Jolka: Das sowjetische Weihnachtsfest

Das Jolkafest zum Jahresende ist noch heute bei Groß und Klein beliebt.

Das Jolkafest zum Jahresende ist noch heute bei Groß und Klein beliebt.

Ria Nowosti
Die Jolkafeierlichkeiten zum Jahresende gehören bei Groß und Klein zu den beliebtesten Festen in Russland. Die Russisch-Orthodoxe Kirche steht dem aus der Sowjetzeit stammenden Fest eher kritisch gegenüber. Doch die Russen feiern trotzdem.

Nach der Oktoberrevolution 1917 durfte Weihnachten nicht mehr gefeiert werden, jedenfalls offiziell nicht. Seit 1937 wurde stattdessen am 31. Dezember traditionell das Jolkafest begangen. Jolka steht im Russischen für „Tanne“. Die Tanne ist ein Symbol des Winters und wird prächtig geschmückt. Zu Sowjetzeiten krönte die Spitze des Baumes meist ein fünfzackiger roter Sowjetstern, ähnlich denen, die die Türme des Kremls zieren.

Das Jolkafest entwickelte sich bald zu einer in der Bevölkerung sehr beliebten Feierlichkeit. Die sowjetische Führung unterstützte das. Für die erwachsenen sowjetischen Bürger wurden Volksfeste in Kulturhäusern und auf öffentlichen Plätzen veranstaltet, die Kinder feierten unter sich. Noch heute finden Jolkafeste in den russischen Kindergärten statt. Bei den öffentlichen Veranstaltungen wurde Musik gespielt, die Kinder erschienen verkleidet, es gab Gewinnspiele und Geschenke – das Jolkafest war eine große Schau und die Kinder fieberten ihm bereits lange vorher entgegen.

Feste als Ideologieunterricht

Mit den öffentlichen Jolkafesten bezweckte die Sowjetführung auch die Vermittlung der sowjetischen Ideologie und die Darstellung der Errungenschaften des Kommunismus in einer kindgerechten Form. Zum Start des Satelliten Sputnik im Jahr 1957 etwa wurden die Jolkafeste zu kosmischen Inszenierungen. Das Grundmuster blieb immer gleich: Böse Kräfte versuchten, den Kindern das Fest zu verderben, doch das Gute konnte das Böse bezwingen. Das Gute war vor allem in der Figur des Väterchens Frost präsent. Er ist die russische Variante des Weihnachtsmannes. Das Böse wurde repräsentiert durch verschiedenste Märchen- und Sagengestalten wie Koschtschej Bessmertnyj, Baba Jaga, Räuber und Piraten.

Im Kreml fand alljährlich ein ganz besonderes Jolkafest statt. Nur die besten Schüler und die Kinder von Eltern mit entsprechenden Beziehungen, zum Beispiel Parteifunktionären, hatten Chancen, an der Veranstaltung teilzunehmen. Dort gab es die besten Bühnenshows zu sehen und die Kinder wurden großzügig beschenkt. Jene Kinder, die in den Genuss einer Einladung in den Kreml gekommen waren, prahlten oft noch lange vor ihren Klassenkameraden und schwärmten von dem köstlichen Konfekt, das sie geschenkt bekommen hatten. Die Eltern mussten bei den Feierlichkeiten im Kreml übrigens draußen bleiben, um Platz für möglichst viele Kinder zu schaffen.

Schon am Eingang wurden die Kinder von Clowns und allerlei Tierfiguren begrüßt, die die Kinder zum Tanz animierten. Auch nach der Vorführung wollten viele Kinder vor lauter Begeisterung gar nicht mehr aufhören zu tanzen und mussten von ihren Eltern oft mehrfach zum Gehen aufgefordert werden.  

Wie wird das Jolkafest heute gefeiert?

Das Jolkafest wird von der Russisch-Orthodoxen Kirche kritisch betrachtet. Es gilt als Hinterlassenschaft des Kommunismus, in dem die Religion keinen großen Stellenwert hatte. 80 Prozent der russischen Bevölkerung bekennen sich heute zur Russisch-Orthodoxen Kirche, die das Weihnachtsfest erst am 7. Januar begeht. Der 31. Dezember liegt noch mitten in der vorweihnachtlichen Fastenzeit der Orthodoxen. Dennoch stehen Jolkafeste nach wie vor hoch im Kurs. Überall finden sie statt, es kann gewählt werden zwischen so unterschiedlichen Angeboten wie Märchenaufführungen, Eiskunstlauf-Shows oder Vorführungen wissenschaftlicher Experimente im Polytechnischen Museum Moskau. Für jeden Geschmack und jeden Geldbeutel ist etwas dabei. Auch im Kreml findet bis heute jedes Jahr ein Fest für Kinder statt.

Seit dem Ende der UdSSR dient das Jolkafest auch nicht mehr der ideologischen Bildung. Politik spielt nur noch selten eine Rolle. Im Sportkomplex Luschniki wird in diesem Jahr sogar eine Show nach Motiven des Kinderbuches „Der Zauberer von Oz“ geboten, das vom US-amerikanischen Autor Lyman Frank Baum geschrieben wurde. Manch einer könnte das vielleicht unpatriotisch finden. Doch der Zauber scheint größer als alle gegenwärtigen politischen Ressentiments.

Nebenjob Weihnachtsmann: O du Fröhliche!

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