Grüne Mode in Moskau

Foto: Jelena Potschetowa

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Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung haben die Modebranche auch in Russland erreicht. Zum zweiten Mal fand in Moskau die Russian Eco Fashion Week statt. Fünfzehn Designer präsentierten ihre ökologische Mode einem breiteren Publikum.

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Öko-Designermode kam vor einigen Jahren von Europa nach Russland. Die führenden französischen Modeschöpfer waren so begeistert von der Idee des Umweltschutzes, dass sie seit dem Jahr 2004 jährlich eine Ethische Modenschau in Paris veranstalten, die Ethical Fashion Show. Die Idee inspirierte auch Marina Kokorina, Kopf der breiten ökologischen Bewegung „EKA", zu einer „Woche der Ökomode" in Russland.

Das Ganze mündete im Projekt „Rusecomodа", das sich seit 2011 zum Ziel gesetzt hat, Ökomode und ethisch verantwortbare im Land zu etablieren und eine Vereinigung der Öko-Modedesigner ins Leben zu rufen und zu unterstützen. Die ersten Unternehmungen verliefen in kleinem Kreis, aber 2013 zog die Russian Eco Fashion Week in eine prestigeträchtige Location um: in den Zentralen Ausstellungssaal der Manege im Zentrum von Moskau.

Fünfzehn Designer stellten auf der zweiten Russian Eco Fashion Week ihre Kollektionen aus. „Wir achten darauf, dass wir ständig neue Designer und Kollektionen haben", sagt die Organisatorin und Presseleiterin des Projekts, Tatjana Kargina. „Bis jetzt arbeiten wir nur mit russischen Designern, aber in Zukunft werden wir auch ausländische Kollegen einladen, um von ihren Erfahrungen zu lernen. Europa ist uns in diesem Segment immer noch fünf bis zehn Jahre voraus."

Die Modemacher der Russian Eco Fashion Week zeigten Kollektionen aus fünf Bereichen. Der erste zeigte Kleidung aus ökologischen Naturmaterialien: Bio-Baumwolle, Bambus, Leinen, Seide, Nesseln, Hanf, Wolle und andere Materialien, die ohne umweltschädliche Zusätze verarbeitet und gefärbt werden.

Der zweite zeigte „ethische" Mode: Kollektionen ohne Verwendung von Leder oder anderem tierischen Gewebe, hergestellt aus Ersatzmaterialien wie Öko-Leder oder Öko-Fell. Der dritte Bereich zeigte Mode aus zertifizierten Materialien, die die Einhaltung einer Reihe von Ökostandards bei der Herstellung garantieren. Der vierte zeigte ethnische Mode, die sich auf die Pflege und Entwicklung traditioneller Techniken beruft.

Und dieses Mal wurde die Schau noch um einen fünften Bereich ergänzt: die ökologische Sportmode. „In diesem Jahr haben wir den Gesundheitsbereich hinzugenommen, Kleidung aus Naturmaterialien für eine aktive Lebensgestaltung. Der Organisationsausschuss wollte das

Verständnis von Ökomode erweitern und so haben wir in unser Konzept den Gesundheitsaspekt und die neue Fahrradkultur mit aufgenommen. Uns ist klar geworden, dass die Ökomode nicht nur auf dem Laufsteg bleiben soll, sondern ihre Ideen in die Alltagswelt hinaustragen muss", erklärte Kargina.

Die Modedesignerin für Kleidung aus Hundehaaren, Jelena Toropowa, betonte, dass zum diesjährigen Ereignis viel mehr Leute gekommen seien, während man beim vergangenen Mal „unter sich" gewesen sei. Darüber sind sich auch die Organisatoren einig. Für sie war die diesjährige Veranstaltung ein Türöffner für ein breiteres Publikum.

Besondere Beachtung beim Publikum fanden die Entwürfe von Jekaterina Schtschukina; die Models ihrer Filzkollektion bekamen tosenden Applaus. Sie verwendet in ihren Kreationen ungefärbte Rohwolle von Schafen, Naturseide und verschiedene Pflanzenfasern. „Die Sachen sind lebendig und warm, man möchte sie immer wieder anfassen. Wenn Sie sich in Öko-Fell einpacken, spüren Sie Harmonie und Freude und haben keine Schuldgefühle", schwärmte die Designerin von ihrer Arbeit.

Die Kollektion von Natalija Gajdarschi bildete Mode aus Naturleinen, produziert in Weißrussland. In ihren Kreationen verwendet die Designerin einzigartige Techniken der Handstickerei, Strickarbeit und Aufnäharbeiten. Genau mit solchen Designern im Boot ist die Organisatorin der Ökomode, Tatjana Kargina, zukunftsweisend für Europa. „Wir wollen, dass unsere Designer in ein paar Jahren oder sogar schon nächstes Jahr an den ökologisch-ethischen Modenschauen im Westen teilnehmen", sagt Kargina.

Xenia Tschernaja-Scanlon, Gründerin des Blogs „Green stilettos", der sich der nachhaltig produzierten Mode widmet, erklärte in ihrem Vortrag „Ethischer Luxus" im Rahmen der Ausstellung, dass nachhaltiges Denken die Sorge um die zukünftigen Generationen und den Vorrang von Qualität vor Quantität bedeute und dass sich dieses Denken allmählich herausarbeite. „In den vergangenen Jahren hat sich eine wachsende Zahl an führenden Modeunternehmern auf sogenannten ‚sustainable luxury' konzentriert, das heißt Luxus, der sich an den Bedürfnissen der Ökologie ausrichtet."

Ihrer Meinung nach beeinflussen auf der ganzen Welt Modemacher und Promis den allgemein gültigen Geschmack. „Natürlich ist der Trend zu mehr Ethik und Ökologie in der Mode nicht möglich ohne die Unterstützung der Konsumenten selbst. Die Kunden werden immer wählerischer. Selbst die maßgebenden Financial Times unterhalten schon einige Jahre eine Rubrik zum Thema, wie man sein Geld ethisch vertretbar ausgeben kann."

Tschernaja-Scanlon misst der Woche der Ökomode in Russland eine besondere Rolle bei: „Das Image der Ökomode muss unbedingt radikal geändert werden – weg von einer Randerscheinung hin zu einem Trend."

Auch Julia Polonskaja, Programmkoordinatorin für ökologische Politik beim Finanzsektor des WWF Russland, wies darauf hin, dass Russland einen der attraktivsten Märkte für die Entwicklung „grüner" Modelabels darstelle. „Der ausländische Markt beginnt, Interesse an den russischen Designern zu zeigen. Bis jetzt sind die russischen Designer allerdings im Luxussegment

noch nicht konkurrenzfähig. Trotzdem haben es die anderen einheimische Luxusdesigner bis jetzt noch nicht eilig, sich der ökologischen Bewegung anzuschließen", bemerkte Polonskaja. Ihrer Meinung nach müssten die Designer mehr innovative Materialien und ästhetische Mode anbieten, damit sich ein „ethischer Luxus" in Russland durchsetzen könne. Kargina unterstützte diesen Gedanken: „Uns ist klar, dass die Durchsetzung von Trends ein langwieriger Prozess ist. Das Interesse ist allgemein gestiegen, es gibt sehr viele Informationen darüber. Und jetzt sehen wir, dass es das auch in Russland gibt. Vielleicht geht alles nicht so schnell und es gibt hier noch nicht viel davon – aber trotzdem ist es da."

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

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