NSA-Skandal: Wurde Snowden bezahlt?

Snowdens Anwalt Anatoli Kutscherena: "Edward hat aus den Geheimnissen nie ein Geschäft gemacht und verlangte nie Geld für das Material, das er weiterreichte". Foto: AP

Snowdens Anwalt Anatoli Kutscherena: "Edward hat aus den Geheimnissen nie ein Geschäft gemacht und verlangte nie Geld für das Material, das er weiterreichte". Foto: AP

Edward Snowdens Anwalt und enger Vertrauter, Anatolij Kutscherena, spricht über die rechtliche Situation des Whistleblowers. Hat Edward Snowden für seine geheimen Informationen Geld von den Medien bekommen?

Anatolij Kutscherena, mittlerweile enger Vertrauter von Edward Snowden in Russland, sprach mit dem Präsidiumsmitglied der russischen Juristenassoziation Michail Barschtschewskij über einzelne Aspekte der rechtlichen Situation des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters.

Nach seiner Ankunft in Moskau habe Snowden die Transitzone des Flughafens Scheremetjewo zunächst nicht verlassen, weil er die russische Gesetzgebung nicht kannte und keine bessere Lösung sah, erläuterte Kutscherena. „Als Snowden landete, war sein Pass bereits ungültig. Seine Staatsbürgerschaft aber konnte man ihm nicht entziehen. So entschied er sich für ein einfacheres Vorgehen und beantragte beim Migrationsdienst ein befristetes Aufenthaltsrecht für den kürzesten Zeitraum, den das russische Recht vorsieht, nämlich für ein Jahr. Man bescheinigte ihm den Status eines temporären Asylanten. Damit gelten für ihn die gleichen Rechte und Pflichten wie für russische Staatsbürger, mit Ausnahme einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst und des Wahlrechts", so Kutscherena weiter.

Die US-Behörden hätten Snowdens Pass bereits während seiner Reise von Hongkong nach Russland annulliert, was weitere Ortsveränderungen erschwert habe, sagt der Jurist. „Er ist nach wie vor Staatsbürger der USA, besitzt aber keinen gültigen Pass. Als ich Kontakt zu Vertretern der

amerikanischen Botschaft aufnahm, bestanden sie beharrlich auf einem Treffen mit Edward. Er aber lehnte das ab. Ich erklärte den Botschaftern, dass Snowden ein freier Mann sei und in der Russischen Föderation keine Anklage gegen ihn vorläge. Daher genießt er uneingeschränkte Freiheit und hat das Recht zu entscheiden, mit wem er sich treffen möchte. Die Amerikaner haben sich dieses Problem selbst eingebrockt. Als ich den Vorschlag machte, Edward einen neuen Pass auszustellen, damit er selbst entscheiden kann, wohin er fliegt, antworteten sie mir, sie könnten ihm einen neuen Pass ausstellen, aber nur für die Einreise in die USA. Dieses Angebot wollte mein Mandant jedoch nicht annehmen."

Kutscherena wusste um das geheime Material, das Snowden in Hongkong Journalisten übergeben hatte. Erst vor kurzem wurden die Informationen öffentlich gemacht. Bekanntlich knüpfte der russische Präsident Wladimir Putin Snowdens Asyl an eine unabdingbare Voraussetzung: zukünftig von einer weiteren antiamerikanischen Tätigkeit abzusehen. „Die Frage der Verbreitung des geheimen Materials problematisierte der Präsident tatsächlich, und auch wir diskutierten sie mit Edward. Er fragte, was er tun könne, wenn er nun in Hongkong Material an Journalisten ausgehändigt hat, das Lauschattacken, rechtswidrige und ungesetzliche Aktivitäten der CIA und des NSA belegt. Er verstehe zwar die Position des russischen Präsidenten, könne diese Materialien aber nicht wieder zurückholen. Selbst wenn er darum bäte, gäbe es ohnehin Kopien. Alles, was derzeit über geheimdienstliche Aktivitäten gegenüber Deutschland, Frankreich und anderen europäischen Staaten aufgedeckt wird, beruht auf den Materialien, die er bereits in Hongkong Journalisten überlassen hat", erläutert der Anwalt.

Snowden werde wohl kaum nach Deutschland reisen, um dort mit Abgeordneten des deutschen Bundestags zu sprechen, meint Kutscherena. Dort könne man ihn schließlich an die USA ausliefern. Snowden schließe allerdings ein solches Treffen in Russland nicht aus. Wie der Jurist

außerdem betonte, habe Snowden niemals Geld für die Informationen genommen, die er den Medien zur Verfügung stellte. „Er hat aus den Geheimnissen nie ein Geschäft gemacht und verlangte nie Geld für das Material, das er weiterreichte. Auch in Hongkong hat er selbstverständlich kein Geld entgegengenommen. Das kann ich mit großer Gewissheit, ausgehend von seiner gegenwärtigen finanziellen Lage, sagen. Seine Ersparnisse hat er praktisch vollständig für Lebensmittel, Miete und seinen Personenschutz ausgegeben. Einige Organisationen und engagierte Bürger unterstützen ihn allerdings in den Grenzen ihrer Möglichkeiten, unter anderem auch materiell", berichtet der Jurist.

Snowden werde als hochqualifizierter IT-Experte in jedem Land der Welt eine gut bezahlte Arbeit finden, ist Kutscherena überzeugt. Wenn er Russland verlässt, verliert er jedoch seinen Flüchtlingsstatus.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Rossijskaja Gaseta.

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