Der Gouverneur von Sachalin Alexander Choroschawin (R) wurde wegen Bestechungsverdacht verhaftet. Foto: Reuters
Der Gouverneur der fernöstlichen Region Sachalin, Alexandr Choroschawin, und drei seiner Mitarbeiter wurden unter dem Verdacht, Bestechungsgelder in Höhe von 5,2 Millionen Euro angenommen zu haben, verhaftet. Die Gelder sollen im Zusammenhang mit dem Bau eines Stromkraftwerkes geflossen sein. Verhaftungen solch hochrangiger Beamter, zumal während ihrer Amtszeit, sind in Russland eine Ausnahme. Choroschawin ist erst der zweite amtierende Gouverneur, der verhaftet wurde. Der Kreml soll ihn zuvor mehrmals gewarnt haben. Die Warnungen wurden jedoch ignoriert.
Am vergangenen Mittwoch durchsuchten Ermittler nun Regierungsgebäude in der Region Sachalin sowie Privatunterkünfte des Gouverneurs und überführten ihn nach seiner Verhaftung nach Moskau. In seiner Moskauer Wohnung, in seinem Ferienhaus sowie in Choroschawins Residenz wurden größere Mengen Bargeld und auch teurer Schmuck gefunden.
Das russische Ermittlungskomitee erklärte zu Choroschawins Verhaftung: „Die Tatsache, dass gegen einen ranghohen Beamten Ermittlungen eingeleitet wurden, zeigt die Entschlossenheit des Staates, gegen die Korruption vorzugehen. Unantastbare gab es nicht und wird es nicht geben." Noch am Tag der Verhaftung kritisiert der russische Präsident Wladimir Putin in einer erweiterten Sitzung des Polizeikollegiums die Polizei. Sie habe zu wenige große Korruptionsfälle aufgedeckt, gerade so, „als ob es sie nicht gäbe", wird Putin zitiert.
Politikwissenschaftler interpretieren die Verhaftung Choroschawins als Warnung an alle Gouverneure. „Diese Festnahme ist ein anschauliches Beispiel für den Kampf gegen die Korruption", findet der Politikwissenschaftler und Leiter des Instituts für regionale Politikstudien an der Moskauer Higher School of Economics Rostislaw Turowskij. „In Russland ist ein solches Vorgehen üblich und dient als abschreckendes Beispiel für andere." In Choroschawins Verhaftung sieht er jedoch nicht den Auftakt zu einer groß angelegten Antikorruptionskampagne. Der Fall habe genügend Signalwirkung als Warnung für andere.
Der Gouverneur von Sachalin habe mehrfach Warnsignale ignoriert, glauben Experten. Kurz vor seiner Verhaftung sei er von der politischen Regierungsorganisation Gesamtrussische Volksfront kritisiert worden, die auf große Ausgaben Choroschawins von etwa 12,65 Millionen Euro für Reparaturarbeiten am Regierungsgebäude und etwa 10,4 Millionen Euro für eine Imagekampagne hingewiesen habe. Schon 2013 warnte Putin selbst Choroschawin öffentlich. Nach entsprechenden Hinweisen durch die Gesamtrussische Volksfront und möglicherweise auch aus der Präsidialadministration, wie Alexej Muchin, Direktor des russischen Zentrums für Politikinformation glaubt, riet Putin ihm damals, sich nicht um
sein Image, sondern um den Bau neuer Kindergärten zu kümmern. Nicht nur unnötig Ausgaben hätten dabei für die Gesamtrussische Volksfront eine Rolle gespielt, sondern auch die allgemeine Zufriedenheit der Bevölkerung mit Choroschawin. Dessen Fall sei laut Muchin nicht ungewöhnlich, vergleichbares passiere auch in anderen Regionen.
Korruption in „unerhörtem Ausmaß" gebe es auf Sachalin nicht, meint Muchin. „Die Insel gehört zu den stabilsten Regionen", bemerkt er. Daher könne es im Fall Choroschawin auch schlicht um die Kontrolle des Geldflusses in die Region gehen, deren Haushalt von einer Ölrendite profitiert. In Moskaus sei man möglicherweise nicht zufrieden mit der Haushaltspolitik der Region gewesen und nun werde Choroschawin womöglich durch jemand loyaleren ersetzt, so Muchin.
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