Wohin steuern die russischen Kommunisten?

Mehr als 20 Jahre nach dem Zerfall der UdSSR hoffen die russischen Kommunisten darauf, wieder an die Macht zu kommen. Foto: Reuters

Mehr als 20 Jahre nach dem Zerfall der UdSSR hoffen die russischen Kommunisten darauf, wieder an die Macht zu kommen. Foto: Reuters

Die KPRF ist die zweitstärkste Partei Russlands. Dennoch hat sie mit den beiden 2012 neu gegründeten kommunistischen Parteien ernsthafte Rivalen bekommen. Doch es bieten sich auch Möglichkeiten der Zusammenarbeit.

Die Kommunisten, welche die Sowjetunion über 70 Jahre lang regierten, sind nach wie vor die zweitstärkste Partei in Russland. Doch trotz ihren Versprechungen, im Land einen Sozialismus à la UdSSR zu etablieren, bricht ihnen die Wählerschaft weg. Ein Grund dafür, neben der Altersstruktur ehemaliger Kader, könnten die neuen kommunistischen Parteien sein, die „wahren Kommunismus" predigen und das korrupte Parteisystem der alten Kommunisten anschwärzen.

Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) stellt im heutigen Russland die zweitstärkste Partei dar und gilt generell als Nachfolger der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU).

Bei den letzten Duma-Wahlen 2011 erhielt die KPRF 11,57 Prozent der Wählerstimmen, wobei Einiges Russland als stimmenstärkste Partei mit 64,30 Prozent der Stimmen die Wahlen gewann. Auch bei den Präsidentschaftswahlen 2012 nahm die KPRF mit ihrem Kandidaten Gennadi Sjuganow, der über zwölf Millionen Stimmen, etwa 17 Prozent aller Wählerstimmen, erhielt, nach Wladimir Putin den zweiten Platz ein. Die Kommunistische Partei ist zudem in den Regionalparlamenten von 81, von insgesamt 83, Föderationssubjekten vertreten und zählt 156 528 Mitglieder.

Die ehemalige Regierungspartei zählt sich jedoch heute zur Opposition. Als Hauptziel definiert die KPRF, den Sozialismus in Russland etablieren zu wollen, wobei es im Parteiprogramm auch vermeintlich kurzfristigere Ziele zu erreichen gilt. Diese Ziele umfassen die Verstaatlichung von Bodenschätzen, Landwirtschaft und Großindustriebetrieben im Rahmen einer gelenkten Volkswirtschaft, wodurch das Wachstum von Klein- und Mittelbetrieben im privaten Sektor gefördert werden soll.

 

Der kommunistische Flügel ist zersplittert und verstritten

Doch nicht alle Russen, die kommunistische Ansichten vertreten, sind mit der Politik der KPRF einverstanden. Aus diesem Grund entstanden 2012 auch zwei neue kommunistische Parteien in Russland: die Kommunisten Russlands und die Kommunistische Partei für soziale Gerechtigkeit.

„Wir müssen zugeben, dass ein Teil unserer Gesellschaft mit Nostalgie an die Sowjetzeit zurückdenkt, wobei die Mehrheit dieser Menschen die KPRF mit der ehemaligen kommunistischen Partei verbinden. Daher besteht das Hauptziel anderer neuer kommunistischer Parteien darin, einerseits der Wählerschaft zu beweisen, dass auch sie wie die alte KPdSU ist und andererseits die Reputation der KPRF zu schädigen", erklärt der Politologe Konstantin Truewzew.

Obwohl die Parteiprogramme aller kommunistischen Parteien sehr ähnlich sind, verleugnen sie einander. Die „neuen" Parteien beschuldigen zudem Sjuganow, mit dem Kreml zusammenzuarbeiten, und vertreten die Meinung, dass das Parteiprogramm der KPRF veraltet sei und die Partei deswegen nie wieder an die Macht kommen werde.

Doch auch die „neuen" kommunistischen Parteien werden für ihre Verbindung zum Kreml kritisiert. So war Juri Morosow, einer der Parteichefs

der Kommunistischen Partei für soziale Gerechtigkeit, ein Mitglied der Regierungspartei Einiges Russland – der größten Partei Russlands, die unter der Leitung Wladimir Putins stand, bevor dieser Präsident wurde, und nunmehr von Premier Dmitri Medwedjew geleitet wird.

„Diese pseudokommunistischen Parteien wurden von der Regierung geschaffen, da der Kreml Angst vor uns hat. Deren Ziel besteht darin, dass unsere Wähler zu diesen „fingierten" kommunistischen Parteien übergehen. Außerdem wollen sie die Menschen kontrollieren und unseren Einfluss minimieren", erklärt Leonid Kalaschnikow, Mitglied der KPRF und stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma.

Die Kommunisten Russlands hingegen positionieren sich selbst als Jugendpartei. Doch auch in diesem Bereich ist die KPRF in Russland mit ihrer Unterorganisation, dem Kommunistischen Jugendverband der Russischen Föderation, stark aufgestellt. Zudem existieren noch eine Reihe weiterer Jugendorganisationen, die von der KPRF beeinflusst werden, wie beispielsweise der Russische Kommunistische Jugendverband, der Leninsche Kommunistische Jugendverband der Russischen Föderation, der Revolutionäre Kommunistische Jugendverband oder die Avantgarde der Roten Jugend, die von Sergej Udalzow, einer der Galionsfiguren der russischen Opposition, geleitet wird.

 

Medienwirksame Zusammenarbeit auf regionaler Ebene

Trotz der Parteienstreitigkeiten auf staatlicher Ebene zeichnen sich auf regionaler Ebene auch Kooperationen ab. So zählt die wohl bekannteste russische kommunistische Organisation, die Kommunisten Sankt Petersburgs und der Leningarder Oblast, neben Mitgliedern der KPRF auch Mitglieder aller anderen kommunistischen Parteien sowie Mitglieder ohne

bestimmte Parteizugehörigkeit. Diese Organisation machte zuletzt im Oktober auf sich aufmerksam, als sie die Ausstellung von Sylvester Stallone in St. Petersburg boykottierte, indem sie ihn als „Inbegriff der US-amerikanischen Militärmaschinerie" bezeichnete. Auch einige Jahre zuvor war diese kommunistische Organisation in den Medien – als sie die Verhaftung von James Cameron, den Regisseuren des Hollywood-Blockbusters „Avatar", forderte, weil dieser „die Science-Fiction der Sowjetunion geplündert" haben soll.

Experten sind jedoch skeptisch in ihren Einschätzungen darüber, dass die Kommunistische Partei wieder an die Macht kommen wird. „Im Vergleich zu kommunistischen Parteien in zentraleuropäischen Ländern passen sich die kommunistischen Parteien in Russland nicht an die Nöte und Bedürfnisse der modernen Gesellschaft an. Daher steht auch in Frage, ob die KPRF, die gute Ergebnisse bei den letzten Wahlen erzielte, Russland regieren kann. Zudem ist festzuhalten, dass die kommunistischen Parteien in Russland immer mehr der Vergangenheit angehören", so Truewzew abschließend.

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