Der Blick geht nach Asien: Russlands Außenpolitik 2012

Für der russischen Außenpolitik gab es im Jahr 2012 etliche Erfolge, aber auch krisenhafte und unerfreuliche Momente. Moskau war Gastgeber des APEC-Gipfels, übernahm im Syrienkonflikt eine andere Position als der Westen und trat nach einer diplomatischen Eiszeit infolge Konflikts 2008 wieder in direkte Kontakt mit seinem Nachbarn Georgien. Die Beziehungen zu Europa indessen wurden durch die ungeklärte Visaproblematik und Menschenrechtsfragen belastet. Nun hat Russland den G20-Vorsitz und will die Kooperation mit China, Indien und Brasilien ausbauen.

Russland folgt neuem, außenpolitischem Konzept

Russland folgt neuem, außenpolitischem Konzept

Foto: PhotoXPress

Das russische Außenministerium passte seine politische Agenda an den ins Präsidentenamt zurückgekehrten Wladimir Putin an. Der neuen Strategie zufolge setzt Russland auf die Strategie der „Soft Power" und will sich als Insel der Stabilität in einer „immer unberechenbareren Welt" positionieren. Priorität hat für die russische Außenpolitik der postsowjetische Raum.

 

APEC-Gipfel betraut Russland mit Führungsrolle auf dem asiatisch-pazifischen Markt

APEC-Gipfel betraut Russland mit Führungsrolle auf dem asiatisch-pazifischen Markt

Foto: ITAR-TASS

Der Gipfel der Asia-Pacific Economic Cooperation (APEC) hat Russlands führende Rolle in der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsregion bestärkt. Der Tagungsort des Gipfels Wladiwostok erhielt durch ein millionenschweres Programm zur Förderung der Infrastruktur kräftige Entwicklungsimpulse.

 

Abschaffung der Visumpflicht zwischen Russland und der EU noch nicht in Sicht

Abschaffung der Visumpflicht zwischen Russland und der EU noch nicht in Sicht

Foto: ITAR-TASS

Nach mehrjährigen Verhandlungen über die Abschaffung der Visumpflicht zwischen Russland und der EU schienen in diesem Jahr Einreiseerleichterungen für einige Bevölkerungsgruppen in greifbarer Nähe. Der erwartete Durchbruch blieb aber aus. Als unlösbar erwies sich eine mögliche Aufhebung der Visumpflicht für Inhaber von Dienstpässen. Auf die ablehnende Haltung der EU in dieser Frage reagierte Russland mit Unverständnis. Das russische Außenministerium wertete die Einwände der europäischen Verhandlungspartner als haltlos.

 

Missklänge in den deutsch-russischen Beziehungen

Missklänge in den deutsch-russischen Beziehungen

Foto: AP

In diesem Jahr waren die Beziehungen zu Deutschland, dem wichtigsten EU-Partner Russlands, durch Misstöne belastet. Auslöser war ein 17 Punkte umfassender Katalog von Forderungen an Russland, der unter Leitung von Andreas Schockenhoff, dem deutschen Koordinator für die „deutsch-russische zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit", ausgearbeitet worden war. Der Deutsche Bundestag folgte seinem Antrag, in der die deutsche Kanzlerin Angela Merkel dazu aufgerufen wird, Fragen zum Stand der Menschenrechte in Russland aufzugreifen. Das tat Merkel auch während des Treffens mit Präsident Putin im November in Berlin. Für manche Beobachter des politischen Geschehens war das der Anfang vom Ende der „besonderen Beziehungen" zwischen den beiden Ländern.

 

Russlands G20-Präsidentschaft

Russlands G20-Präsidentschaft

Foto: Getty Images / Fotobank

Seit dem 1. Dezember hat Russland den Vorsitz im Klub der bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer inne – der „Gruppe der Zwanzig" (G20). Auf die G20 entfallen 90% des globalen BIP, 80% des Welthandels und 2/3 der Erdbevölkerung. Für Russland ist das nicht nur eine Möglichkeit, sich als kompetenter Tagungsmanager zu beweisen, sondern ein reale Chance, spürbaren Einfluss auf die internationale Wirtschaftspolitik zu nehmen.

 

Unerwartete Folgen des „Magnitski-Gesetzes"

Unerwartete Folgen des „Magnitski-Gesetzes"

Foto: RIA Novosti 

 

Ebenfalls Anfang Dezember billigte der US-Senat ein Gesetz, das Russen, die im Verdacht stehen, am Tod des Anwalts Sergej Magnitskij beteiligt gewesen zu sein, die Einreise in die USA verwehrt. Russland nahm diesen Akt als Einmischung in innenpolitische Angelegenheiten auf. Als Antwort auf die sogenannte „Magnitskij-Liste" bereiteten Abgeordnete der Staatsduma ein Gesetz vor, das unter anderem die Adoption russischer Kinder durch amerikanische Staatsbürger verbieten soll. Politologen sprachen von Denkmustern des Kalten Krieges.

 

Beginn des Gütertransits der NATO über Uljanowsk

Beginn des Gütertransits der NATO über Uljanowsk

Foto: ITAR-TASS

Die russische Regierung gestattet der NATO seit Juni neben der Nutzung von Straßen und Schienen auch die des Luftraums über Uljanowsk für den Truppen- und Ausrüstungstransport aus Afghanistan und zurück. Für die NATO, die seit 2012 ihre Truppen aus Afghanistan abzieht, ist das eine wichtige Nachricht. In Russland stieß diese Entscheidung auf Kritik aus den Reihen der konservativen Bevölkerungsschichten. Viele fürchteten die Öffnung eines echten „NATO-Stützpunktes" in der Region, was Wladimir Putin im Rahmen von persönlichen Treffen mit Anwohnern ausräumte.

 

Syrien lässt Zuspitzung der Krise zu

Syrien lässt Zuspitzung der Krise zu

Foto: AFP / East News

Vor dem Hintergrund des erheblichen Drucks des Westens auf Syrien wurde Russland zum wichtigsten Gegner eines militärischen Eingreifens in den syrischen Bürgerkrieg. Nach Auffassung der russischen Regierung führt die Unterstützung syrischer Aufständischer durch den Westen nicht zur Demokratisierung des Landes. Sie destabilisiert vielmehr die Region, spielt Terroristen in die Hände und untergräbt endgültig die Priorität des Völkerrechts bei der Lösung politischer Konflikte.

 

Ausweisung der USAID aus Russland

Ausweisung der USAID aus Russland

Foto: AP

Nach der Verschärfung der Anforderungen an die Finanzierung politischer, auf russischem Staatsgebiet tätiger Nichtregierungsorganisationen hat die Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung (USAID) das Land verlassen. Russische Nichtregierungsorganisationen erhielten über diese Organisation jährlich etwa 100 Millionen USD. Der Weggang der USAID ließ die politische Anspannung zwischen Russland und den USA ein weiteres Mal steigen.

 

Anzeichen einer Annäherung zu Georgien

Anzeichen einer Annäherung zu Georgien


Foto: Kommersant

Ende dieses Jahres nahm Russland erstmals seit vier Jahren direkte Verhandlungen mit seinem südlichen Nachbarn Georgien auf. Nach dem Militärkonflikt im August 2008 waren die diplomatischen Beziehungen auf Eis gelegt worden. Die Aufnahme des Verhandlungsprozesses wurde durch den Sieg der Opposition bei den Parlamentswahlen in Georgien und eine deutliche Schwächung der Position von Präsident Saakaschwili möglich.

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