„Russische Adele“ will Europa erobern

Dina Garipowa ist die Gewinnerin der ersten Staffel von „Golos", der russischen Version der Castingshow „The Voice". Foto: RIA Novosti

Dina Garipowa ist die Gewinnerin der ersten Staffel von „Golos", der russischen Version der Castingshow „The Voice". Foto: RIA Novosti

Es steht fest: Die Gewinnerin der Castingshow „Golos“ Dina Garipowa wird, ohne vorher eine Ausscheidungsshow durchlaufen zu haben, Russland beim Eurovision Song Contest 2013 in Malmö, Schweden, vertreten. Der künstlerische Ernst der Diva, der inzwischen zu ihrem Markenzeichen geworden ist, könnte ihr dabei einen entscheidenden Vorteil bringen.

Für gewöhnlich wählt Russland seinen Vertreter für den „Eurovision Song Contest" im Frühjahr. Dieses Mal jedoch hat sich der Fernsehsender „Pervy kanal" dazu entschieden, die Sache etwas zu beschleunigen: Ohne jegliches Auswahlverfahren wurde am 19. Februar bekannt gegeben, dass Dina Garipowa Russland beim europäischen Songwettbewerb vertreten wird. Garipowa ist die Gewinnerin der ersten Staffel von „Golos", der russischen Version der Castingshow „The Voice".

Das ist nichts Ungewöhnliches, da die russischen Wettbewerbsteilnehmer auch früher ohne Auswahlverfahren auserkoren wurden. Erneut war die Jury felsenfest von ihrer Entscheidung überzeugt, denn im Finale von „Golos" am 29. Dezember, haben 54 Prozent der Russen für Garipowa gestimmt. Schon damals, also noch vor Neujahr, waren Gespräche darüber im Gange, die Sängerin nach Schweden zu schicken. Sie wird dort für Russland das Lied „What if" singen, das von den schwedischen Produzenten Gabriel Alares und Joakim Bjornberg sowie vom Ex-Bassisten der Band „Awtograf", Leonid Gutkin, komponiert wurde. Dina Garipowa ist wohl die erste Künstlerin im russischen Show-Business, die mit einem Hit einen solch steilen Aufstieg erzielen konnte – etwas, das übrigens bei Finalisten der Castingshows „American Idol" und „The Voice" regelmäßig der Fall ist.

Garipowa kommt ursprünglich aus der Republik Tatarstan. Sie wurde 1991 in der Stadt Selenodolsk geboren und entstammt einer Ärztefamilie. In die Fußstapfen ihrer Eltern wollte sie allerdings nie treten; schon im Alter von sechs Jahren begann sie mit intensivem Gesangsunterricht. 1999 gewann Dina den russischen Songwettbewerb „Schar-ptiza", 2005 einen internationalen Wettbewerb in Tartu, Estland, und 2008 war sie zusammen mit dem Gesangstheater „Solotoj Mikrofon" in Frankreich auf Tour. Ihr Traum, eines Tages Sängerin zu werden, hielt die junge Diva jedoch nicht davon ab, ein Publizistikstudium an der Staatlichen Universität in Kasan zu beginnen. 2010 gab die Sängerin bereits ihr erstes Solokonzert in ihrer Heimatstadt Selenodolsk. Im Jahr 2011 war sie sogar für den Ehrenpreis des russischen Präsidenten nominiert worden.

Dina war somit bereits letztes Jahr als bekannte Sängerin in der Ausscheidungsrunde von „Golos" vertreten und hat es in das Team von Aleksandr Gradskij geschafft. Gradskij, ein „Klassiker" der russischen Estrada-Musik, kann selbst von einer kuriosen Karriere erzählen. Zunächst begann er als Rock-Musiker und coverte mit seinen Bands Lieder von Elvis Presley. Danach erweiterte er sein Repertoire mit den Liedern von Aleksandra Pachmutowa und Nikolaj Dobronrawow. Ende der 1980er-Jahre trat er dann in der Rolle des Astrologen in Nikolaj Rimski-Korsakows Oper „Der goldene Hahn" im Bolschoi-Theater auf und komponierte selbst einige Rockopern. Vor nicht allzu langer Zeit vollendete er sein jüngstes Werk „Der Meister und Margarita" nach dem Roman von Michail Bulgakow.

Der Sängerin kam es somit nur zugute, mit dem erfahrenen russischen Sänger zusammenzuarbeiten. Ihm hat sie es zu verdanken, dass aus ihr eine russische Adele wurde. So hat Garipowa die Zuschauer nicht mit oberflächlicher Schönheit verzaubert, sondern mit ihrer professionellen Gesangstechnik sowie mit sorgfältig ausgewählten Liedern. In einer Sendung sang sie sogar den Ohrwurm „Skyfall" ihrer britischen Kollegin, der nebenbei bemerkt mittlerweile zur berühmtesten Titelmelodie der Filmreihe „James Bond" wurde.

In einem Interview mit der Tageszeitung „Moskowskij Komsomolez" erzählt die junge Sängerin, dass bereits kurz nach dem Finale von „Golos" darüber gesprochen wurde, sie nach Schweden zum „Eurovision Contest" zu schicken. Nichtsdestoweniger war es für Dina eine echte Überraschung, als sie erfuhr, dass sie nun tatsächlich Russland beim Eurovision Song Contest vertreten darf. Das Lied „What if", das der breiten Masse noch nicht präsentiert wurde, sei laut Garipowa „nicht nur sanft und voller Leben, sondern berührt auch".

Der Generaldirektor von „Universal Music Russia", Dmitrij Konnow, der die Siegerin nach „Golos" unter Vertrag nahm, meint in einem Interview mit der Onlinezeitung „Gazeta.ru", dass das Image des Songwettbewerbs als „Freakshow" im Wandel begriffen sei. Denn obwohl oft die ausgefallensten Lieder im Gedächtnis der meisten Zuseher bleiben, haben gerade diese in den letzten Jahren immer öfter schlecht abgeschnitten. Daher könnte der künstlerische Ernst, der sich in Dinas Stil widerspiegle, der jungen Sängerin beim Eurovision Song Contest in Schweden einen entscheidenden Vorteil bringen. Die jüngste Geschichte des ESC zeigte, dass unter den Siegern beide Seiten vertreten waren: Es waren sowohl der Sieg der finnischen Metal-Band „Lordi" im Jahr 2006 als auch der Durchbruch der aus Bosnien stammenden Sängerin Marija Šerifović mit ihrer Ballade „Molitva" im Jahr danach unmöglich vorherzusehen.

Aleksandr Gradskij, Garipowas Mentor aus der Show „Golos", ist davon überzeugt, dass Dina einen würdigen Auftritt hinlegen wird. Er teilte gegenüber RIA Novosti mit, dass er nicht direkt Garipowas Erfolg voraussagen wolle. Er habe keine Zweifel an den Fähigkeiten seiner Schülerin, aber der Wettbewerb sei unberechenbar, denn er habe eher einen soziologischen als einen musikalischen Charakter. Dennoch meint der Musiker, dass er mit der Komposition, die sein Schützling vortragen wird, sehr zufrieden sei.

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