Kreml will sich Besuchern öffnen

UNESCO soll Wiederaufbau zerstörter Klöster auf Kremlgelände zustimmen. Foto: Shutterstock/ Legion Media

UNESCO soll Wiederaufbau zerstörter Klöster auf Kremlgelände zustimmen. Foto: Shutterstock/ Legion Media

Der Moskauer Kreml wird attraktiver für Touristen. Bisher verbotene Bereiche werden für die Öffentlichkeit freigegeben. Außerdem sollen auf dem Gelände zwei der ältesten russisch-orthodoxe Klöster wieder aufgebaut werden. Dafür muss ein Verwaltungsgebäude mit bewegter Geschichte weichen. RBTH hat sich vor Ort umgesehen.

Das Gebäude 14 des Kremls befindet sich zwischen dem Erlöserturm und dem Senatspalast. Es wurde 1934 nach Plänen des Architekten Iwan Rerberg auf einer Fläche gebaut, auf der zuvor zwei orthodoxe Klöster standen – das Tschudow-Kloster und das Wosnesenski-Kloster. Die beiden Bauwerke fielen in den Jahren 1929/30, wie zahlreiche andere Kirchen im ganzen Land, Stalins Kampf gegen die Religion zum Opfer.

 

Gebäude Nr. 14

Nun sollen die Klöster wieder aufgebaut werden. Präsident Putin hat vorgeschlagen, dazu das Gebäude 14 abzureißen, um den Platz zu schaffen. Das Verwaltungsgebäude hat eine nicht sehr lange, dafür aber ereignisreiche Geschichte. In den 1930er Jahren war dort eine Militärschule untergebracht. Die allerdings wechselte bald in großzügigere Räumlichkeiten. Ihre Stelle nahmen die Kommandantur und das Sekretariat des Präsidiums des Obersten Sowjets ein. 1958 wurde ein Teil des Komplexes für das Kreml-Theater umgebaut. Das Gebäude aber war ursprünglich nicht für Massenveranstaltungen konzipiert und eignete sich wegen seiner Nähe zum Regierungssitz nicht wirklich für den Empfang eines großen Publikums. 1961 wurde daher die geplante teilweise Umwidmung wieder verworfen.

Am Ende der Sowjetära, im Jahr 1991, überließ der damalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow einen Teil des Gebäudes Boris Jelzin, der kurz zuvor als neuer Präsidenten der Russischen Föderation, die zu diesem Zeitpunkt noch eine Republik der Sowjetunion war, vereidigt worden ist. Nach dem Zerfall der UdSSR wurden im Gebäude 14 die Pressekonferenzen der russischen Präsidenten abgehalten.

Der Abriss des Gebäudes selbst stößt nicht auf große Einwände, es steht schließlich nicht unter Denkmalschutz. Jedoch könnte durch den Umbau das gesamte Ensemble des Moskauer Kremls, der auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes steht, leiden. „Bisher wurde lediglich ein Sanierungsstopp beschlossen. Der Abriss muss mit der UNESCO abgestimmt werden", erklärte der Pressesprecher der Präsidialverwaltung Viktor Chrekow in einem Gespräch mit RBTH.

 

Fotos statt Baupläne

Fraglich ist, ob sich die alten Klöster in ihrer ursprünglichen Gestalt überhaupt wieder aufbauen lassen. Rustam Rachmatullin, Koordinator der Denkmalschutzgruppe "Archnadsor", glaubt, dass dafür die Informationsbasis fehlt. Mangels historischer Baupläne laufe das Projekt eher auf einen Neubau hinaus, also eine ungenaue und historisch nicht

belegte Kopie. Der bekannte Architekt Michail Lejkin gibt seinen Kollegen in dieser Frage Recht, führt aber in einem Gespräch mit RBTH das Beispiel einer erfolgreichen Kirchen-Rekonstruktion an – der Kasaner Kathedrale auf dem Roten Platz. Die Kathedrale war 1936 abgerissen und in den Jahren 1990 bis 1993 wieder aufgebaut worden.

Das Tschudow- und das Wosnesenski-Kloster zählen zu den Ältesten Russlands. Gegründet in den Jahren 1365 und 1386 wurden sie zerstört und wieder aufgebaut, so dass sie ihre ursprüngliche Gestalt einbüßten. Eine vollkommene Übereinstimmung mit den historischen Vorbildern werde es auch jetzt nicht geben. Architekten wie Alexei Bawykin, Vizepräsident des Verbandes der Moskauer Architekten, favorisieren dennoch einen Wiederaufbau anhand von Fotomaterial. „Das ist ein realistische Plan und auch nicht kompliziert", zeigt er sich zuversichtlich.

Das Tschudow-Kloster des Moskauer Kremls im XX. Jahrhundert. Foto: Lori/Legion Media

Viktor Chrekow weist darauf hin, dass es noch etwas dauern werde, bis die Bauarbeiten beginnen. „Wenn die UNESCO entschieden hat, lassen wir das Vorhaben umfassend von Experten prüfen, von Vertretern des Architektenverbandes, Denkmalschutzorganisationen und Museumsfachleuten", erklärt er. Daher ist noch unklar, ob die Pläne, gleich welcher Art, überhaupt verwirklicht werden.

 

Kremlgelände öffnet sich dem Tourismus

Im Falle, dass das Verwaltungsgebäude 14 tatsächlich abgerissen wird, gibt es auch einen Alternativvorschlag. An der Stelle könnte ein archäologischer Park entstehen, in dem die Reste der alten Fundamente

der beiden Klöster freigelegt würden.

Der Kreml plant die Freigabe weiterer Flächen. Teilbereiche des Kremls sind dann nicht mehr nur Regierungsangehörigen, sondern dem breiten Publikum zugänglich. Vor kurzem wurde sogar beschlossen, das Tor des Erlöserturms, das früher nur der Konvoi des Präsidenten und die Neujahrstanne passieren durften, für Touristen zu öffnen. Kreml-Kommandant Sergei Chlebnikow berichtet, dass künftig auch der Abschnitt zwischen Borowizki-Turm und Geheimgangsturm uneingeschränkt zugänglich sein werde.

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