Eine Milliarde für E-Books

Foto: ITAR-TASS

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Eine Milliarde Rubel (20,4 Millionen Euro) – so viel Geld gaben Russen im verganenen Jahr für E-Books aus. Das Wachstumpotenzial auf dem Büchermarkt ist weiterhin gewaltig.

Der E-Book-Markt ist im russischen Buchhandel stärker als jeder andere Bereich gewachsen. Mittlerweile nimmt einen Marktanteil von etwa 1% ein. Die Prognosen für das Jahr 2014 fallen daher optimistisch aus: 950 Millionen Rubel (19,4 Millionen Euro) soll der direkte Verkauf von E-Books einbringen und zusätzliche 500 Millionen (10,2 Millionen Euro) sollen durch Zahlungen über elektronische Bibliothekensysteme eingenommen werden. Insgesamt würden E-Books dann einen Anteil von 2–3% des Buchhandels einnehmen.

Diese Zahlen sind natürlich nicht überwältigend, doch das Wachstum ist konstant hoch. Im Gegensatz zu allen anderen Bereichen des Buchmarkts, die von einem generellen Rückgang kämpfen, verdoppeln sich die Werte im E-Book-Segment von Jahr zu Jahr.


Konservative Verlagshäuser

 Im Vergleich zu den USA und Europa sind die Zahlen bescheiden. Grund dafür ist die fehlende Infrastruktur, die es etwa erlauben würde, Bücher direkt über den Reader zu kaufen, wie dies bei Kindle, nook oder Kobo der Fall ist.
Der Zuwachs im E-Book-Segment könnte außerdem noch deutlich größer sein, wenn nicht die Verlagshäuser auf ihrer konservativen Einstellung beharren würden. Diese stellen sich nur äußerst langsam auf die Herstellung und den Verkauf von E-Books um. Dabei kann man die Verlage aber durchaus verstehen, denn der Verkauf von E-Books bringt nur relativ geringe Einnahmen mit sich, die zudem auch noch mit zusätzlichen, wenn auch nur geringen, Ausgaben verbunden sind.

Bis vor kurzem gab es kein russisches Verlagshaus, das selbstständig E-Books herausgab, weshalb es die Handelspartner der Verlage auf sich nahmen, die Druckvorlagen, die von den Publikationshäusern an die Druckereien geschickt wurden, in E-Books zu konvertieren. Mittlerweile hat sich der Anteil an Verlagen, die E-Books produzieren oder planen dies zu tun, bereits auf zwei Drittel erhöht. Auf dem Buchmarkt entstanden des Weiteren vollwertige Angebote für E-Book-Leser wie beispielsweise Ridero, ein Dienst, der einen Book-on-Demand-Service bietet. Zusätzlich gibt es mittlerweile auch Konvertierungsdienste wie beispielsweise Wexler – ein Service, mit dem man Bücher auch selbst umwandeln kann.

 

Russischer E-Bücher-Markt

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Geschäft oder Piraterie

Zusätzlich zu den Problemen in der Produktion von E-Books sind die Verlage auch mit rechtlichen Auflagen, die mit der Herausgabe von Büchern in elektronischer Form verbunden sind, konfrontiert: Es müssen neue Verträge mit den Urhebern abgeschlossen oder bereits bestehende Verträge überarbeitet werden. Das ist einer der Hauptgründe dafür, dass es am

russischen Markt derzeit nur wenige Übersetzungen von Werken weltberühmter Autoren wie Hermann Hesse, Günter Grass, oder Thomas Mann gibt. Diese Autoren sind auch im sehr selten im Einzel-, und fast überhaupt nicht im Onlinehandel zu finden. Dabei ist der digitale Verkaufsweg am lukrativsten bei Büchern, deren gedruckte Auflage bereits vergriffen ist. Die Verlagshäuser haben es aber nicht eilig, sie in E-Book-Formherauszugeben. Dies veranlasst wiederum die Leserschaft dazu, bei ihrer Suche auf Piratenwebsites auszuweichen.

Gleichzeitig bemühen sich Verlage gegen den illegalen Verkauf von elektronischen Büchern vorzugehen. Dies hat jedoch, wie überall auf der Welt, kaum Einfluss auf die legalen E-Book-Verkäufe, die ohnehin schnell genug wachsen.


Litres hat den Online-Markt fest im Griff

 Das wichtigste Unternehmen Russlands im Bereich der elektronischen Buchhandels ist Litres, das 2007 gegründet wurde. Die Webseite bietet etwa 90 000 russischsprachige Bücher und Magazine an, darunter auch die Veröffentlichungen der größten russischen Verlagshäuser Eksmo und AST,

die auf den Massenmarkt abzielen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den populärem Genres: Science-Fiction, Fantasy, Krimi- und Liebesromanen. Diese Bücher verkauft Litres sowohl selbst als auch über Partner-Händler. Nach eigenen Angaben beträgt der Marktanteil von Litres 59 %. Der zweitgrößte Anbieter von E-Books sei hingegen Google mit einem Anteil von rund 12%. Google ist dabei der einzige internationale E-Book-Händler in Russland.

Im vergangenen Jahr kaufte Ozon, einer der größten russischen Onlineshops und Pendant zu Amazon, Anteile an Litres auf, die zuvor Oleg Nowikow, Inhaber der Verlagsholding Eksmo gehörten. Dieser Deal veränderte nicht nur die Marktstruktur (zuvor verkaufte Ozon E-Books selbst und wird nunmehr zu einem Schaufenster für Litres), sondern stellte auch die Verwendung des Buchkatalogs von Litres durch westliche Buchhändler, unter anderem auch Amazon, infrage. Denn Ozon wäre wohl kaum daran interessiert, Amazons Entwicklung in Russland zu stärken.


Bücher am Smartphone

 Neben dem Einzelhandel entwickelt sich in Russland auch ein weiteres Verkaufsmodell, das auf Basis von Abonnements funktioniert. Auf dieses Modell setzt etwa der stark wachsende Service Bookmate, der 2010 gegründet wurde und derzeit 1,5 Millionen aktive Nutzer pro Monat verzeichnet. Bookmate bietet seinen Kunden einen umfassenden Bücherkatalog an, der im Rahmen eines bezahlten Abos von den wichtigsten mobilen Plattformen aus abgerufen werden kann. Dank einer Kooperation mit Samsung und anderen Smartphone-Herstellern sowie mit Mobilfunkanbietern verzeichnet der Service steigende Nutzerzahlen. In Zukunft möchte Bookmate seinen Service mit einem Katalog bestehend aus englischsprachigen Werken auch in anderen Ländern anbieten, so unter Anderem auch in Skandinavien, im baltischen Raum und in Südostasien.

Wladimir Charitonow ist Geschäftsführer des Verbandes der Internet-Verleger

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