Russische Kinderzimmerhelden für deutsche Eltern

Lustige Geschichten aus dem Wald erleben "Mascha und der Bär". Bild: KiKA/Animaccord Animation Studio.

Lustige Geschichten aus dem Wald erleben "Mascha und der Bär". Bild: KiKA/Animaccord Animation Studio.

Russische Trickfilmserien für Kinder sind auf der ganzen Welt bekannt und beliebt. In Deutschland strahlt der „KiKA“ die Animationsserie „Mascha und der Bär“ aus – mit großem Erfolg. Dabei hatte der Sender anfangs lange mit einer Ausstrahlung gezögert.

Märchengeschichten in Deutschland werden seit einigen Jahren kaum noch geradeheraus, sondern nur gebrochen durch Ironie erzählt, wie beispielsweise in „Die Märchenstunde“ auf „Pro7“. Dass das Arbeiten mit Märchenfiguren und den damit verbundenen Archetypen auch anders funktionieren kann, belegt seit 2009 die russische Animationsserie „Mascha und der Bär“. Ende 2013 waren die etwa siebenminütigen Episoden auch in Deutschland zu sehen – und der „KiKA“ strahlt sie seit dem 8. Mai bereits zum zweiten Mal aus, täglich um 18 Uhr.

„Mascha und der Bär“ handelt von einem kleinen Mädchen mit

Rotkäppchen-Appeal, das mit einem ehemaligen Zirkusbären befreundet ist. Der Bär, Mischa, wohnt in einem Haus im Wald. Ähnlich wie die klassischen Disney-Cartoons der 30er- und 40er-Jahre erzählen die Episoden schnell und witzig kleine Geschichten, in denen meist Mascha etwas ausheckt oder ausprobiert und ihr Freund mit monolithischer Ruhe versucht, alles wieder ins Lot zu bringen. Im Gegensatz zu Mascha, die spricht, verständigt sich der Bär Mischa durch Laute und sehr beredte Mimik. Die 3-D-Animationsserie ist ein Remake einer klassischen russischen Zeichentrickserie und greift auf die Figuren und Motive des Märchens „Mischka, der Bär“ zurück, das in Russland allgemein bekannt ist. 

"Unserer Meinung nach handelt es sich bei ‚Mascha und der Bär‘ um keine reine Kinderserie, sondern um Family Entertainment. Denn der Bär ist als Vaterfigur eine Mascha ebenbürtige Hauptfigur und wird in ähnlichem Umfang erzählt. Das war aber auch der Grund, weshalb wir uns nicht sofort auf die Serie gestürzt, sondern recht lange überlegt haben, ob sie sich überhaupt für ‚KiKA‘ eignet“, sagt Stefan Pfäffle, verantwortlicher Redakteur beim „KiKA“, und resümiert: „Insgesamt war die Resonanz sehr positiv. Die Serie ist bei ‚KiKA‘ ein Erfolg.“ Das bestätigt auch der 33-jährige Christian, Vater eines dreijährigen Sohnes, aus Berlin: „Max liebt ‚Mascha und der Bär‘, die Serie bringt ihn oft zum Lachen. Ich lache auch mit, aber eher, weil mein Sohn mich mit dem Lachen ansteckt. Die Serie hat viel Herz.“ 

Geschaffen wurde die Serie von Andrei Dobrunov, Oleg Kuzovkov und Dmitry Loveiko und produziert wird sie vom Animationsstudio Animaccord. Im Schnitt sechs bis acht Episoden entstehen pro Jahr. Übersetzt wird die Serie in Deutschland von der Berliner Synchron. Dabei wurde der Ton an deutsche Hörgewohnheiten angepasst, wie Pfäffle erklärt: „Unterschiede zum Original sind, dass der Bär – der ja keinen Dialog hat, sondern lediglich in Lauten sprachlich kommuniziert – in der deutschen Fassung einige Laute mehr bekommen hat, um Emotionen stärker herauszuarbeiten, und dass anstelle einer erwachsenen Schauspielerin ein Mädchen Mascha gesprochen hat, um näher an der kindlichen Wahrnehmungswelt zu sein.“ 

 

Russische Kinderserien als Exportschlager

Deutlich erwachsener in der Zielgruppe, wenn auch kinderverträglich, ist die Serie „Kikoriki“, die der Pay-TV-Sender „Boomerang“ (Turner-Gruppe) derzeit täglich montags bis donnerstags um 17.10 Uhr ausstrahlt. 

Da sie seit zehn Jahren produziert wird, ist sie mit über 200 produzierten Episoden deutlich umfangreicher, aber ganz anders erzählt. Der „realistischen“ 3-D-Animation von „Mascha und der Bär“ steht hier eine stark reduzierte Animation gegenüber - die Trickfilmserie "Kikoriki". Sie erzählt bonbonbunt und in 2-D sechsminütige Geschichten rund um zehn „Smeschariki“, in Kugelform stilisierte Tiere mit menschlichen Verhaltensweisen und Lebensgewohnheiten.

Der russische Titel des Seriennamens „Smeschariki“ ist zusammengezogen aus „смешные шарики“ („smeschnije schariki“), was übersetzt etwa „drollige Kugeln“ bedeutet. Entstanden war das Konzept mit Mitteln und Unterstützung der Initiative „Welt ohne Gewalt“, die sich der Eindämmung von Extremismus in Russland verschrieben hat und durch das Kulturministerium unterstützt wurde. So werden die Figuren, die alle gutherzige Charaktere sind, mit erwachsenen Themen konfrontiert, und die Smeschariki wie auch die Kinder lernen, dass es für jedes Problem eine friedliche Lösung gibt.

„Die Serie ist großartig“, sagt die 35-jährige Susanne aus Leipzig. „Das Schöne an ihr ist, dass ihr Humor nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene anspricht. Oft werden Wörter gebraucht, die Kinder noch gar nicht verstehen. Aber auch meine Kinder haben großen Spaß an dieser Serie, deshalb schauen wir sie oft gemeinsam an.“

Die Trickfilmserie "Kikoriki" ist nicht nur für Kinder unterhaltsam. Bild: Petersburg Animation Studio/Turner Broadcasting System (TimeWarner)

 Nachdem die Serie nicht nur ins chinesische und deutsche, sondern auch US-amerikanische Fernsehen verkauft werden konnte, produzierte das Petersburg Animation Studio 2011 die Serie als Film im 3-D-Format. Auch dieses Prequel wurde international verkauft. Dass die US-Fassung Namen und Charaktere amerikanisiert – aus „Väterchen Frost“ beispielsweise wurde „Santa Claus“ –, nimmt man in Sankt Petersburg eher gleichmütig zur Kenntnis: „Es wäre schön, wenn die russische Kultur deutlicher erkennbar wäre, aber das ist Teil der Realität des Fernsehens. Wir freuen uns, dass die Geschichten international so viel Anklang finden“, sagt Anatoli Prokhorow, künstlerischer Leiter der Serie. Das lässt auf weiteren Nachschub hoffen.

 

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