Maria Gordon: Mutter, Managerin, Gipfelstürmerin

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In nur sieben Monaten und 19 Tagen bestieg Maria Gordon nicht nur die Seven Summits, sondern auch den Nord- und Südpol. Die 42-jährige Finanzexpertin und zweifache Mutter hat damit einen neuen Weltrekord aufgestellt.

Bild aus dem persönlichen Archiv. Bild aus dem persönlichen Archiv.

„In der Schule hatte ich in Sport immer nur eine Drei oder Vier“, erinnert sich Maria Gordon und lacht. Ein Witz in der Tat, wenn man bedenkt, dass die 42-Jährige am 11. Juni einen Weltrekord aufstellte: Sie bewältigte den „Explorers Grand Slam“, die wohl größte alpine Herausforderung unter Bergsteigern, so schnell wie noch keine andere Frau vor ihr. Für die Bezwingung der Seven Summits – den höchsten Bergen auf allen sieben Kontinenten – und der beiden Pole benötigte sie nur sieben Monate und 19 Tage. Und das, so erzählt sie, obwohl sie bis zu ihrem 40. Lebensjahr keinen Sport getrieben hat.

Bild aus dem persönlichen Archiv. Bild aus dem persönlichen Archiv.

Der Weg zum Gipfel

Maria Gordon wuchs in der Stadt Wladikawkas 1 504 Kilometer südlich von Moskau auf, inmitten von Bergen. Ihr Vater war begeisterter Bergsteiger, doch Gordon interessierte sich damals wenig für den Alpinsport. Die heutige Weltrekordhalterin erinnert sich gerne an ihre sowjetische Kindheit, denn die täglichen Herausforderungen, welche die Sowjetzeit mit sich brachte, prägten ihren Charakter nachhaltig: „Jedes Erlebnis formt den Charakter und lehrt Ausdauer und Standfestigkeit. Das habe ich schon als Kind begriffen, als ich stundenlang für Nudeln anstehen musste.“

In den 1990er-Jahren emigrierte Gordon in die USA, wo sie Karriere im Finanzsektor machte: Zunächst arbeitete sie bei Goldman Sachs und anschließend im Investment-Unternehmen Pimco. Später zog sie nach Großbritannien, wo sie ihren Ehemann Tim Gordon kennenlernte. Mittlerweile hat das Ehepaar zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn.

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Bis zu ihrer zweiten Elternzeit widmete sich Gordon ihrer Karriere und arbeitete fast ohne Auszeit. Doch als sie ihr zweites Kind bekam, entschloss sie sich, für sechs Monate die Finanzwelt zu verlassen, und zog in den französischen Ort Chamonix. An der Schönheit der Alpen entzündete sich der Reiz für die Gipfel und so machte sie ihre ersten Bergtouren. „Die Berge faszinierten mich. Sie waren voller Abenteuer und Überwindungen“, erinnert sich die Finanzexpertin.

2014 beschloss Gordon schließlich, aktiv Alpinsport zu betreiben. „Mein Traum war es damals, den Mount Everest zu besteigen“, erzählt sie. „Diesem Berg muss man sich langsam annähern, indem man nach und nach immer höhere Berge bezwingt, um sich an die Kälte zu gewöhnen“, erklärt sie ihre Strategie.

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Einer der wichtigsten Meilensteine auf dem Weg zum Everest war für Gordon die Besteigung des Bergs Aconcagua, dem höchsten Berg Südamerikas, vor einem halben Jahr. Sie hatte im Vorfeld so viel trainiert, dass sie beim Aufstieg eine der Besten der Gruppe war. Dies zeigte ihr, dass sie die Kraft hatte, den „Explorers Grand Slam“ zu bezwingen.

Auf Bewährungsprobe

„Eine der größten Herausforderungen des EGS war für mich der Weg zum Südpol“, erzählt Gordon. „Wir mussten eine Woche lang zwölf Stunden am Stück auf Tourenski gehen und zogen dabei jeder für sich einen Schlitten mit unseren Sachen hinter uns her. Ich wiege nicht sehr viel, was bei der Besteigung eines Berges von Vorteil ist, doch wenn man einen Schlitten ziehen muss, der ungefähr so viel wiegt wie man selbst, dann ist das ein großer Nachteil. Auch die Temperaturen haben mir sehr zu schaffen gemacht. Es hatte minus 40 Grad – es durfte kein Stück Haut unbedeckt sein.“

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Die Besteigung des Mount Everest war für die Alpinsportlerin jedoch die größte Herausforderung. Auf ihrem Weg zum Gipfel war Gordon gezwungen, einige Tage in einem der Camps zu verbringen, um sich an die Höhe zu gewöhnen. An diese Tage erinnert sich die zielstrebige 42-Jährige, der es schwerfällt, an einem Ort zu bleiben, nur sehr ungerne. Schwierig war für Gordon auch die Besteigung des letzten der Seven Summits – des Denali, dem höchsten Gipfel Nordamerikas. Der Aufstieg dort wurde ihr und ihrer Gruppe durch Schneestürme erschwert und sie waren gezwungen, ihre wenigen Stunden Schlaf pro Tag auf praktisch nacktem Fels zu verbringen.

Doch Gordon ist froh, dass sie diese Erfahrung in ihrem Leben machen konnte: „Ich hätte auch sagen können: Ich bin 40 Jahre alt, warum sollte ich mir das antun, wenn ich doch bei meinen Kindern zu Hause sein könnte? Aber ich habe mich entschieden, dass ich das machen möchte. Und ich bin sehr glücklich, dass mich mein Mann und meine Kinder unterstützt haben.“

Das Ziel: ein Vorbild sein

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Ganz für sich allein hat Maria Gordon diese Qualen aber nicht auf sich genommen – sie sieht ihren eigenen Erfolg als Inspiration für andere. So hat sie das Wohltätigkeitsprojekt „Grit&Rock“ ins Leben gerufen, welches Mädchen und junge Frauen aus ärmeren Verhältnissen durch Alpinsport unterstützen soll, mehr Selbstvertrauen zu gewinnen.

Das erste Programm startet im Herbst dieses Jahres im Nordwesten Englands. Laut Gordon kann Alpinsport jedem dabei helfen, stärker und erfolgreicher zu werden: „Wenn man zwölf Stunden durch Regen läuft und einen Gipfel besteigt, dann überwindet man sich selbst und entwickelt eine hohes Maß an Respekt und Selbstachtung“, sagt sie.

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