Weg zurück in die Heimat machen. Bei der Behörde ging man davon aus, dass sich die Flüchtlinge zunächst ein Bild von der aktuellen Lage vor Ort machen wollten. Am vergangenen Donnerstag bestätigte die FMS die steigende Zahl von Flüchtlingen, die in die Ukraine zurückkehren, noch einmal. Beobachter der OSZE, die an zwei Übergängen an der russisch-ukrainischen Grenze stationiert sind, haben den Anstieg ebenfalls beobachten können.
Nach Meinung einiger russischer Experten, wie Wjatscheslaw Postawnin, Leiter der Stiftung Migration 21. Jh., bewege die Flüchtlinge vor allem die russische Bürokratie zur Rückkehr. Diese mache eine Arbeitsaufnahme in Russland nämlich sehr schwer. Er fordert daher eine Vorzugsbehandlung für ukrainische Flüchtlinge, etwa bei der Erteilung der Erlaubnis zur Wohnsitznahme. Liegt diese vor, kann nämlich auch eine Arbeit aufgenommen werden. Derzeit müssten die Flüchtlinge jedoch eine ganze Reihe von Voraussetzungen erfüllen. Diese bürokratische Hürde erweise sich oft als zu hoch.
Postawnin erklärt, dass die russische Regierung zwar im vergangenen Jahr nach Russland einreisenden Ukrainern massenhaft Asyl gewährte. Die Bearbeitungsfrist für entsprechende Anträge sei nach Angaben der FMS auf drei Tage verkürzt worden. Die Annahme des Asylantrages umfasse auch eine Arbeitserlaubnis, sagt Postawnin. Doch das Asyl gelte zunächst nur für ein Jahr und darüber hinaus sei auch eine Ausreise innerhalb dieses Zeitraums nicht vorgesehen. Viele der Flüchtlinge seien jedoch gezwungen, ab und an vor Ort nach dem Rechten zu schauen, da sie zuhause Angehörige und Häuser zurückgelassen hätten, um die man sich kümmern müsse.
Die Welle ukrainischer Flüchtlinge hatte die FMS auch vor logistische Herausforderungen gestellt. So reichte die Menge der vorhandenen Vordrucke gar nicht aus, um offizielle Bescheinigungen auszustellen. Die FMS stellte Genehmigungen daher auf einfachem DIN-A4-Papier aus. Das brachte Probleme mit sich. Witalij Bogatyrjow, der aus dem Donezbecken nach Woronesch im Süden Russlands geflohen ist und als freiwilliger Helfer aktiv ist, berichtet, dass einige Arbeitgeber der Stadt diese Papiere nicht anerkennen wollten. Die FMS musste daher im vergangenen Herbst
öffentlich erklären, dass es sich auch dabei um offizielle Dokumente handele. Bogatyrow erzählt, dass man durchaus Arbeit in Woronesch finden könne. Gefragt sei weniger qualifizierte Arbeit wie Autowaschen oder Reifenwechsel.
Alla Batjunja hilft bei der Organisation Helpdonbasspeople ukrainischen Flüchtlingen bei der Arbeitssuche in der Region Rostow. Besonders schwierig sei dabei, dass es dort, wie auch in einigen anderen russischen Regionen, nicht einmal genügend Arbeit für die ortsansässige Bevölkerung gebe, sagt sie. Zudem habe sie die Erfahrung gemacht, dass viele Arbeitgeber keine Personen mit ausländischen Pässen anstellen wollten. Wenn es doch Arbeit gebe, dann geschehe das inoffiziell. Batjunja schätzt, dass nur fünf Prozent der Flüchtlinge eine Arbeit finden. Sie müssten jedoch auch bereit sein als Straßenfeger oder Wachpersonal zu arbeiten.
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