Kein Polizeischutz mehr für Russlands Museen

Russische Polizei zieht Personal aus Museen ab.

Russische Polizei zieht Personal aus Museen ab.

TASS
Zukünftig müssen Museen in Russland selbst für ihre Sicherheit sorgen. Die russische Polizei wird die Aufgabe aufgrund eines Sparprogrammes nicht mehr übernehmen. Unter den Museumsbetreibern sorgt die Ankündigung für Unmut.

Die russische Polizei wird zukünftig kein Personal mehr für den Schutz russischer Museen abstellen. In einem Schreiben vom 21. August wurden 29 föderale Museen, darunter auch die Eremitage in Sankt Petersburg, über die Entscheidung informiert. Zwar wird es weiter Schutzvorkehrungen wie Alarmanlagen und Videoüberwachung geben, Polizeikräfte als Sicherheitspersonal soll es aber nicht mehr geben. Die Museen wollen darauf nur ungern verzichten und auch im russischen Kulturministerium sorgt man sich um die Sicherheit. Die könne nach dem Abzug der Polizisten stark gefährdet sein, so die Befürchtung. Das Kulturministerium wandte sich an den russischen Präsidenten und bat, den polizeilichen Schutz aufrechtzuerhalten.

Anatolij Jakunin, Leiter der Hauptverwaltung des russischen Innenministeriums für die Stadt Moskau, bestätigte gegenüber RBTH, dass die Wachtposten in den Museen Sparmaßnahmen zum Opfer fielen. Das Innenministerium kürzt massiv Personal: „Wir haben bereits 6 000 Mitarbeiter unseres externen Sicherheitsdienstes entlassen, daher werden wir einige Wachposten abziehen müssen. Diese finanzielle Last wird entfallen“, so Jakunin. Nicht alle Museen sollen von den Sparmaßnahmen betroffen sein. Objekte von „kritischer Bedeutung“ würden auch weiterhin von der Polizei geschützt. Welche Objekte das sein werden, muss die russische Regierung festlegen. Der Moskauer Polizeipräsident erklärte gegenüber RBTH, die Neuregelung werde nicht vor dem 1. Januar 2016 in Kraft treten. Dann seien die laufenden Verträge mit den Museen abgegolten.
 

Weniger Sicherheit

Dennoch hätten bereits mehr als die Hälfte der föderalen Museen, die bislang unter Polizeischutz standen, Schreiben erhalten, in denen sie über einen möglichen Abzug der Sicherheitskräfte bereits zum 1. November informiert worden seien, erzählt Dmitri Brysgalow,  Leiter des Departements für das Kulturerbe der Stadt Moskau. Den Museen bleiben als Alternative private Sicherheitsunternehmen und die staatseigene Sicherheitsfirma Ochrana beim russischen Innenministerium, der ehemalige Mitarbeiter der russischen Polizei angehören.

In anderen Ländern ist Polizeischutz für Museen eine Ausnahme. In Frankreich werden nicht nur private, sondern auch öffentliche Museen wie zum Beispiel der Louvre, das Centre Pompidou, das Musée d’Orsay oder Versailles von privaten Sicherheitsunternehmen betreut. Museumsschutz sei in Frankreich grundsätzlich keine Aufgabe der Polizei, sagte der Kulturattaché der französischen Botschaft in Moskau Edward de Lumley im Gespräch mit RBTH. Ähnlich sei die Situation in der Schweiz und in Großbritannien, bestätigen Experten. Auch in Deutschland werden Museen nur in Ausnahmefällen von der Polizei bewacht.

Die russischen Museumsbetreiber fürchten nun Konsequenzen. Die Befugnisse der privaten Sicherheitsunternehmen sind nicht so weitreichend wie die der Polizei. „Falls Sie einen eigenen Sicherheitsposten haben, ist dieser in der Regel in zwei bis drei Minuten am Ort des Geschehens. Falls nicht, dann kann das bis zu zehn Minuten dauern. In zehn Minuten kann viel Schaden angerichtet worden sein“, gibt Selfira Tregulowa von der Tretjakow-Galerie zu Bedenken.

Zudem gehe es um die Sicherheit von Millionen von Besuchern, fügt der Direktor des Staatlichen Historischen Museums Alexej Lewykin hinzu. Sein Museum liegt mitten in der russischen Hauptstadt, direkt am Roten Platz. „Die Innenstadt ist äußerst verlockend für Provokationen jedweder Art. Ein bewaffneter Wächter kann sowohl einen Verbrecher, als auch einen Terroristen stoppen“, meint er. Der Schusswaffengebrauch jedoch sei den privaten Sicherheitsunternehmen in jedem Falle verboten, bestätigt das russische Kulturministerium gegenüber RBTH.

Höhere Versicherungsprämien

Der Wegfall der Polizeikräfte lässt das Risiko für die Museen steigen. Das könnte sich auch in höheren Versicherungsprämien niederschlagen. „Wenn es gravierende Änderungen beim Schutz von Museumsschätzen gibt, sind wir gezwungen, unsere Tarife entsprechend anzupassen“, bemerkt Andrej Kutscha, Leiter der Abteilung Versicherung von Kunstwerken bei Alfa Strakhovanie. Allerdings sei es noch verfrüht, von einer Tariferhöhung zu sprechen, meint Mirko Mudrinitsch, Leiter der Abteilung Ausstellungs- und Wertfrachten bei Ingosstrakh. Er hält die Einführung einer Pflichtversicherung „von Nagel zu Nagel“ für vorstellbar. Damit sind die Kunstgegenstände nicht nur während des Transports versichert, sondern auch ihr Aufenthalt bei einer Ausstellung und die Aufhängung oder Lagerung.

Auswirkungen auf die Prämien werden auch solche Vorfälle wie der in der Moskauer Manege haben. Dort wurden Mitte August mindestens vier Werke des sowjetischen Künstlers Wadim Sidur von Aktivisten beschädigt und zerstört, weil sie „gotteslästerlich“ seien. Die anwesenden Sicherheitskräfte hatten nichts unternommen. Erst die herbeigerufene Polizei konnte die Kunstschänder überwältigen.

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