Russland und Abchasien diskutieren eine offene Grenze. Foto: Alexej Mischew/RIA Novosti
Am Montag besuchte der Berater des russischen Präsidenten Wladislaw Surkow Abchasien. Während seines Besuchs forderte er die Aufhebung der Grenze zwischen Russland und der Kaukasusrepublik, die völkerrechtlich zu Georgien gehört. Russland hat die Souveränität Abchasiens anerkannt. Der abchasische Präsident Raul Chadschimba drückte sich zurückhaltender aus und sprach von Erleichterungen beim Grenzübertritt. Russland und Abchasien wollten diese Frage nun diskutieren und in naher Zukunft ein Ergebnis erzielen.
Bereits im August letzten Jahres hatte Chadschimba, damals noch Präsidentschaftskandidat, die Notwendigkeit einer offenen Grenze zu Russland betont. Er erhoffe sich davon einen deutlich steigenden Zustrom russischer Touristen und, bei einer gleichzeitigen Vereinfachung der Zollbestimmungen, einen „starken Impuls" für die abchasische Landwirtschaft.
Russland und Abchasien hatten im November 2014 ein Abkommen über eine Kooperation und strategische Partnerschaft unterzeichnet, auf das Surkow nun Bezug nahm. In diesem Abkommen geht es auch um einen freien Grenzübertritt, unter „Berücksichtigung der Beschränkungen, die aufgrund von Sicherheitsbedenken weiterhin gelten". In Georgien wurde dieses Abkommen als ein Schritt in Richtung Annexion Abchasiens durch Russland gewertet. Von einer Abschaffung der Grenzlinie ist jedoch laut Experten gar nicht die Rede. Alexandr Skakow vom russischen Zentrum für Zentralasien-, Kaukasus- und Ural-Wolga-Studien am Ostkundeinstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften geht davon aus, dass auch Surkow keine Abschaffung der Grenze gefordert habe. „Aufheben und abschaffen sind nicht gleichzusetzen. Die Grenze bleibt bestehen, lediglich die Grenzbefestigungen wie Stacheldraht werden abgebaut und das Grenzpersonal abgezogen", erklärt er. Russische Staatsbürger müssten bei der Einreise nach Abchasien dann zukünftig nur noch ihren Pass vorlegen. Die Passkontrollen hält Skakow auch weiterhin für notwendig, damit keine unkontrollierte Einreise ins Land erfolge, indem sich Personen mit anderer Staatsangehörigkeit als Russen ausgeben.
Das Abkommen vom November beschäftigt sich auch mit der Frage einer gemeinsamen Überwachung der abchasischen Grenze zu Georgien. Experten sehen dabei Schwierigkeiten in der Umsetzung. Wladimir Jewsejew, Leiter der Kaukasus-Abteilung am Institut für GUS-Länder bemerkt, dass der Vertrag zwar eine gemeinsame Überwachung der abchasisch-georgischen Grenze vorsehe, schränkt jedoch ein: „Abchasien hat keine Grenzsoldaten". Deshalb sei noch unklar, wer tatsächlich die Kontrolle der Grenze übernehme. Zudem fehle eine Festlegung der Grenzen für den Seeabschnitt zwischen Abchasien und Georgien. Wann es hier zu einer Lösung kommt, sei unklar.
Solange nicht geklärt sei, wie die Grenze zu Georgien überwacht werden soll, könne man laut Jewsejew eine Öffnung der russisch-abchasischen Grenze nur eingeschränkt diskutieren. Der von Surkow angesprochene Abbau von Grenzkontrollen sei hingegen seiner Meinung nach durchaus im
Interesse der abchasischen Bevölkerung, erlaube er ihr doch „mehr Fortbewegungsfreiheit", so Jewsejew. Die Zurückhaltung der abchasischen Regierung erklärt er mit der Furcht vor einer massenhaften Rückkehr georgischer Flüchtlinge, die das Land während des Krieges mit Georgien Anfang der 1990er-Jahre verlassen hatten. Nach georgischen Angaben sollen es mehr als 200 000 Menschen sein.
Die Einzelheiten zu zukünftigen Grenzkontrollen an der russisch-abchasischen Grenze müssen noch geklärt werden. Russland und Südossetien sind in dieser Frage schon ein Stück weiter. Mit Südossetien hat Russland am Mittwoch einen Vertrag über die gemeinsame Staatsgrenze unterzeichnet. Zeitnah soll ein umfassendes Abkommen über Kooperation und Integration folgen.
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