Ukraine-Krise: OSZE verurteilt Russland

Foto: OSZE

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In Helsinki hat die Parlamentarische Versammlung der OSZE Russland mit deutlichen Worten für eine „militärische Aggression“ in der Ukraine verurteilt und die Umsetzung des Minsker Abkommens gefordert. Die russische Delegation blieb der Versammlung fern.

Am Mittwoch verabschiedete die Parlamentarische Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) auf ihrer Jahrestagung in Helsinki eine Resolution, in der die Russische Föderation für eine „militärische Aggression gegen die Ukraine“ verurteilt wird. Russische Politiker und Experten bezeichnen die Wortwahl der OSZE als „drastisch“.

In dem Dokument fordert die OSZE Russland auf, die „Lieferung und den Fluss von schweren Waffen, Munition, Einheiten der russischen Streitkräfte und Söldner über die russische Grenze im Osten der Ukraine zu stoppen“. Allerdings hat die OSZE eine Anwesenheit russischer Streitkräfte in der Ostukraine selbst nie bestätigt.

Weiterhin solle Russland die „Bereitstellung von militärischen, finanziellen oder logistischen Hilfen für illegale bewaffnete Gruppen in den ukrainischen Regionen Donezk und Lugansk“ unterlassen. In dem Dokument ist auch von einer „widerrechtlichen Besetzung der Krim“ die Rede sowie von einer Zunahme von Menschenrechtsverletzungen auf der Halbinsel. In der Resolution wird zudem auf die Notwendigkeit von Reformen in der Ukraine hingewiesen.  

 

Russische Delegierte boykottierten Versammlung

Als Reaktion auf ein Einreiseverbot für den Vorsitzenden der russischen Staatsduma, Sergej Naryschkin, und weitere Abgeordnete durch die finnischen Behörden boykottierte die russische Delegation die Teilnahme an der OSZE-Jahrestagung. Die Einreise war am 1. Juli mit Verweis auf die Sanktionsliste der EU verweigert worden. So konnte Russland keinen Einfluss auf die Endfassung der Resolution nehmen, die von ukrainischen und kanadischen Delegierten ausgearbeitet wurde.

Der Staatsduma-Abgeordnete Nikolai Kowaljow erklärte, Moskau werde die Beschlüsse dieser Versammlung als „illegitim“ werten: „Genauso werden wir diese Resolution auffassen. Sie ist juristisch bedeutungslos“, sagte Kowaljow. Für die Resolution stimmten 96 Teilnehmer der Sitzung, es gab sieben Gegenstimmen und 32 Enthaltungen. Die Delegierten aus Frankreich, der Schweiz, Italien und Armenien verweigerten die Stimmabgabe, weil Russland nicht vertreten war.  

Sergej Lawrow, der russische Außenminister, kritisierte die Resolution scharf: „Die Parlamentarische Versammlung der OSZE hat sich dazu hinreißen lassen, sich mit Propagandaspielchen anstelle von Sachfragen zu beschäftigen“, sagte er. Alexej Puschkow,  Vorsitzender der Staatsduma-Kommission für internationale Fragen, der die Parlamentarische Versammlung der OSZE als konstruktive Plattform für den Dialog Russlands mit dem Westen bezeichnet, äußerte sich im „Kommersant“ enttäuscht: „Was sollen wir dazu sagen? Wir haben gar nicht teilgenommen.“ 

Leonid Sluzkij, Vorsitzender der Staatsduma-Kommission für die Beziehungen zu den GUS-Staaten, Eurasische Integration und Verbindungen zu Landsleuten, hält die Parlamentarische Versammlung auch weiterhin für ein bedeutendes Forum des Dialogs, es sei noch immer „die konstruktivste Plattform“. Er geht davon aus, dass es weitere Diskussionen geben wird. „Die drastische Rhetorik der Resolution war in Anbetracht der Abwesenheit der russischen Delegierten absolut zu erwarten“, meint Sluzkij.

 

Nur Worte, keine Konsequenzen

Russische Politikexperten zeigen sich davon ebenfalls nicht überrascht. „Die Resolution wurde von der Ukraine und Kanada vorbereitet. Die Position der Ukraine ist verständlich, und was Kanada angeht, ist es so, dass die momentane Regierung sich sehr stark von den Stimmen der Ukraino-Kanadier leiten lässt“, sagt Wjatscheslaw Igrunow, Direktor des Internationalen Instituts für humanitär-politische Forschung. „In diesem Herbst finden in Kanada Parlamentswahlen statt und um sich die Wählerstimmen zu sichern, nehmen in letzter Zeit alle eine recht radikale Position in Bezug auf Russland ein“, erklärt Igrunow. Aber selbst wenn Russland an der Diskussion teilgenommen hätte, wäre es wohl bei den harschen Worten geblieben, glaubt er.

„Denn die USA und deren Satelliten verfügen über die Mehrheit der Stimmen in der Parlamentarischen Versammlung der OSZE“, begründet Timofej Bordatschow, Direktor des Zentrums für komplexe europäische und internationale Forschung der Wirtschaftshochschule. „Neben den 28 Ländern der Europäischen Union sind auch die Türkei, Norwegen, Kanada, die USA und Aserbaidschan, das aus verständlichen Gründen immer Resolutionen unterstützt, die die territoriale Integrität verteidigen, sowie noch andere Staaten vertreten“, erklärt Bordatschow. Damit sei auf die fehlende Bereitschaft Russlands reagiert worden, auf die „in letzter Zeit gestellten ultimativen Forderungen“ einzugehen, meint er.

Die Resolution des Parlaments als radikal zu bezeichnen, weil man sie mit früheren Erklärungen der verschiedenen OSZE-Gremien vergleiche, sei allerdings auch nicht richtig, bemerkt der Generaldirektor des russischen Rats für auswärtige Angelegenheiten, Andrej Kortunow. OSZE-Beobachter hatten die Anwesenheit russischer Streitkräfte in der Ukraine zuvor nicht offiziell bestätigt. Der OSZE-Generalsekretär Lamberto Zannier sagte zum Beispiel, er persönlich habe diese „nie gesehen“. „Zwischen den einzelnen OSZE-Gremien muss man differenzieren. Die Parlamentarische Versammlung hat schon immer etwas drastischere Positionen als andere Gremien der Organisation vertreten“, erklärt Kortunow.

Er wertet die Resolution mehr als politisches Signal in Richtung Moskau und derjenigen, die in Kiew und innerhalb der Europäischen Union eine andere Auffassung als die Parlamentarische Versammlung der OSZE vertreten „Die US-Amerikaner können nun wieder eine Flagge schwenken. Weitere Folgen für Russland wird diese Resolution aber nicht haben“, resümiert Bordatschow.

Die Parlamentarische Versammlung könne keine mit Sanktionen verbundenen Beschlüsse fassen, betont auch Wjatscheslaw Igrunow. Er glaubt, dass die russlandkritische Resolution keine praktischen Konsequenzen in Form von staatlichen Interventionen nach sich ziehen werde: „Es ist lediglich damit zu rechnen, dass der Ton der russlandfeindlichen Propaganda sich für eine Weile verschärfen wird.“

 

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