Putins Pressekonferenz: Vertraute Rhetorik ohne Sensationen

Bei der Pressekonferenz des Präsidenten stand die Wirtschaft im Fokus. Foto: Konstantin Sawraschin/Rossijskaja Gaseta

Bei der Pressekonferenz des Präsidenten stand die Wirtschaft im Fokus. Foto: Konstantin Sawraschin/Rossijskaja Gaseta

Die alljährliche Pressekonferenz des russischen Präsidenten Wladimir Putin brachte keine Sensationen oder Neuerungen. Auch sonst blieb das Staatsoberhaupt seiner üblichen Rhetorik treu. Kritischen Fragen stellte sich Putin dennoch.

Auf seiner alljährlichen Pressekonferenz am Donnerstag erklärte der russische Präsident Wladimir Putin, der Verfall des Rubelkurses sei mit „externen Faktoren" zu erklären. Er werde sich wieder fangen, beschwichtigte das Staatsoberhaupt und betonte, die Zentralbank und die Regierung handelten „adäquat".

Die Lage der russischen Wirtschaft infolge der Sanktionen stand im Fokus der Pressekonferenz, an der 1 259 Journalisten russischer und ausländischer Medien teilnahmen. Ebenso von Interesse war die Problematik der internationalen Lage, zu der elf Fragen gestellt wurden. In den drei Stunden und zehn Minuten, die Putin die Fragerunde gewähren ließ, konnten 38 Pressevertreter insgesamt 53 Fragen stellen.

Der russische Präsident stellte sich auch spitzen Fragen. Putin kommentierte beispielsweise die Teilnahme des Ex-Oligarchen und ehemaligen Häftlings Michail Chodorkowski am politischen Leben sowie die Wahrscheinlichkeit eines Umsturzes im Kreml.

 

Kritische Fragen aus der Ukraine

Eine der schärfsten Fragen kam von einem Korrespondenten der ukrainischen Nachichtenagentur „Unian", der einen Pullover mit der Aufschrift „Ukrop" (zu Deutsch: „Petersilie") trug, einer aufgrund des ähnlichen Wortlauts im Internet gebräuchlichen, abwertenden Bezeichnung für Ukrainer. Dieser Journalist fragte Putin, wie viele Soldaten er in den Osten der Ukraine geschickt hätte, wo die Kämpfe mit der ukrainischen Armee weitergingen. „Alle Menschen, die ihrem Herzen folgen und freiwillig an Kampfhandlungen teilnehmen, darunter auch in der Ukraine, sind keine Söldner und bekommen dafür kein Geld", antwortete der Präsident Russlands.

Für den Journalisten Maxim Jusin von der Zeitung „Kommersant" eine bemerkenswerte Begegnung: „Die Tatsache, dass man einem ukrainischen Journalisten erlaubt hat, Wladimir Putin eine Frage zu stellen, zeugt davon, dass der russische Präsident bereit war, auch die kritischsten Fragen zu beantworten und unangenehmsten Einschätzungen zu hören", schrieb er. „Die Frage war wirklich heftig. Die Antwort aber auch. Putin beschuldigte die ukrainische Regierung, dass sie gegen die eigene Bevölkerung Artillerieraketensysteme und die Luftwaffe eingesetzt habe", so der Journalist.

Der Chefredakteur der Zeitschrift „Polititscheskij klass", Witalij Tretjakow, bemerkte auf seinem Blog: „Putin hatte den Ukrainern persönlich das Wort erteilt. Und die Ukrainer haben sämtliche Anschuldigungen ausgesprochen, die überhaupt möglich waren – außer der, dass Russland auf zynische Weise aufgehört habe, der Ukraine kostenlos Gas zu liefern."

 

Hoffnungen auf eine Erstarkung des Rubels

Eine ganze Reihe von Fragen war der Wirtschaft gewidmet. Der Präsident hoffe auf eine Stärkung des Rubels, darauf, dass die in den letzten zwei Tagen angedeutete Kurssenkung ausländischer Währungen gegenüber dem Rubel aufrechterhalten bleibe. Er schloss nicht aus, dass es einen weiteren Preisverfall des Öls geben könne. Das werde sich, seiner Meinung nach, auf die Nationalwährung und andere Werte, unter anderem auf die Inflation, auswirken.

Dmitrij Krawtschenko, Präsidiumsvorsitzender der Assoziation für Junge Unternehmer Russlands, sieht darin ein positives Signal: „Nach den neuesten Erschütterungen auf dem Währungsmarkt und den schlechten Nachrichten vom Wertpapiermarkt trugen die Worte des Präsidenten eine positive Stimmung in die Geschäftswelt", sagt er. Es sei nach seiner Rede

Der Chefanalyst der Investmentbank Uralsib Capital, Alexej Dewjatow, hingegen geht davon aus, dass der Prozess zur Genesung der russischen Wirtschaft einige Jahre andauern könnte. Im nächsten Jahr erwartet der Experte „eine durchaus tiefe Rezession" in Russland. Die Wirtschaft werde sich erholen, aber: „Wenn man als Benchmark für eine endgültige Überwindung der Krise das Niveau des Bruttoinlandsproduktes nimmt, das Russland noch zu Beginn dieses Jahres hatte, so zeigen die Berechnungen, dass wir aus der Krise im allerbesten Fall Ende 2017 herauskommen könnten", sagte er im Interview mit RIA Novosti. Deshalb werde es drei Jahre und mehr brauchen, bis sich die Wirtschaft gänzlich erholt habe, schätzt er.

 

Wird der Präsident der nächste Präsident?

Auch auf die Frage, ob er bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2018 wieder antreten wolle, antwortete Putin. Er sagte, seine Entscheidung zu kandidieren hinge von den Gesamtergebnissen seiner Arbeit auf verschiedenen Ebenen im Land ab. Die Entscheidung über eine Kandidatur wäre derzeit verfrüht, unterstrich das Staatsoberhaupt. Man solle stattdessen verstärkt an den Interessen der Bürger der Russischen Föderation arbeiten.

Unterm Strich finden Experten, dass es auf der Pressekonferenz keinerlei Überraschungen gegebenen und Putin in seiner Rhetorik die vertraute Linie verfolgt habe. „Es gab keine Sensationen", resümierte etwa Michail Remisow, Präsident des Instituts für Nationalstrategie, in sozialen Netzwerken. „Das heißt, dass es keine Veränderungen in der Politik der Regierung und der Zentralbank geben wird. Der Präsident sprach weder über drastische wirtschaftliche Neuerungen oder irgendwelche Anzeichen einer wirtschaftlichen Wende zu einem eher mobilisierenden Finanz- und Wirtschaftsmodell", erklärte er.

Jewgenij Mitschenko, Chef des Internationalen Instituts für Politische Expertise, schrieb auf Facebook: „Mein Gesamteindruck zu der Pressekonferenz Putins ist, dass er sich gut fühlte, keine Anzeichen der Krise spürte, Scherze riss und versuchte, jedes diskutierte Problem von verschiedenen Standpunkten aus zu betrachten. Er zeigte seine Bereitschaft für Fragen aller Art und auch, wie locker er ist."

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