Stefan Keil: „Die Kälte schreckt mich nicht“

Tatiana Andrejewa / RG
Stefan Keil ist der neue deutsche Generalkonsul in Jekaterinburg. Eine seiner ersten Amtshandlungen war ein Auftritt als Heiliger Nikolaus auf dem Europäischen Weihnachtsmarkt. Im Interview mit RBTH verrät der Diplomat, was er an Russland besonders mag.

In Jekaterinburg ging der Europäische Weihnachtsmarkt zu Ende, an der sich sieben diplomatische Corps beteiligt haben. Das Projekt wurde vor fünf Jahren von dem damaligen deutschen Generalkonsul ins Leben gerufen und ist mittlerweile zur Tradition geworden. Jedes Jahr lassen sich die Veranstalter etwas Neues einfallen. So sorgten sie beispielsweise vor zwei Jahren für Staunen, als der Heilige Nikolaus auf einem echten Rentier erschien. Getoppt wurde das nun in diesem Jahr: Stilecht mit Rauschebart und Zipfelmütze übernahm die Rolle des Nikolaus der neue deutsche Generalkonsul in Jekaterinburg Stefan Keil.  

Herr Dr. Keil, Sie sind erst seit drei Monaten in Jekaterinburg. Ist das Ihr erster Aufenthalt in Russland?

Als Kind, es war 1972, besuchte ich mit meinen Eltern das damalige Leningrad. Ich war von der Stadt tief beeindruckt. Im Jahr 2000 wurde ich in die deutsche Botschaft nach Moskau entsandt und hatte vier Jahre lang den Posten des stellvertretenden Leiters der Rechts- und Konsularabteilung inne. In dieser Zeit habe ich in Sankt Petersburg einen Sprachkurs absolviert. Ich habe mehrfach Kaliningrad besucht und auch in Sotschi war ich auf Einladung des russischen Außenministeriums.   

Wo gefällt es Ihnen besser? In Moskau oder Jekaterinburg?

Ich bin Diplomat, ich lege mich da nicht fest. Mein erster Aufenthalt in Russland war im Jahr 2000. Das war noch eine ganz andere Welt. Obwohl ich erst vor Kurzem hierher gezogen bin, mag ich Jekaterinburg schon jetzt. Die Stadt ist nicht nur das politische und administrative, sondern auch das kulturelle Zentrum des Urals. Ich habe bereits einige Aufführungen in der Oper gesehen. Ich hatte die Ehre, die neue Saison 2015/2016 in der Philharmonie zu eröffnen. Das letzte großartige Ereignis, an dem ich teilgenommen habe, war die Eröffnung des Jelzin-Museums Ende November. Ich habe vor, die ganze Region kennenzulernen. Ich war bereits in Tscheljabinsk, Tjumen und Nischni Tagil. Auf dem Plan stehen demnächst auch Jugra und Jamal. Die Kälte schreckt mich nicht. Ich mag schneereiche Winter und fahre gerne Ski. Gerade Nischni Tagil bietet dafür gute Möglichkeiten.

Dr. Stefan Keil. Bild: Auswärtiges Amt, Berlin.

Was hat Sie am meisten im Alltag oder auf den Straßen erstaunt? Es heißt zum Beispiel, die Bewohner der Ural-Region würden nur sehr selten lächeln. Stimmt das?

Auf der Straße vielleicht. Aber wenn man den Menschen in Cafés, Restaurants oder Museen begegnet, sind sie sehr freundlich. Auch das Verhältnis zu den Deutschen ist trotz aller aktuellen politischen Schwierigkeiten nicht getrübt.

Wie gut kennen Sie sich mit der russischen Kultur aus?

Ich kann mich nicht als großen Kenner bezeichnen, aber ich mag besonders russische Literatur, die Klassik. Ich habe einiges von Dostojewski gelesen. Und was kann man über die großartige Musik von Tschajkowskij sagen? Da fehlen einem die Worte. Und natürlich spricht man überall von der russischen Gastfreundschaft. Ich habe es selbst mehrfach erlebt, dass einfache und arme Menschen bereit waren, alles, was sie hatten, ihrem Gast zu überlassen.

Was die menschlichen Beziehungen angeht, so freut mich, dass sich unsere Völker trotz schwieriger Zeiten, die wir gemeinsam durchlebt haben, trotz aller Kriege, die wir gegeneinander geführt haben, weiterhin mit Respekt begegnen. Die Veteranen des Zweiten Weltkriegs, die wir getroffen haben, haben den Angriff der Nazis auf die Sowjetunion nicht vergessen, was auch richtig ist. Aber sie können uns verzeihen. Vor Kurzem beging Russland den Volkstrauertag (15. November, Anm. d. Red.). Gemeinsam mit den Veteranen legten wir Kränze am Denkmal des sowjetischen Soldaten und am Denkmal deutscher Kriegsgefangener nieder und gedachten der Opfer der beiden Weltkriege.

Ist es schwieriger geworden, in Russland zu arbeiten?

Sowohl die Regierungsbehörden als auch die russische Bevölkerung haben mich trotz der globalen politischen und wirtschaftlichen Situation freundlich empfangen. Meine Mission besteht darin, die Arbeit auf allen Ebenen effizient durchzuführen. Anfang September fand in Jekaterinburg die internationale Holzindustriemesse Lesprom-Ural statt. Dabei trat das Unternehmen Deutsche Messe als einer der Organisatoren der Ausstellung auf. Insgesamt ist das Interesse deutscher Unternehmen am russischen Markt offensichtlich. Momentan befassen wir uns mit zwei Projekten: „Europäische Weihnachten in Jekaterinburg“ und das deutsch-russische Energieeffizienzforum. Das Forum wird in der Föderalen Ural-Universität stattfinden und sich auf die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Eurasischen Wirtschaftsunion fokussieren. Außerdem wird demnächst in Jekaterinburg ein Unternehmertreffen unter der Schirmherrschaft der Deutsch-Russischen Außenhandelskammer stattfinden. 

Vom Todfeind zum Partner: Die Geschichte der deutsch-russischen Partnerschaft in der Nachkriegszeit

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