Walenki wieder auf dem Vormarsch gegen die Rekordkälte

Walenki zählten in Russland über Jahrhunderte hinweg zur Standardwinterbekleidung. Foto: ITAR-TASS

Walenki zählten in Russland über Jahrhunderte hinweg zur Standardwinterbekleidung. Foto: ITAR-TASS

Warme Füße sind gut, schöne, warme Füße noch besser. Seit Jahrhunderten helfen Filzstiefel gegen Frost. Nun erobern sie die Städte in attraktiven, modischen Farben und neuen Formen.

Die seit Jahrhunderten aus dem russischen Leben nicht mehr wegzudenkenden, typischen Filzstiefel, Walenki, feiern ein modisches Comeback. Dank eines unerwarteten Markteinsteigers, der angesagten australischen Firma UGG, sind sie buchstäblich wieder auf dem Vormarsch.

Vor einigen Jahren postete die russische Journalistin Natasha Nemirowa in ihrem Blog stolz Fotos von ihrer neuesten Entdeckung: weiße, mit blauen Blumen bestickte Walenki. Damals war Nemirowa eine der wenigen modebewussten Moskauerinnen, die sich dazu entschieden hatten, traditionelle russische Filzstiefel für den Winter zu kaufen, denn überall in der Stadt waren stolze Besitzer von sogenannten Uggs anzutreffen. „Ich wollte aus zwei Gründen keine Uggs kaufen", erklärte Nemirowa. „Einerseits ist es sehr schwierig, echte Uggs zu finden, da die Schuhgeschäfte voll mit Fälschungen sind. Andererseits trägt sie jeder bereits. Nur Modemuffel haben noch keine."

Walenki zählten in Russland über Jahrhunderte hinweg zur Standardwinterbekleidung, doch Mitte des 20. Jahrhunderts verloren sie für Stadtbewohner ihren Reiz. Traditionelle Walenki werden aus Schafswolle hergestellt und haben keine harte Sohle. Sie werden üblicherweise in den Farben schwarz, grau oder weiß verkauft und müssen mit einem Gummioberschuh, einer Gamasche getragen werden, damit sie nicht schmutzig werden. Sie sind somit für mache nicht unbedingt ein Anblick, der die Herzen von Modeliebhabern höher schlagen lässt. Daher wurden Walenki, als die Schuhvielfalt größer wurde, in russischen Städten von leichteren und wasserbeständigeren Schuhen abgelöst.

Entwicklungshilfe aus Australien

Doch dann eroberte die australische Schuhfirma UGG den russischen Markt. Sie wurden aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit dem traditionellen, russischen Filzschuhwerk bald als „australische Walenki" bekannt, was dazu führte, dass plötzlich Designerfilzstiefel auch auf die Titelseiten von Modemagazinen zu sehen waren. „Alles begann vor etwa drei oder vier Jahren", meint Lew Larin, der Besitzer des Onlineshops „Uggi-Walenki". „Walenki erfreuen sich heute neuer Beliebtheit. Sie wurden einst als formloses Filzschuhwerk betrachtet, doch jetzt sind sie echte Filzstiefel. Sie haben Stil, sind schön und, was das Wichtigste ist, sie haben endlich eine Sohle."

Heutzutage findet man Walenki in den verschiedensten Farben. Sie sind bestickt mit Mustern, haben einen Aufdruck oder sind mit Pelzelementen verziert. Sie schützen nicht nur die Füße russischer Stadtbewohner vor der extremen Kälte, sondern sind auch ein glamouröses, leicht an Kundenwünsche anpassbares Wahrzeichen der russischen Volkskultur.

„Sie sind bei Jung und Alt, bei Reich und Arm beliebt. Es gibt eine breite Palette an Modellen – Stiefletten und Stiefel, Modelle für zierliche oder kräftige Füße, mit schmalem oder breitem Stiefelschaft. Einige sind mit Blumen oder Schneeflocken verziert, damit sie junge Kunden ansprechen, und andere sind eher traditionell in schwarz oder weiß gehalten. Die Auswahl ist wirklich riesig", erzählt Larin.

Wer hat die Walenki wiederentdeckt?

Denis Detkowskij, der Verkaufsleiter des russischen Schuhherstellers Elche, behauptet jedoch, dass seine Firma der erste Hersteller der „neuen Walenki" beziehungsweise der „City-Walenki" war. „Unsere Firma begann vor drei Jahren sie zu produzieren, denn damals gab es die uns heute bekannten Walenki noch nicht. Unsere Designer haben neue Modelle und Designs entworfen, die wir dann auf verschiedenen Ausstellungen präsentiert. Dort bemerkten wir, dass Kunden an ihnen Gefallen fanden", meint Detkowskij. Er betont, dass die City-Waleniki relativ günstig und äußerst leicht seien: „Sie werden bald den Platz von Uggs einnehmen", ist sich Detkowskij sicher.

Das Konkurrenzverhältnis zwischen Uggs und Walenki von Elche zog in Russland viel Aufmerksamkeit auf sich. Es wurden ganze Gruppen in sozialen Netzwerken und Blogs gegründet, die sich der Frage widmen, welche Marke nun angesagter ist. Larin hat auf der Webseite des Onlineshops Uggi-Walenki sogar ein Tool installieren lassen, das die Verkaufszahlen von Uggs und City-Walenki gegenüberstellt. „Das Konkurrenzverhältnis ist wirklich stark. Es ist ein echtes Kopf-an-Kopf-Rennen", so Larin. 

Traditionelles Schuhwerk für die globale Nachfrage

Tatjana Efimowa stammt aus einer Familie, die bereits seit 15 Jahren handgewalkte Walenki erzeugt. Sie ist mit Larin einer Meinung: „Walenki werden immer beliebter. Leute scheuen nicht mehr davor, das Wort 'Walenki' auszusprechen. Im Gegenteil, Walenki werden heutzutage wieder gerne getragen."

Efimowa und ihre Familie, welche in der zentralrussischen Republik Tschuwaschien zuhause ist, erzeugen Walenki ohne harte Sohle – eben so, wie es auch ihre Vorfahren machten. Doch auch sie, die auf eine lange Tradition in der Herstellung dieser Schuhe zurückblicken, ließen sich von dem neuen Trend, Walenki mit Stickerei oder Aufnähern zu verzieren, verleiten.

Sie verkaufen ihre Filzstiefel zudem mit durchsichtigen Silikonüberschuhen, die um vieles schöner aussehen als die traditionellen schwarzen Gummiüberschuhe. „Eines Tages kauften Schneiderinnen unsere Walenki. Zuerst habe ich ihnen dabei zugesehen, wie sie diese verzierten, dann habe ich mir eigene Designs ausgedacht. Heute beschäftige ich selbst einige Schneiderinnen", erklärt Efimowa.

Laut Efimowa werden Walenki außerhalb von Russland zunehmend beliebter. „Wir haben einige Kunden aus den USA, Frankreich, Rumänien und den GUS. Letztes Jahr wurden wir sogar von einer amerikanischen Großhandelsfirma kontaktiert, die uns anbot, Walenki für den amerikanischen Markt zu erzeugen. Doch das überstieg bei weitem unsere Produktionsmöglichkeiten, weshalb wir ablehnen mussten."

Vielleicht werden Walenki ja doch eines Tages mit Uggs auf dem internationalen Markt konkurrieren. Bislang plant zumindest Elche, so Detkowskij, ausländische Märkte zu erschließen.

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