Tag des Sieges: Putin reagiert empört auf Absagen

„Dreiste Verleumdung einer ganzen Generation“: Putin sieht das Andenken sowjetischer Kriegsopfer in Gefahr.Foto: Alexej Druschinin/TASS

„Dreiste Verleumdung einer ganzen Generation“: Putin sieht das Andenken sowjetischer Kriegsopfer in Gefahr.Foto: Alexej Druschinin/TASS

Während einer Sitzung des Organisationskomitees zur Feier des Tags des Sieges in Russland warf Präsident Wladimir Putin dem Ausland Geschichtsrevision vor. Experten glauben, dass er damit auf die Absagen einiger Staats- und Regierungschefs zur Teilnahme an den Feierlichkeiten reagiert.

Am 17. März fand in Moskau eine Sitzung des Organisationskomitees zur 70. Jahresfeier des Tags des Sieges anlässlich des Endes des Zweiten Weltkriegs statt. Zu Gast war auch der russische Staatschef Wladimir Putin und sprach über Versuche, „historische Spekulationen für geopolitische Auseinandersetzungen" zu instrumentalisieren. Dabei sei Russland gezwungen, „ständig, argumentiert, fest und beständig die Wahrheit über den Krieg zu verteidigen".

„Heute sehen wir leider nicht nur Versuche, die Ereignisse des Kriegs zu verdrehen und zu verwirren, sondern auch zynische, unverdeckte Lügen und dreiste Verleumdung einer ganzen Generation von Menschen, die fast alles für diesen Sieg gegeben und den Frieden auf Erden errungen haben", sagte Putin. „Manchmal werden ganz offensichtlich bescheuerte Meinungen kundgetan. Es ist erstaunlich, wie Menschen auf solche Ideen kommen", fügte er hinzu.

Ziel solcher Spekulationen sei es, „die Kraft und die moralische Führung des Siegerlandes zu unterwandern" und ihr den Status einer Siegermacht zu berauben, erklärte Putin. „Im Großen und Ganzen wird unsere Gesellschaft heute leider immer noch auf seine Reife und Einheit sowie auf die Beständigkeit unserer historischen Traditionen und die Verbindung der Generationen hin geprüft."

 

Reaktion auf den Boykott

Die Aussage Putins sollte nicht als eine späte Antwort an Polen aufgefasst werden, meint der Leiter der Stiftung für Effektivpolitik Gleb Pawlowskij zu RBTH. Am 21. Januar dieses Jahres hatte der polnische Außenminister Grzegorz Schetyna behauptet, das Konzentrationslager Auschwitz sei von ukrainischen Soldaten befreit worden. „Es wäre ungewöhnlich für Putin, sich in dieser Form direkt an Polen zu wenden. Ihn stört weniger die Reaktion Polens, das traditionell eine negative Haltung gegenüber Russland einnimmt, sondern vielmehr die Reaktion Deutschlands und der Europäischen Union im Allgemeinen", so Pawlowskij.

Die Aussage des Präsidenten habe keinen persönlichen Hintergrund und sei nicht als bewusste Provokation zu werten, beschwichtigt der Politikwissenschaftler. Sie könnte „in erster Linie mit dem Boykott der Feier zum Tag des Sieges durch eine Reihe von Regierungs- und Staatschefs wichtiger Länder" zusammenhängen, sagt Pawlowskij. Es sei ein schmerzhafter Moment für Putin und er könne nicht so tun, als würden ihn die Absagen nicht treffen. Dass die politischen Vertreter die Ukraine-Krise als Motiv für den Boykott der Veranstaltung nutzten, verschärfe die Situation zusätzlich.

Insgesamt liege in den Worten Putins „keine besondere Schärfe". Die Situation sei an sich heikel, resümiert Pawlowskij. Die eigenen Emotionen und Motive besser zu erklären, sei aber durchaus sinnvoll. „Schroffe Aussagen der russischen Seite sind nichts Neues mehr. Europa fehlen Erklärungen unsererseits", fügt er hinzu.

 

Viele Länder haben ihre Teilnahme bestätigt

Konstantin Kalatschow, Leiter der unabhängigen Stiftung Politische Expertengruppe, glaubt, die Aussage des Präsidenten sei für das heimische Publikum bestimmt gewesen. „Das Konzept ‚Russland ist umzingelt von Feinden' braucht nicht nur Bekräftigung, sondern auch konkrete Beispiele, die sich in einer noch engeren Bindung der Bevölkerung an ihr Oberhaupt auswirken", glaubt der Experte und erläutert: „Zu sagen, dass jemand uns

die Grundlage unseres Nationalstolzes, den Sieg im Zweiten Weltkrieg, rauben wolle, löst eine automatische Mobilisierung der gesellschaftlichen Meinung gegen die, die das angeblich tun, aus."

Am Dienstag wurde ebenfalls bekannt, dass an der Feier zum Tag des Sieges in Moskau Staats- und Regierungschefs aus 26 Ländern teilnehmen werden. Das berichtete der Außenminister der Russischen Föderation Sergej Lawrow. Zu den bestätigten Teilnehmern zählen China, Indien, Vietnam, die Mongolei, Kuba, Nordkorea und Südafrika. „Auch die politische Führung Bosnien und Herzegowinas, einschließlich des Präsidenten der Republik Srpska, und die Staats- und Regierungschefs Islands, Mazedoniens, Montenegros, Serbiens und Norwegens haben in der einen oder anderen Form ihre Teilnahme bestätigt", so Lawrow.

Gegen eine Teilnahme sprachen sich bisher die Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs, der USA, Großbritanniens, Polens, Litauens, Lettlands und Estlands aus.

 

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