In einer Umfrage erfasste das gesamtrussische Meinungsforschungszentrum VZIOM die Meinung russischer Bürger zur Beteiligung Russlands am Syrien-Konflikt. Den Ergebnissen zufolge unterstützt ein Großteil der Befragten die Entscheidung des Präsidenten, Luftstreitkräfte in die Region zu entsenden. Viele der Befragten zeigten sich jedoch unklar darüber, auf welcher Seite Russland steht und wie genau der Konflikt in Syrien verläuft. Kurz zuvor hatte bereits das Lewada-Zentrum eine Umfrage durchgeführt.
Leonti Byzow, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für komplexe soziale Forschungen an der Russischen Akademie der Wissenschaften:
In Russland kennt man sich wenig aus in der von Intrigen geprägten Nahost-Politik. Und wenn man etwas dazu weiß, dann in aller Regel unter dem alten Sowjetmuster – „Araber“ auf der einen Seite und „Israel“ auf der anderen. Mit der innenpolitischen Situation in Syrien und den unterschiedlichen islamischen Strömungen kennen sich die Menschen einfach nicht aus, es interessiert sie nicht. Sie sind jedoch der Meinung, dass Putin einen guten Überblick habe, und wenn ihn der Föderationsrat unterstütze, dann müsse das wohl richtig sein. Diese Wahrnehmung wird erst dann ersichtlich, wenn man in der Befragung ins Detail geht – wer kämpft gegen wen und wofür. Syrien wird nach wie vor nicht als reale Bedrohung angesehen, und wenn man das Thema aus den Leitartikeln der Zeitungen und aus den Nachrichten herausnähme, wäre es am nächsten Tag schon vergessen. Wichtig ist, dass unsere Beteiligung am Krieg nicht in die Länge gezogen wird: Wenn kriegerische Auseinandersetzungen lange andauern, werden sie äußerst unbeliebt.
Michail Korostikow, Dozent für internationale Politik, Leiter der Abteilung für strategische Entwicklung an der Staatlichen Universität für Wirtschaft, Statistik und Informatik Moskau (MESI):
Wichtig ist, dass ein klar erkennbarer Feind vorhanden ist, und dass wir eine bessere Figur machen, als die Amerikaner – das wäre schon ausreichend. Weniger wichtig ist, was dort konkret passiert. In der Gesellschaft gibt es den Trend, keinen großen Wert auf Details zu legen, und der wird noch eine Weile anhalten. Die letzte Erhebung der Higher School of Economics hat gezeigt, dass die öffentliche Meinung der Russen innerhalb kürzester Zeit in jede beliebige Richtung wechseln kann. Ein deutliches Beispiel dafür sind die Beziehungen zu China. Keine zwei Jahre ist es her, da zählte China überhaupt nicht zu Russlands Verbündeten, heute ist das Land in allen Umfragen Russlands Bündnispartner Nummer eins.
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