Syrien-Gespräche in Astana: Moskau avanciert zum Mediator

Der Vertreter der syrischen Regierung Baschar al-Dschafari bei den Verhandlungen in Astana.

Der Vertreter der syrischen Regierung Baschar al-Dschafari bei den Verhandlungen in Astana.

Reuters
Das Treffen der syrischen Regierung und der Opposition, das unter der Vermittlung von Russland, der Türkei und dem Iran von Montag auf Dienstag in der Hauptstadt Kasachstans stattfand, brachte eine Verlängerung des Waffenstillstandes. Zudem zeigte die Konferenz, dass Russlands Rolle als Mediator zunehmend wichtiger wird.

Weder die syrische Regierung noch die bewaffnete Opposition unterzeichneten das finale Kommuniqué im Anschluss an die zweitägigen Gespräche in Astana. Das Dokument wurde von Russland, der Türkei und dem Iran vorgestellt, den drei Initiatoren des Treffens in der kasachischen Hauptstadt.

Moskau, Ankara und Teheran luden zu den Gesprächen ein, um die verhärteten Fronten durch Verhandlungen aufzuweichen. Primär drängten sie auf eine klare Unterscheidung zwischen der bewaffneten Opposition und den Terroristen. Zudem erklärten sie, einen trilateralen Mechanismus zur Überwachung des Waffenstillstandes, der seit Ende Dezember zwischen dem Militär und den Gruppierungen der Opposition in Kraft ist, schaffen zu wollen.

Die Gespräche verliefen turbulent. Trotz der Tatsache, dass die Streitparteien erstmals an einem Verhandlungstisch saßen, fanden keine unmittelbaren Gespräche statt. Die Seiten sprachen ausschließlich über die Vertreter der vermittelnden Länder.

Baschar al-Dschafari, Ständiger Vertreter Syriens bei den Vereinten Nationen und Leiter der Regierungsdelegation, bezeichnete die Opposition als Terroristen und verließ das Hotel, in dem die Gespräche stattfanden, aus Protest. Die Oppositionellen äußerten ihren Unmut gegenüber dem finalen Kommuniqué – aus ihrer Sicht spiegle es die negative Rolle des Irans bei den Ereignissen in Syrien nicht wider.

Russland wird versöhnlicher

Im Friedensprozess sind weitere kleine Schritte gemacht worden. / ZUMA Press/Global Look PressIm Friedensprozess sind weitere kleine Schritte gemacht worden. / ZUMA Press/Global Look Press

Wladimir Achmedow vom Orientalistik-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften hob die neue Haltung hervor, die Russland im Unterschied zur syrischen Regierung und dem Iran eingenommen habe. „Früher haben wir wie Baschar al-Assad und der Iran alle Oppositionellen als Terroristen abgestempelt, heute sprechen wir mit ihnen“, sagte der Arabist.

Russland wolle zum Vermittler und nicht zum bedingungslosen Befürworter von Assad werden, bestätigte auch die syrische Opposition. Deren Delegationsleiter, Mohammad Allouche, sagte bei der abschließenden Pressekonferenz: „Russland entwickelt sich weg von einem militärischen Akteur hin zu einem Vermittler mit Einfluss auf Syrien und den Iran.“ Er hoffe, dass Russland weiterhin eine positive Rolle in der Beilegung des Konflikts spielen werde.

Auch die Türkei, die zuvor bedingungslos die Opposition unterstützt hätte, würde nun eine moderate Haltung annehmen, bemerkte Wladimir Achmedow. Die Türkei bestehe nicht mehr auf den sofortigen Rücktritt des Präsidenten Baschar al-Assad. Der Experte glaubt, dass es Russland und der Türkei gelingen könne, einen Einfluss auf den radikaleren Iran auszuüben. Deshalb würde dieses Format funktionieren.

Opposition gegen Miliz

Die Interessen der syrischen Opposition wurden in Astana von Mohammad Allouche (Mitte) vertreten.  / ReutersDie Interessen der syrischen Opposition wurden in Astana von Mohammad Allouche (Mitte) vertreten. / Reuters

In Astana wurden keine neuen Verträge oder Garantien für einen allumfassenden Frieden unterzeichnet. Doch das sei ohnehin von Anfang an unwahrscheinlich gewesen, kommentiert Anton Mardassow, Leiter der Abteilung für Nahost-Studien am Institut für innovative Entwicklungen in Moskau. „Das Ziel dieses Treffens war es, den Waffenstillstand zu fixieren“, erklärte Mardassow RBTH.

Der Waffenstillstand zwischen der Regierung und der gemäßigten Opposition habe es ermöglicht, die Kämpfe einzustellen, einige Gebiete unter der Kontrolle der Opposition zu bewahren und der Opposition die Chance zu geben, selbstständig gegen den IS und die al-Nusra-Front (heute Dschabhat Fatah asch-Scham) zu kämpfen. Zuvor war es äußerst problematisch, zwischen den oppositionellen Gruppierungen und der terroristischen Organisation zu unterscheiden.

„Die jetzige Waffenstillstandserklärung unterscheidet sich von früheren, die auf Vermittlung Russlands und der USA zustande kamen. Jetzt werden Einheiten der Freien syrischen Armee geschaffen, die gegen die al-Nusra-Front kämpfen“, meint Mardassow. Eine wichtige Rolle würde dabei die Türkei spielen, die im Vergleich zu den USA einen unmittelbaren Einfluss auf die Opposition ausübe.

Auf Astana folgt Genf

Trotz einiger Fortschritte in Astana bleibt es ein langer Weg bis zum Frieden in Syrien. Die Opposition besteht auf den Rücktritt von Assad, der seinen Posten nicht aufgeben will und sich als rechtmäßig gewählter Präsident sieht.

Ein Waffenstillstand sei gut, doch ohne politische Regelung könne die Lage schnell wieder zu einem Krieg zwischen Assad und der Opposition eskalieren, mahnt der Arabist Leonid Issajew vom Institut für Politikwissenschaften an der Higher School of Economics. „Es gab schon mehrere Waffenstillstandserklärungen, die infolge von Verhandlungen in Genf beschlossen wurden. Doch sie hatten immer nur so lange Bestand, wie versucht wurde, eine Einigung zu finden. Danach brach stets wieder Krieg aus“, erinnert Issajew.

Der nächste Schritt in den Friedensverhandlungen bildet ein weiteres Treffen in Genf am 8. Februar. Ein Vertreter der Opposition äußerte die Hoffnung, die Gespräche mögen die Ergebnisse in Astana ergänzen und abschließen.

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