Lawrows Brüssel-Mission: Wiederannäherung in Sicht?

In Brüssel traf Sergej Lawrow den Nato-Generalsekretär erstmals seit Jahresbeginn. Foto: EPA

In Brüssel traf Sergej Lawrow den Nato-Generalsekretär erstmals seit Jahresbeginn. Foto: EPA

Russlands Außenminister Sergej Lawrow reiste Anfang der Woche zu Gesprächen mit EU und Nato nach Brüssel. Ein zentrales Thema war erneut die Ukraine-Krise. Konkrete Ergebnisse gab es nicht, doch zumindest bestehe auf allen Seiten der Wunsch nach einer Wiederannäherung, meinen russische Experten.

Am Montag und Dienstag besuchte Russlands Außenminister Sergej Lawrow Brüssel, um an einer Sitzung des EU-Außenministerrates teilzunehmen. Er traf sich auch mit Europarat-Generalsekretär Thorbjørn Jagland und der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. Zudem gab es ein Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Den Stand der Beziehungen zwischen Russland und der EU bezeichnete Lawrow nach den Treffen als „bedrückend". Die EU habe alle Kommunikationskanäle und Kooperationsmechanismen blockiert, sagte Lawrow. Dennoch gebe es „bestimmte Fortschritte", wie etwa bei Verhandlungen über eine Freihandelszone zwischen der EU und der Ukraine, an denen auch Russland teilnehme. Lawrow äußerte sich zudem positiv über die Tätigkeit des Europarats.

Bei seinem Auftritt im Außenministerrat bestätigte er, dass Moskau sich der Schaffung eines gemeinsamen Raums in den Bereichen Wirtschaft, Sicherheit und Humanitäres "vom atlantischen bis zum pazifischen Ozean" verpflichtet fühle. Für Lawrow stehe fest, dass auch die fehlende Bereitschaft des Westens, einen eigenen Beitrag zu leisten, zur Krise in der Ukraine und der Entstehung neuer Trennlinien zwischen den westlichen Ländern und Russland beigetragen habe. Um die Ukraine-Krise zu regeln, müsse Kiew bereit sein, direkt mit den Aufständischen im Südosten zu verhandeln und sich reformbereit zeigen, betonte der russische Außenminister.

Russische Beobachter sind der Ansicht, dass die Ukraine-Krise das zentrale Thema während Lawrows Besuch in Brüssel war. Sie sehen die Reise in Zusammenhang mit den vorangegangenen Besuchen von US-Außenminister John Kerry und seiner Stellvertreterin Victoria Nuland in Russland. Diese könnten eine Änderung in der Haltung Washingtons zur Ukraine andeuten, meinen die Beobachter.

 

Schwierige Gespräche

Maxim Bratewskij vom Zentrum für Europaforschung an der Higher School of Economics sagt, dass der Dialog nun "nach einem Jahr mit scharfen Äußerungen" von Seiten Russlands und des Westens wieder aufgenommen würde. Lawrow verfolge nun die Taktik, die Europäer davon zu überzeugen, eine aktivere Position bei der Implementierung des Minsker Abkommens einzunehmen. Europa solle Druck auf Kiew ausüben und Fortschritte bei der Verfassungsreform in der Ukraine einfordern. Zudem habe Lawrow in Brüssel versucht, die russisch-europäischen Beziehungen zu verbessern, um so unter Umständen eine Aufhebung der Sanktionen zu erreichen.

Es gibt keine Informationen darüber, ob Lawrows Brüssel-Mission erfolgreich war. Der Außenminister erklärte, er habe mit dem Generalsekretär des Europarats die Rolle der EU bei der Lösung der Ukraine-Krise diskutiert. Über seine Begegnung mit Federica Mogherini veröffentlichte das russische Außenministerium lediglich eine kurze Mitteilung. Nato-Generalsekretär Stoltenberg rief Russland nach dem Treffen mit Lawrow noch einmal auf, die Unterstützung der Aufständischen im ukrainischen Südosten zu unterlassen

und betonte, die Nato halte die militärischen Kommunikationskanäle weiter offen.

Experten vermuten, dass die Zurückhaltung bei der Veröffentlichung von offiziellen Meldungen zu Lawrows Besuch ein Zeichen sein könnte, dass die Gespräche schwierig gewesen seien. Zu unterschiedlich seien die Lösungsansätze für die Ukraine-Krise. Der kremlnahe Politologe Sergej Markow meint, Ziel des Besuchs von Lawrow sei gewesen, eine Annäherung der Positionen zu erreichen. Nun trete man in eine Phase der „intensiven Diplomatie". Vor allem die USA würden ihre Position allmählich anpassen. In Washington setze man demzufolge nicht mehr auf eine militärische Lösung des Konflikts im Donezbecken. Erstmals sei auch bei den USA die Rede davon, auf eine Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zu drängen, um den Konflikt auf der politischen Ebene zu regeln. Aus dieser sich veränderten Haltung der USA folge laut Markow für alle Beteiligten die Notwendigkeit, die eigenen Positionen zu überdenken, etwa zum Thema Wahlen in den selbsternannten Volksrepubliken. Diese zentrale Frage habe Lawrow in Brüssel sicherlich ebenfalls diskutiert, glaubt Markow.

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