Maria Sacharowa: Die neue Stimme des russischen Außenministeriums

Neue Außenamtssprecherin Maria Sacharowa.

Neue Außenamtssprecherin Maria Sacharowa.

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Maria Sacharowa ist die neue Leiterin der Abteilung für Information und Presse des Außenministeriums der Russischen Föderation. Sacharowa überzeugt durch klare und offene Worte. Sie hat die russische Diplomatie erfolgreich in die sozialen Netzwerke gebracht.

Mit Maria Sacharowa ist erstmals eine Frau das offizielle Gesicht des russischen Außenministeriums. Vor wenigen Wochen wurde sie zur Leiterin der Abteilung für Information und Presse des Ministeriums ernannt und löste damit Aleksandr Lukaschewitsch ab, der zum dauerhaften Vertreter der Russischen Föderation in der OSZE berufen wurde.

Sacharowa war zuvor bereits Stellvertreterin des Presseamts des Außenministeriums und PR-Beraterin von Außenminister Sergej Lawrow. Sie begleitete ihn auf seinen Reisen und ließ regelmäßig Fotos des Ministers in informellen Situationen im Internet veröffentlichen. So verlieh sie dem Amt des Außenministers, das sonst strengen protokollarischen Regeln folgt, eine menschliche Note.  

Die Sprache des Publikums sprechen

Sie initiierte zudem den Social-Media-Auftritt des russischen Außenministeriums, das seit Februar 2013 in den sozialen Netzwerken vertreten ist. Sacharowa erzählt gerne, wie die Internetseite des Außenministeriums durch einen Hackerangriff lahmgelegt wurde und so Facebook das wichtigste Fenster zur Außenwelt wurde.

Sacharowa versprach, dass nach ihrer Beförderung die Aktivitäten in den sozialen Netzwerken fortgesetzt würden. „Dort wird eine eigene Sprache gesprochen, Umgangssprache“, so die Kommunikationsexpertin zur Nachrichtenagentur Tass. Die Sprache der Diplomatie sei jedoch eine gehemmte und „schwierige Sprache“, die für soziale Netzwerke ungeeignet sei: „Wir haben verstanden, dass das Publikum etwas anderes erwartet. Ich denke, dass (unsere Aktivitäten in den sozialen Netzwerken) bestehen bleiben, weil sie gebraucht werden und gefragt sind“, erklärt Sacharowa. 

Gleichzeitig will sie selbst im sozialen Netz nicht als Sprecherin des Außenministeriums wahrgenommen werden. Am vergangenen Samstag bat sie auf ihrer Facebook-Seite Journalisten, ihre Äußerungen in sozialen Netzwerken lediglich als Kommentare zu betrachten, nicht aber als offizielle Erklärungen des Außenministeriums der Russischen Föderation.  

Ein gern gesehener Gast in den Medien

Im Laufe des vergangenen Jahres war Sacharowa ein häufiger Gast in Fernsehen und Radio. Sie selbst bringt das mit der Ukraine-Krise und der Verschlechterung der Beziehungen zwischen Russland und dem Westen in Verbindung: „Die Außenpolitik kam mit der Krise in der Ukraine in jeden Haushalt. Sie ging mitten durch unser Leben. Keine andere Krise war für uns derart schmerzhaft. Wir und die Ukraine sind ein Organismus. Die Hälfte meiner eigenen Familie hat ukrainische Familiennamen, meine Kindheit wurde von ukrainischen Liedern meines Großvaters begleitet“, sagte sie in einem Interview der Zeitung „Komsomolskaja Prawda“. 

Der Journalist Jurij Panijew, Leiter des Ressorts Außenpolitik bei der „Nesawisimaja Gaseta“, kennt Maria Sacharowa gut: „Sie zeichnet ein unglaublicher Arbeitseifer und ein  respektvoller Umgang mit Journalisten aus. Als sie den Pressedienst der ständigen Vertretung der Russische Föderation bei den Vereinten Nationen geleitet hat, schien es, als ob der Begriff Schlaf gar nicht für sie existierte. Während der sogenannten Ministerwoche, wenn sich die Staatschefs und Außenminister versammeln, hat Maria fast rund um die Uhr nicht nur Witalij Tschurkin (Russlands UN-Botschafter, Anm. d. Red.) unterstützt, sondern auch bereitwillig auf die Anfragen der Journalisten geantwortet, die über die Arbeit der Generalversammlung der Vereinten Nationen berichtet haben“, erzählt er.  

Der Politologe Dmitrij Babitsch bemerkt, dass „die Ernennung von Sacharowa symbolisch ist. In den letzten eineinhalb Jahren war Russland ständig Angriffen ausgesetzt, man muss darauf antworten, und zwar hart, aber so, dass die russische Position verständlich wird. Sacharowa ist ein Symbol der neuen Taktik des Außenministeriums, ein Symbol des neuen Stils. Um dem Publikum die Essenz der russischen Außenpolitik näherzubringen, braucht man eine neue und interessante Persönlichkeit“, so Babitsch, der auch regelmäßig Beiträge für das  Magazin „Meschdunarodnaja Schisn“ verfasst, einer Fachzeitschrift für russische Diplomaten.

Ein Chat mit der Außenamtssprecherin

Vom frischen Wind in Russlands Außenministerium hat auch RBTH schon profitiert. Presseanfragen erforderten noch vor fünf Jahren eine offizielle Anfrage und es dauerte oft mehrere Tage, bis eine Antwort kam. Es ist auch heute nicht leicht, einen Interviewtermin zu bekommen. Bei Maria Sacharowa liegt das aber vor allem daran, dass sie sehr beschäftigt ist. Denn sie ließ es sich beispielsweise nicht nehmen, uns per Chat auf Facebook rasch ein paar kurze Fragen zu beantworten.

RBTH: Was macht Ihnen am meisten Angst bei Ihrer Arbeit?

Maria Sacharowa: Der Zeitmangel.

Wie stehen Sie dazu, dass einige Medien Sie als „neues Gesicht“ der russischen Außenpolitik positionieren, Sie als Vervollständigung zu Sergej Lawrow darstellen, weniger formell, doch dafür kämpferischer?

Sich solche großen und ausgeschmückten Vergleiche und Bilder auszudenken, vor allem wenn es um Neulinge geht, ist eine der Aufgaben der Medien. Deshalb habe ich dafür Verständnis. Wichtig ist, dass die Metaphern den Kern des Journalismus nicht ersetzen: die Objektivität.

Mit welchen Russland-Stereotypen muss in den Medien aufgeräumt werden? 

Meiner Meinung nach haben Journalisten prinzipiell kein Recht mit Stereotypen zu arbeiten, denn sonst sind sie keine Journalisten, sondern Propagandisten.

Werden Sie weiterhin Sport treiben? Haben Sie einen Lieblingssport?

Ja, das werde ich. Ich mag Rollschuhlaufen, Fahrrad fahren, Schwimmen und Sportschießen.

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