Kiew und Moskau wollen Friedenstruppen im Donbass

16. April 2016: Alexander Hug, Stellvertretender Leiter der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine (links), und ein Mitglied der Joint Center for Control and Coordination (JCCC) Mission, zeigen auf eine kürzlich installierte Überwachungskamera der OSZE in der Ostukraine.

16. April 2016: Alexander Hug, Stellvertretender Leiter der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine (links), und ein Mitglied der Joint Center for Control and Coordination (JCCC) Mission, zeigen auf eine kürzlich installierte Überwachungskamera der OSZE in der Ostukraine.

AP
Die Idee, bewaffnete Friedenstruppen im Donbass einzusetzen, gewinnt zunehmend an Popularität. Sowohl der ukrainische Präsident Petro Poroschenko als auch sein russischer Amtskollege Wladimir Putin glauben, so sei die Ukraine-Krise zu beenden. Wie genau eine solche Mission aussehen könnte und welche Ziele sie verfolgen sollte, ist allerdings höchst umstritten.

In einem Interview mit ukrainischen Fernsehsendern sprach sich der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am vergangenen Sonntag erneut für die Stationierung ausländischer Friedenstruppen im Donbass aus. Es sei sinnvoll, eine OSZE-Polizeimission in den Osten des Landes zu entsenden.

Die Mission könnte eine effektive Kontrolle in allen relevanten Bereichen ermöglichen. Auch wenn die Kämpfe im Donbass nicht mehr so intensiv geführt werden wie noch zuvor, so kam es in den vergangenen Monaten immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, bei denen Menschen starben. Die Konfliktparteien schieben sich dabei gegenseitig die Verantwortung für das Aufflammen der Gewalt zu. Die OSZE-Mission solle dabei helfen, die Verantwortung für Verletzungen des Waffenstillstandes klar zu benennen, so Poroschenko. Zudem könne die Mission bewaffnete Posten in jenen Gebieten einrichten, in denen auch weiterhin schweres Geschütz zum Einsatz komme. Auch Gebiete entlang der ukrainisch-russischen Grenze, die Kiew zurzeit nicht unter Kontrolle habe, könnten so kontrolliert werden. Die ukrainische Politik und der Westen werfen Russland vor, die Rebellen in diesen Gebieten zu unterstützen. 

Eine Stabilisierung solle aber nicht die einzige Aufgabe der Mission bleiben. Die OSZE könne sich auch um eine politische Lösung bemühen. Auf den Schultern der Organisation laste die Verantwortung für die Durchführung von Wahlen im Donbass, die laut Poroschenko „frei und fair“ sein müssten. Außerdem solle dafür gesorgt werden, dass die „politische Macht an die neuen Vertreter des ukrainischen Donbass“ übergeben werde.

Unterstützt Russland Poroschenkos Plan?

Poroschenko teilte mit, dass seine Idee von den USA und den Partnern der Ukraine im Normandie-Format unterstützt werde. Dies würde auch Russland mit einschließen.

In der Tat sprach sich Wladimir Putin am 14. April für Poroschenkos Vorschlag einer bewaffneten OSZE-Präsenz im Donbass aus. Später erklärte sein Pressesprecher Dmitri Peskow, dass eine OSZE-Präsenz im Donbass zunächst mit den Mitgliedsstaaten der Organisation abgestimmt werden müsse. Dabei solle auch ein „direkter Dialog“ mit Donezk und Lugansk geführt werden, stets unter Berücksichtigung der Interessen der abtrünnigen Republiken.

Diese Bedingungen werden für Kiew kaum zu akzeptieren sein. Ein offener Dialog mit den aufständischen Regionen lehnte die ukrainische Regierung von Anfang an ab. Zudem ist dies nicht der einzige Aspekt, bei dem die Erwartungen Moskaus und Kiews bezüglich bewaffneter OSZE-Vertreter im Osten der Ukraine auseinandergehen. Laut Wladimir Muchin, Militärexperte und Kolumnist der Zeitung „Nesawisimaja Gaseta“, würden Putin und Poroschenko von verschiedenen Ansätzen sprechen. Der russische Präsident wolle eine Bewaffnung der bereits im Land befindlichen OSZE-Beobachter, um ihnen besseren Schutz gegen die sich häufenden Angriffe auf die Mission zu gewähren. Der ukrainische Präsident wiederum wolle den Frieden erzwingen und so die Regierungen der Republiken Donezk und Lugansk austauschen.

Poroschenkos Plan bleibt ungenau

Poroschenko habe in dieser Frage keine klare Linie, glaubt Alexei Arbatow, Mitglied des Wissenschaftlichen Rates des Moskauer Carnegie-Zentrums. Er hätte vielmehr einen „absolut unklaren Plan“ vorgeschlagen. Laut dem Experten sei nicht ersichtlich, was Poroschenko genau meine: Wolle er mit Waffen ausgestattete OSZE-Beobachter, die sich vor den „Banditen wehren können“, oder Streitkräfte mit schweren Waffen, die zum Schlichten eines möglichen Konflikts benötigt würden?

Arbatow selbst schlug in einem jüngst erschienenen Artikel einen Plan für den Einsatz von Friedenstruppen im Donbass vor. Wie er gegenüber RBTH mitteilte, seien diese Vorschläge eine Weiterentwicklung der Pläne Putins. Der Experte glaubt, dass eine umfassende Friedensmission inklusive eines UN-Mandats benötigt werde. Die Friedenstruppen sollten gut bewaffnet sein und über gepanzerte Fahrzeuge, Artillerie und Hubschrauber verfügen. Sie müssten an der Entflechtungslinie und nicht im gesamten Donbass stationiert werden, wie es bei einer Polizeimission der Fall sei. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg eines solchen Plans sei zudem die Beteiligung von russischen Soldaten, so der Experte. Zu dieser Möglichkeit äußerte sich Poroschenko bislang nicht. Ohne den Einsatz russischer Truppen würde die Bevölkerung der abtrünnigen Republiken die Friedenstruppen nicht akzeptieren, weil sie Vertretern andere Ländern kaum trauten.

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