Rückblick: Russlands Literatur im Fokus

Foto: Reuters

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Die russischen Gegenwartsautoren sind würdige Nachfolger Puschkins und Tolstois. In diesem Jahr wurde es deutlich: Die russische Literatur erlebt gegenwärtig eine Blütezeit und das Verlagswesen ist, entgegen der allzeitlichen Präsenz des Internets, nicht verschwunden.

Wichtige Auszeichnungen gehen an russische Autoren

Das Ende des Jahres stand im Lichte literarischer Auszeichnungen, allen voran dem meist erwarteten Szeneereignis: Der begehrte Bolschaja-kniga-Preis ging im November an Sachar Prilepin, einem der aktuell wichtigsten russischen Autoren, für seinen Roman „Das Kloster". Das Werk wurde schon zuvor als „Buch des Jahres" gefeiert und nun mit entsprechender Anerkennung und drei Millionen Rubel (41 000 Euro) gewürdigt. Der Roman erzählt von einem Sonderstraflager auf den Solowezki-Inseln. Für die Wahrheitstreue hat der Autor intensive Archivarbeit betrieben.

Der zweite wichtige Literaturpreis Russkij buker („Das große Buch") im Wert von 1,5 Millionen Rubel (20 000 Euro) ging an Alexej Scharow und seinen Roman „Rückkehr nach Ägypten". Mit biblischen Motiven und historischen Verknüpfungen arbeitet er in seinem Werk ebenfalls die Geschichte Russlands auf.

 

Buchmessen in Russland, Auszeichnungen in den Weltmetropolen

Mit neuem Schwung fanden in diesem Jahr die traditionellen Buchmessen statt. Eine, die am meisten Aufmerksamkeit auf sich zog, war die Ausstellung intellektuell anspruchsvoller Literatur „non/fiction" in Moskau. Nahezu 300 russische Verlagshäuser waren dort vertreten. Die Größen des Buchmarkts kündigten ihre Pläne für das nächste Jahr an und namhafte Schriftsteller stellten dem Publikum ihre jüngsten Werke vor.

Im Herbst fand in der russischen Hauptstadt die jährliche Internationale Buchausstellung statt. Zudem lud die Michail-Prochorow-Stiftung zum achten Mal Verlage, Schriftsteller und Journalisten zur Ausstellung literarischer Kultur nach Krasnojarsk im Herzen Sibiriens ein.

Die russische Literatur ließ sich allerdings keineswegs durch die Grenzen Russlands einschränken. London, Frankfurt und New York nahmen das RBTH-Projekt „Read Russia" in die Programme ihrer Buchmessen auf. Die besten Übersetzer russischer Literatur wurden ausgezeichnet und Herausforderungen des Übersetzens diskutiert.

 

Das 200-jährige Jubiläum Lermontows

In diesem Jahr wurde der 200. Geburtstag Michail Lermontows, dem russischen Klassiker mit schottischen Wurzeln, begangen. Lermontow ist ein herausragender Vertreter der russischen Romantik. Kritiker bezeichnen ihn oft als den zweitbesten russischen Dichter nach Puschkin. Allerdings ist dieser Vergleich nicht ganz angemessen. In den 26 Jahren seines Lebens schrieb er Hunderte wunderschöner Gedichte, einige virtuose Epen, darunter „Der Dämon", und „Ein Held unserer Zeit" – ein Roman, der für die russischen Intellektuellen des 19. Jahrhunderts zum Erkennungssymbol wurde.

 

Digitalisierter Tolstoi und neue „Karenina"-Übersetzungen

Kein Jahr ohne eine Ehrung für Leo Tolstoi, feste Größe russischer

Schriftlichkeit: 2014 verfolgte die ganze Welt eine Online-Lesung der „Anna Karenina". Das Tolstoi-Museum Jasnaja Poljana organisierte die Veranstaltung gemeinsam mit Google.

Außerdem wurden 90 Bände der Werke Tolstois digitalisiert und in einer Online-Datenbank gesammelt. „Der ganze Tolstoi auf einen Klick" nennt sich das Projekt. Freiwillige aus der ganzen Welt waren anderthalb Jahre mit der Digitalisierung seiner unvergänglichen literarischen Werke beschäftigt.

Auch sind in diesem Jahr zwei neue Übersetzungen der „Anna Karenina" in englischer Sprache erschienen, zum einen von Marian Schwartz aus den USA und zum anderen von Rosamund Bartlett aus Großbritanien. Das Publikum wird nun entscheiden, welche Übersetzung die bessere ist.

 

Gorbi veröffentlicht seine Memoiren

Die Popularität der Sachliteratur wächst unaufhaltsam. In diesem Jahr hat Michail Gorbatschow seine Erinnerungen unter dem Titel „Nach dem Kreml" herausgebracht. Der Autor teilt seine Sicht über die Zeit nach seinem

Rücktritt vom Amt des Präsidenten der UdSSR mit dem Publikum und versucht, einige Mythen zu zerstreuen, die rund um die Perestroika entstanden sind.

Gorbatschow erinnert sich an die Treffen mit den wichtigsten Politikern seiner Zeit und lässt ein wenig hinter die Kulissen ihrer persönlichen Gespräche blicken. Über Margret Thatcher schreibt er: „Als ich Thatcher zu ihrem Achtzigsten gratulierte, fragte sie plötzlich: ‚Michail, hast du Lust, das Steuer nochmal in die Hand zu nehmen? Ich schon'."

In einem Interview mit der russischen Presse sagte Gorbatschow, dass er noch einmal eine Bewertung der Perestroika nach seinem Ausscheiden aus dem Kreml geben wollte. Er erklärte die Absicht, seine Ansichten zu verteidigen, und erinnerte daran, dass alle „durch die Reihen hindurch" für die Perestroika gewesen seien, als sie begann.

 

Nächstes Jahr in Russland – das Jahr der Literatur

Das Jahr 2015 wurde in Russland offiziell zum Jahr der Literatur ernannt. Für die Anhänger russischer Schrift wird es also nicht weniger spannend als das vergangene. Viele Veranstaltungen mit dem Ziel, Lesen und Literatur noch beliebter zu machen, sollen im In- und Ausland stattfinden. Das Neueste aus der Bücherwelt bekommen Sie wie immer bei RBTH.

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