Luxemburgs Premier: „Terrorbekämpfung ist eine gemeinsame Aufgabe“

Am 6. Oktober traf sich Wladimir Putin mit Xavier Bettel in seiner Residenz in Sotschi.

Am 6. Oktober traf sich Wladimir Putin mit Xavier Bettel in seiner Residenz in Sotschi.

Reuters
Alleingänge führten zu nichts, es bedürfe einer koordinierten und einheitlichen Strategie in Syrien, sagt Xavier Bettel, Premierminister von Luxemburg, das derzeit den Vorsitz im Rat der Europäischen Union innehat. Könnte die Syrien-Krise das Verhältnis der EU zu Russland verändern?

Am Dienstag hielt sich der Premierminister des Großherzogtums Luxemburg, Xavier Bettel, in Sotschi auf, wo er sich zu einem Gespräch mit dem Präsidenten der Russischen Föderation Wladimir Putin traf. Luxemburg hat im laufenden Halbjahr die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union inne. In einem Interview erzählte der Premierminister dem „Kommersant“, wie in der Europäischen Union die Chancen für eine Lockerung der Sanktionen gesehen werden und warum er gegen den Militäreinsatz der Russischen Föderation in Syrien aufgetreten ist.

„Kommersant“: Warum haben Sie die vereinzelten Militäreinsätze vonseiten Frankreichs und Russlands kritisiert?

Xavier Bettel: Ich bin gegen die Bildung einzelner Blöcke eingetreten, die  ihr Vorgehen untereinander nicht koordinieren. Unsere gemeinsame Aufgabe besteht letztendlich darin, den Terrorismus zu bekämpfen. Stattdessen sprechen die einen davon, dass man Baschar al-Assad loswerden muss, die anderen sagen, dass man sich derjenigen entledigen muss, die Assad bekämpfen … Unter diesen Umständen erschwert jeder Alleingang das Finden einer einmütigen und koordinierten Lösung. Eine einheitliche Strategie können wir nur am Verhandlungstisch erzielen.

Wie könnte eine internationale Koalition aussehen, wenn Moskau zweifelsohne mit einer Beteiligung der syrischen Regierung an dieser Koalition rechnet?

Unter den gegenwärtigen Bedingungen darf nichts ausgeschlossen werden: Es müssen Verhandlungen mit allen Seiten geführt werden, um eine schnelle Lösung zu finden. Meiner Meinung nach geht lediglich eines nicht: Gespräche mit Terroristen.

Das heißt, dass Gespräche mit Baschar al-Assad möglich sind?

Gespräche mit Russland sind ein Teil der Lösung des Problems, Baschar al-Assad ist selbst ein Teil des Problems. Gerade deshalb müssen wir mittelfristig eine Lösung finden, einen Zeitplan für Wahlen abstimmen und die Macht übergeben, sodass sich in Syrien eine freie und starke Demokratie entwickeln kann. Soll doch das syrische Volk selbst darüber entscheiden, wen es an der Spitze des Staates sehen möchte. Aber es ist unerlässlich, dass diese Entscheidung im Rahmen demokratischer Wahlen getroffen wird. Um jedoch Wahlen durchzuführen, muss zunächst einmal Frieden herrschen, gegenwärtig ist Syrien jedoch ein vom Krieg erschüttertes Land.

Das heißt also, mit Baschar al-Assad können Gespräche geführt werden?

Die dürfen lediglich mit Terroristen nicht geführt werden.  

Ist zu erwarten, dass vor dem Hintergrund des Kampfes gegen den gemeinsamen Feind im Nahen Osten und bei einer Stabilisierung der Situation in der Ostukraine die EU die Sanktionen gegenüber Russland revidieren wird?

Ich möchte das Problem in der Ukraine nicht an das Problem in Syrien koppeln – das sind zwei vollkommen verschiedene Situationen. In Syrien haben wir einen gemeinsamen Feind. In der Ukraine kann man von dem Versuch einer Stabilisierung auf Grundlage des Minsker Abkommens sprechen. Aber wir dürfen nicht erwarten, dass die Ukraine kein Problem mehr darstellen wird, sobald wir uns zu Syrien einigen. Das wäre ein Fehler, und die Gespräche werden nicht zu diesem Zweck geführt.

Planen Sie im Anschluss Ihrer Russland-Visite einen Besuch in Kiew?

Ja, ich werde in zwei Wochen dorthin fahren, da ich mir auch die Meinung Petro Poroschenkos anhören möchte.

Wird Luxemburg gegen eine Verlängerung der Sanktionen gegenüber Russland eintreten, wenn der Status quo in der Ostukraine aufrechterhalten werden sollte?

Gegenwärtig ist dort eine Waffenruhe zu beobachten, dem Minsker Abkommen entsprechend. Wenn die Situation sich in diese Richtung weiterentwickeln sollte, werde ich einer von denen sein, die sagen: „Lasst uns nicht über neue Sanktionen nachdenken, sondern über die Aufhebung der alten diskutieren“. Aber im Oktober ist es noch zu früh, darüber zu sprechen, wir sollten bis zum Jahresende abwarten. Zumal die Situation äußerst fragil ist.



Die vollständige Fassung des Interviews finden Sie hier.

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