Europäisches Parlament stellt sich gegen russische Medien in Europa

Der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz verlässt eine Pressekonferenz in Brüssel.

Der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz verlässt eine Pressekonferenz in Brüssel.

Reuters
Das Europäische Parlament äußert sich in einer Resolution negativ über die vom Kreml betriebene Informationspolitik und schlägt Gegenmaßnahmen vor. Russland betreibe „feindliche Propaganda“ und wolle Europa spalten, heißt es. In Russland diskutiert man nun die Möglichkeiten einer eigenen Reaktion. Insgesamt wurde die Resolution allerdings nur von einer Minderheit der Abgeordneten befürwortet.

Das Europäische Parlament stellt sich gegen die russische Regierung und den Einfluss russischer Medien im Westen. Es verabschiedete eine entsprechende Resolution. Laut dieser betreiben russische Medien „feindliche Propaganda“ in den EU-Mitgliedsstaaten. Diese Propaganda vergleicht man mit der des in Russland verbotenen IS. Es wird behauptet, dass Russland die Geschichte verfälsche, oppositionelle Kräfte finanziere und auf diese Weise die EU spalten wolle. Außerdem nutze Moskau die bilateralen internationalen Beziehungen nur für Propagandazwecke und nicht für einen fairen Dialog.  

In den Werkzeugkasten der “russischen Aggression” gehörten nicht nur die angeblich gefährlichsten russischen Medien wie „RT“ oder „Sputnik“, sondern auch der Fonds „Russische Welt“ („Russki mir“), die dem russischen Außenministerium unterstellte Agentur „Rossotrudnichestvo“ und die russische orthodoxe Kirche.

Die Resolution wurde allerdings lediglich von einer relativen Mehrheit der Abgeordneten unterstützt: 304 stimmten dafür, 179 dagegen. Eine große Gruppe aus 208 Parlamentariern enthielt sich der Abstimmung.

Russisches Außenministerium nennt Resolution einen „Dreckzettel“

Als Gegenmaßnahmen wurde vor allem eine intensivere Zusammenarbeit zwischen der EU und der Nato vorgeschlagen. Zudem wolle man „die Informationskompetenz” der Europäer vergrößern, also mehr über die „Verbrechen des Kommunismus“ berichten. Eine weitere Maßnahme sieht den Ausbau der Berichterstattung vor, und zwar besonders in jenen Regionen, in denen die für Propaganda anfälligsten Gruppen wohnten. Zu diesen zählten vor allem jene, die Russisch, Arabisch, Farsi, Türkisch, Urdu und andere Minderheitssprachen in der EU sprächen. Warum genau diese Gruppen besonders anfällig sein sollen wird in der Resolution nicht erklärt.

Die Verfasserin der Resolution ist Anna Fotyga, Abgeordnete aus Polen und Vizevorsitzende der Partei Allianz der Konservativen und Reformer (AKRE), drittgrößte Fraktion im Europäischen Parlament. Die Resolution wurde von einer Mehrheit der linken und ultrarechten Abgeordneten abgelehnt, die für eine Zusammenarbeit mit Russland plädieren.   

“Es ist absurd, dass wir derzeit Russland und den IS gleichstellen. Wir verlieren das Gefühl für die Realität und unseren Gemeinschaftssinn”, sagte Jean-Luc Schaffhauser, Abgeordneter aus Frankreich und Vertreter des Front National, der schon lange die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland anstrebt. 

Genauso kompromisslos äußerte sich die russische Regierung. Das russische Außenministerium nannte die Resolution einen „Dreckzettel“ und „Beweis für die Informationsverbrechen” der EU. Abgeordnete der russischen Staatsduma schließen nicht aus, dass einige Gegenmaßnahmen getroffen werden könnten. Präsident Putin hoffe, dass die Resolution keine realen Hindernisse für die Tätigkeit russischer Medien nach sich ziehen werde. „Man versucht, uns immer wieder zu belehren und uns zu erklären, was Demokratie bedeutet. Und immer wieder hören wir von denen, dass ein Verbot die schlimmste Methode sei”, kommentierte der russische Präsident. 

Russische Medien stehen in Europa unter Druck

Allerdings können Resolutionen des Europäischen Parlamentes keine Verbote nach sich ziehen. Sie haben lediglich einen Empfehlungscharakter. 

„Schon vor dieser Resolution versuchte man, die Arbeit russischer Medien in einigen Ländern zu beschränken”, sagt Alexej Sudin, Mitglied des Expertenrates beim Institut für soziale, politische und wirtschaftliche Studien. Gemeint ist damit unter anderem die Kontosperre des Fernsehsenders „RT“ in Großbritannien. „Das sind keine Einzelfälle, eine gewisse Tendenz kann beobachtet werden. Deswegen sollte man die Resolution schon ernst nehmen. Sie fördert eine antirussische Stimmung und das alles hat seinen Einfluss”, glaubt Sudin. „Derzeit ist noch schwer zu sagen, welche Wendung die Geschichte nehmen wird: weitere Drohungen, Zensurvorhaben oder sogar Lizenzentzug. In Großbritannien will man von uns die Listen unserer Gäste bekommen. Das ist nur eines vieler Beispiele”, sagte die „RT“-Chefredakteurin Margarita Simonjan im Interview mit der Zeitung „Kommersant“.   

Die Resolution wird ihren Einfluss haben: „Die politischen Systeme in demokratischen Ländern erleben derzeit eine Krise. Es gibt einen Graben zwischen der Bevölkerung und den Eliten”, sagt Sudin. „Vor diesem Hintergrund gewinnen alternative Kandidaten mehr und mehr an Attraktivität: Donald Trump in den USA, der Sozialist Igor Dodon in Moldawien, Unterstützer des Brexits, oder sogar alternative Medien wie „RT“. Also kann man behaupten, dass die Resolution genau das erreichen wird, was der Widerstand gegen den Brexit oder Trump erreicht hat, der stets sagte, dass es nicht nur um Politik, sondern auch um gewisse finanzielle Vorteile gehe.“

Laut “Kommersant” schlagen die Verfasser der Resolution vor, die Finanzierung der East StratCom Task Force – einer Abteilung des außenpolitischen Dienstes der EU, der gegen „russische Propaganda“ vorgeht – auszubauen. Dessen Budget soll zurzeit 800 000 Euro betragen. 

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