Olympia-Ballerina Sacharowa: „Es war sehr bewegend!“

Swetlana Sacharowa tanzte während der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Sotschi die Natascha Rostowa. Foto: Reuters

Swetlana Sacharowa tanzte während der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Sotschi die Natascha Rostowa. Foto: Reuters

Bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Sotschi durfte sie die Natascha Rostowa tanzen. Im Interview erzählt Swetlana Sacharowa von den Vorbereitungen, ihrem Auftritt und ihrem ersten Eindruck von Sotschi.

Bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Sotschi tanzte Swetlana Sacharowa, Primaballerina des Bolschoi-Theaters, die Natascha Rostowa. Ihren Auftritt verfolgten drei Milliarden Zuschauer.

 
War es schwierig, auf einer so großen Bühne zu tanzen?

Swetlana Sacharowa: Zuerst haben wir alles in speziellen Zelten geprobt, deren Ausmaße das Stadion exakt nachbildeten. Aber als ich zum ersten Mal in das Stadion kam und die gigantische Arena sah, konnte ich überhaupt nicht glauben, dass wir hier tanzen würden. Im Stadion war es sehr kalt. Ich hatte natürlich Angst, mich zu erkälten. Mir war aber klar, dass ich auch bei 40 Grad Fieber auf dieser wahnsinnigen Bühne auftreten würde.

Während der ersten Probe war ich so durcheinander, dass ich zwischendurch nicht mehr wusste, wo ich stehen sollte, wo die Mitte ist, wohin ich laufen muss. Es waren viele Laientänzer dabei, Freiwillige, die mit großem Einsatz die ganze Zeit arbeiteten. Aber alles war gut durchdacht. Auf der Bühne waren verschiedene Zahlen und Markierungen aufgezeichnet, wir probten mit Kopfhörern. Der Choreograf konnte so über Funk mit uns kommunizieren.


Was verdient in der Choreografie der Eröffnungsfeier Ihrer Meinung nach besondere Beachtung?

Ich möchte mich vor allem bei dem Choreografen Radu Poklitaru bedanken. Er hat ein kleines Meisterwerk auf die Bühne gezaubert. Innerhalb von zwölf Minuten werden hier Auszüge aus der russischen Geschichte erzählt, angefangen von der Zeit Peter des Großen bis zu den tragischen Ereignissen des 20. Jahrhunderts. Es war wirklich nicht leicht, in sieben, vielleicht acht Minuten die wichtigsten Helden von „Krieg und Frieden“ darzustellen. Unter 200 Walzer tanzenden Paaren traf er die richtige Auswahl, setzte den notwendigen Akzent. Dann inszenierte Poklitaru noch einen sehr bewegenden Militärmarsch. Ich habe jetzt noch das Bild vor Augen: Die Mädchen kommen aus vier Richtungen herbeigelaufen, auf die Soldaten zu, es entstehen Paare, der Walzer beginnt.

Der Bodenbelag des Stadions unterscheidet sich sehr von einer Bühne. War es leicht, sich umzustellen?

Das Wichtigste für Balletttänzer ist, auf dem Boden nicht zu rutschen. Auf dem  Bodenbelag im Stadion hatte man das Gefühl, wie auf Schmirgelpapier zu gehen. Als ich die Bühne betrat und mich an einer

Pirouette versuchte, drehte sich mein Körper, mein Schuh aber blieb quasi auf der Stelle haften. Daraufhin nahmen wir fast alle Drehungen heraus, außer in dem Moment, als Wladimir Wassiljew mit mir tanzte.

Wie ist es, vor so vielen Zuschauern aufzutreten?

Ich habe das erste Mal in meinem Leben vor 40 000 Zuschauern getanzt. Das Bewusstsein, dass massenhaft Zuschauer deinen Auftritt vor dem Fernseher verfolgen, ist sehr bewegend. So etwas werde ich wohl kaum ein zweites Mal erleben. Während unserer Vorführung fühlte ich noch nicht einmal die Kälte, nur eine große Freude im Herzen. Das einzige, was mich beunruhigt hat, war die Angst, meinen Musikeinsatz zu überhören. Der Publikumsapplaus war so überwältigend. Aber dann lief ja alles gut.

Wie hat Ihnen das neue Sotschi gefallen?

Ich bin da vor einigen Jahren einmal gewesen. Die Stadt ist nicht wiederzuerkennen und atemberaubend schön geworden. Neue Skisportzentren sind buchstäblich aus dem Nichts heraus entstanden. Der

Olympiapark beeindruckt mit seiner Größe und seinen Möglichkeiten. Für das gute organisatorische Gelingen sorgen die Einheimischen und natürlich die Freiwilligen, die in großer Zahl angereist sind.

Hatten Sie auch Zeit, sich irgendwelche Wettkämpfe anzuschauen?

Nein, am Tag nach der Eröffnung bin ich wieder nach Moskau geflogen. Am 15. Februar tanze ich die Giselle im Bolschoi-Theater. Wie immer proben wir sehr konzentriert. Aber ich habe im Fernsehen gesehen, wie unsere Eiskunstläufer Gold gewonnen haben. Ich bin fasziniert von dem Talent der Julia Lipnizkaja. Die Karriere von Jewgeni Pljuschtschenko verfolge ich seit seinen ersten Auftritten.

Haben Ihrer Meinung nach Ballett und Eiskunstlauf etwas gemein?

Ich nehme nicht nur wahr, wie hoch ein Sportler springt und wie viele Drehungen in der Luft er schafft, sondern die gesamte Darbietung, die Choreografie. Unsere Sportler waren schon immer mehr als nur geniale Eisläufer, sie konnten der Choreografie auf dem Eis Sinn geben.

 

 

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Iswestija

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