Einigung mit dem Iran: Wirtschaftliche Chance für Russland?

Russland und Iran bleiben Freunde, werden aber keine engen Verbündeten, meinen Experten. Foto: AP

Russland und Iran bleiben Freunde, werden aber keine engen Verbündeten, meinen Experten. Foto: AP

Erfolgsmeldung aus Lausanne: Im jahrelangen Streit um das iranische Atomprogramm wurden die Eckpunkte eines Abkommens festgelegt. Unter anderem sollen nun die Sanktionen gegen den Iran schrittweise aufgehoben werden. Russische Experten rechnen jedoch nicht damit, dass daraus ein russisch-iranisches Bündnis erwächst.

Positive Nachrichten vermeldete das russische Außenministerium: Bei den Gesprächen der 3+3-Gruppe mit dem Iran zum iranischen Atomprogramm im schweizerischen Lausanne konnte „eine politische Rahmenvereinbarung zur endgültigen Regelung der Situation um das iranische Atomprogramm" erzielt werden. Alle daraus folgenden Aufgaben würden nun, wie es der russische Außenminister Sergej Lawrow vorgeschlagen hat, schrittweise gemeinsam abgearbeitet. Russland geht davon aus, dass der Iran zukünftig auch einen größeren Beitrag zur Lösung regionaler Probleme und Konflikte leisten könne.

Die Zukunft der russisch-iranischen Beziehungen nach der Einigung zum iranischen Atomprogramm, deren Bestandteil auch die Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran ist, bewerten russische Experten sehr unterschiedlich. Alexandr Kusnezow vom Institut für Prognose und Regelung von politischen Konflikten glaubt, dass Russland den Erfolg der Gespräche nicht für sich nutzen könne: „Der positive Ausgang der Verhandlungen wird sich nicht auf das internationale Image der Russischen Föderation auswirken. Russland war zwar Teil der Verhandlungsrunde, aber im vergangenen Jahr verhandelte der Iran vor allem mit den USA. Russland hatte andere Probleme zu lösen."

Jedoch gebe es keinen Anlass zu befürchten, dass der Iran und die USA in Zukunft enge Freunde werden. Kusnezow: „Obama wollte eine Deeskalation. Doch insgesamt stehen die USA der iranischen Politik weiter zurückhaltend gegenüber." Und auch, was die Konflikte im Nahen Osten angehe, herrsche Uneinigkeit zwischen den beiden Staaten: „Die USA weigerten sich, die iranischen Bemühungen im Kampf gegen den IS zu unterstützen. In Syrien verstärkt sich erneut der Kampf zwischen dem Assad-Regime und der durch den Westen unterstützten bewaffneten Opposition. Washington unterstützt zudem Saudi-Arabien im Jemen", so Kusnezow.

 

Russland hat es versäumt, im Iran Fuß zu fassen

Die russisch-iranischen Beziehungen werden sich seiner Meinung nach nicht wesentlich verändern: „Politische Interaktion zwischen Russland und dem Iran gab es auch vorher schon. Regelmäßig reisen hohe iranische Beamte nach Moskau. Die Russische Föderation unterstützt den Kampf gegen den IS. Iran und Russland kooperieren bei der Unterstützung von Assad in Syrien." Viel mehr erwartet Kusnezow auch weiterhin nicht: „Es wäre zu früh, von einer strategischen Partnerschaft zu sprechen."

Zudem hege der Iran noch einen Groll gegen Russland: „Der Iran will der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit SOZ beitreten. Russland unterstützt ihn dabei jedoch kaum, denn Kasachstan und China sind dagegen", sagt Kusnezow. Russland habe es zudem versäumt, während der Sanktionen im Iran Fuß zu fassen. „Nun wird es aufgrund der Konkurrenz mit der EU und China nur noch wenige Möglichkeiten dafür geben. Wir werden nur in einigen Bereichen gebraucht, etwa wenn es um die friedliche Nutzung der Atomenergie geht oder um den Bau von Eisenbahnstrecken und den Ausbau der Energiewirtschaft." Gewinner der Einigung wird nach Kusnezows Meinung vor allem die EU sein.

Nach der Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran wird Russland mit den Ländern des Westens im Iran konkurrieren müssen, meint auch Fjodor Lukjanow, Vorsitzender des Rates für Außen- und Verteidigungspolitik. Alexej Arbatow, führender Experte des Instituts für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen, ist der gleichen Ansicht. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit könnte ausgeweitet werden, vor allem im Bereich von

Waffenlieferungen. Aber in anderen Bereichen werde sich der Iran immer auch an Japan oder die USA wenden können.

Optimistischer ist Wladimir Jewsejew, Leiter der Kaukasus-Abteilung des GUS-Länder-Instituts, eingestellt. Er glaubt, dass sich nach der Einigung für Russland ein neues Fenster der Möglichkeiten in den Beziehungen mit Teheran öffne, denn er geht davon aus, dass die Sanktionen gegen das Land nicht so schnell aufgehoben werden. „Im Herbst kann der Bau eines weiteren Energieblocks in Buschehr beginnen. Es gibt einen Vorschlag seitens des Irans zur Erweiterung der militärischen Kooperation. Lieferungen von Technik für die See- und Luftstreitkräfte und eine Modernisierung des Flugabwehrsystems sind möglich. Es werden gemeinsame Übungen abgehalten und die Streitkräfte trainiert", zählt Jewsejew zahlreiche Kooperationsprojekte zwischen Russland und dem Iran auf.

 

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