Survival Guide: So trinkt man mit Russen

Wer gelernt hat, mit Russen zu feiern, wird es nicht mehr missen wollen.

Wer gelernt hat, mit Russen zu feiern, wird es nicht mehr missen wollen.

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Wer nach Russland reist, wird nicht darum herumkommen, vor Ort mit Russen etwas Alkoholisches zu trinken. Wie man das macht, ohne am nächsten Morgen mit einem Kater und fürchterlichen Kopfschmerzen aufzuwachen, verraten die nachstehenden Zeilen. Fragen wie „Wo ist meine Uhr?“ und „Wer ist diese Person, die neben mir liegt?“ sollten so der Vergangenheit angehören.

Getrunken wird nur zu Anlässen – aller Art

Russen sind keine Alkoholiker. Und nein, sie trinken nicht ohne Grund. Dies stellt sich allerdings anders dar, wenn es einen besonderen Anlass zum Trinken gibt: ein neuer Job, der Kauf eines neuen Autos oder endlich eine Hochzeit. Für gewöhnlich hat man Zeit, sich auf ein Gelage vorzubereiten. Allerdings gilt auch, dass die „Gefahr“ überall lauert und jederzeit „zuschlagen“ kann, zum Beispiel wenn man Dienstagabend von der Arbeit nach Hause fährt und in der Metro zufällig einem alten Freund begegnet, den man lange Zeit nicht gesehen hat. Ein unbedeutendes Ereignis – möchte man meinen – und Zeit zur Vorbereitung hatte man auch nicht. Aus diesem Grund sollte man unbedingt immer die Augen offen halten, denn man weiß nie, wann man unter der Woche oder auch mal spät in der Nacht trinken muss. Meistens geschieht dies an einem Freitag, oder an einem Mittwoch, der jedem in Russland als der „kleine Freitag“ bekannt ist.

Wer in Russland trinkt, der teilt

In Russland trinkt man nicht nur Wodka – Russen scherzen diesbezüglich nicht. Dennoch unterscheiden sich russische Partys grundlegend von jenen, die in anderen Ländern gefeiert werden. Der erste Unterschied besteht darin, dass der Gastgeber den Alkohol einkauft. Dies löst gleich zwei Probleme auf einmal: Gäste fühlen sich nicht dazu verpflichtet, trinken zu müssen, und im Nachhinein braucht sich niemand zu ärgern, nicht auf etwas Anderes umgestiegen zu sein – schließlich hat man selbst nichts mitgebracht. Der zweite Unterschied besteht darin, dass die Getränke auf dem Tisch jedem gehören. Deshalb gilt: Man kann das trinken, was man will, sollte es jedoch nicht übertreiben.

Wer nicht diskutiert, wird ignoriert

Es wird strengstens empfohlen, Kenntnisse über wesentliche Ereignisse der Weltgeschichte, Religion, Politik, des Sports und der Kunst rechtzeitig aufzufrischen. Zudem wird streng angeraten, sich eine eigene Meinung zu mehr oder minder wichtigen, tagesaktuellen Themen zu bilden. Denn trinkende Russen sprechen gerne über tiefgründige Themen. Wenn man nicht am Gespräch teilnimmt, dann läuft man Gefahr, am Tisch einzuschlafen. Und bloß keine Angst: Diese Gespräche und Diskussionen sind überhaupt nicht bindend und am nächsten Morgen sind sie wieder vergessen.

Beachten Sie die Sperrstunde!

Gegen 23.00 Uhr kann man in den Alkohol-Abteilungen der Moskauer Geschäfte einen Menschenandrang beobachten, der manch einem für diese späte Stunde sonderbar erscheinen mag. Denn in Russland gibt es ein Gesetz, dass den Verkauf von alkoholischen Getränken nach einer festgelegten Uhrzeit verbietet. Wann genau dieser Punkt erreicht ist, unterscheidet sich von Region zu Region: In Moskau beginnt die trockene Zeit um 23.00 Uhr, in Sankt Petersburg bereits eine Stunde früher.

Der Trinkspruch: Meisterprüfung für jeden Gast

Russen lieben es, lange Toasts auszusprechen. Natürlich hängt die Länge des Trinkspruches vom gegebenen Anlass ab, doch je wichtiger und bedeutender das Ereignis ist, desto länger fallen diese Toasts aus. Dabei ist es üblich, dass man vor Beginn des Trinkspruches sein Glas in die Hand nimmt und bis zum Schluss nicht wieder absetzt. Deswegen wird einem auch geraten, zu üben, seine Arme für längere Zeit gehoben zu halten. Nach dem Toast stößt man mit jedem an, der am Tisch sitzt. Wenn man selbst eine unverheiratete Frau ist, sollte man eines bedenken: In Russland glaubt man, dass ledige Frauen zum Schluss immer mit einem unverheirateten Mann anstoßen müssen – dann würden auch sie bald heiraten. Und nicht vergessen: Im Westen kann man sein Glas am Tisch absetzen und erst später trinken. In Russland würde das auf Unverständnis stoßen. Am Tisch wird man glauben, dass Sie mit dem ausgesprochenen Toast nicht einverstanden sind. Dabei hat der Halter des Trinkspruchs bestimmt eine Woche lang geprobt und eine halbe Stunde lang gesprochen. Eines noch: Der Trinkspruch „Na sdorowje!“, den man im Ausland aus irgendeinem Grund für den am häufigsten verwendeten hält, wird in Russland von niemandem verwendet.

Beste Vorbereitung: Sowjetisches Kino

Es wird empfohlen, sich den sowjetischen Film „Ironie des Schicksals“ (russischer Titel: Ironija sudby ili S ljochkim parom) anzusehen. Warum? Ganz einfach: Wer öfter nach Russland reist, kommt eh nicht umhin, dem Film zu begegnen. Zudem wird im Film erzählt, wie man besser nicht trinken sollte, und was mit einem passieren kann, wenn man unglücklich das Dampfbad betritt. Außerdem werden 95 Prozent der Witze und Zitate des Sitznachbarn verständlicher, nachdem man den Film gesehen hat. Und ganz nebenbei ist der Film auch wirklich empfehlenswert.

Übung macht den Meister

Mit Russen zu trinken, ist eine Kunst. Und es bereits beim ersten Mal zu beherrschen, wird Ihnen – wie jedem anderen, der es versucht – nicht gelingen. Doch ganz bestimmt wird einem dabei nicht langweilig werden. Sollte man zudem die ersten Male durchgehalten haben, dann wird einem das Trinken in russischer Gesellschaft garantiert viel Spaß bereiten. Wenn man schließlich wieder Zuhause ist, so wird man mit einem leichten Schmunzeln jene Partys beobachten, die von Freunden veranstaltet werden.

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

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