Russland erkennt Dokumente aus Donezk und Lugansk an

Diese Entscheidung dürfe nicht überbewertet werden, warnen Beobachter.

Diese Entscheidung dürfe nicht überbewertet werden, warnen Beobachter.

Sergei Konkov/TASS
Russland hat offizielle Dokumente der selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk für gültig erklärt. Gleichzeitig distanziert Moskau sich von einer Anerkennung der Volksrepubliken. Beobachter bewerten den jüngsten Schritt als Antwort auf eine Aussage von US-Vizepräsident Mike Pence.

Die Nachricht über eine Anordnung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, offizielle Dokumente der selbst proklamierten Volksrepubliken Donezk und Lugansk in der Ostukraine in Russland anzuerkennen, kam ausgerechnet zur Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Samstag. Scharfe Kritik ließ nicht lange auf sich warten: Der ukrainische Präsident Pjotr Poroschenko bezeichnete diesen Schritt als jüngsten Beleg dafür, dass Russland das Völkerrecht verletze.

Auch im Westen reagierte man mit Besorgnis. Die US-Botschaft in Kiew charakterisierte die Anerkennung der Dokumente als beunruhigend. Die Außenministerien Deutschlands und Frankreichs verurteilten Putins Anordnung. Beide Länder glauben, dass die Anordnung gegen die Minsker Vereinbarungen verstoßen würde, die die allmähliche Reintegration der Volksrepubliken Donezk und Lugansk in die Ukraine vorsehen.

Die nicht anerkannten Republiken begrüßten hingegen die Entscheidung. Der Sprecher des Parlaments der Volksrepublik Donezk sagte, dass die Anerkennung der Dokumente das Leben der Bürger vereinfachen werde.

Was bedeutet die Anerkennung der Dokumente?

„Wir sind fast schon russische Bürger“, so zitiert Gaseta.ru die freudige Reaktion aus der Regierung der Volksrepublik Donezk. Dem sei aber nicht so, wie russische Politiker betonen. Weder die Anerkennung noch die Aufnahme der aufständischen Regionen in die Russische Föderation sei ein Thema. Putins Pressesprecher Dmitri Peskow unterstrich, dass die Pässe der Volksrepubliken Donezk und Lugansk keine Pässe von anerkannten Staaten seien.

Aber nicht nur die Pässe, sondern auch Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden, Diplome und Führerscheine sind in Russland nun gültige Papiere. Leonid Poljakow, Professor für Politikwissenschaft an der Higher School of Economics, warnt aber davor, die Bedeutung dieser Entscheidung zu überschätzen. Sie helfe lediglich den Bewohnern der Volksrepubliken Donezk und Lugansk, die bislang in einem Rechtsvakuum hätten leben müssen, weil sie weltweit keine Anerkennung für ihre Dokumente erhielten.

„Aus russischer Perspektive handelt es sich hierbei um eine humanitäre Geste. Die Menschen können sicher sein, dass sie in Russland genauso wie Bürger anderer Staaten behandelt werden“, sagte Poljakow zu RBTH.

Eine deutliche Botschaft an die USA

Dabei wurden offizielle Dokumente der Volksrepubliken Donezk und Lugansk auch schon vor Putins Anordnung in Russland akzeptiert. Diese werden dort bereits seit einem Jahr ausgestellt. „Was Dokumente und Kennzeichen betrifft, so wurde in Russland sowieso stets ein Auge zugedrückt“, zitiert „RBK“ Eldar Hassanow, einen früheren Vertreter der Volksrepublik Donezk. Das bestätigte Waleri Solowej, Professor am Staatlichen Moskauer Institut für Internationale Beziehungen (MGIMO), in einem Gespräch mit RBTH: „Diese Dokumente galten auch so schon, nur nicht offiziell.“

Die juristische Anerkennung sei eine Reaktion des Kremls auf die Aussage von US-Vizepräsident Mike Pence. Bei seinem Auftritt während der Münchner Sicherheitskonferenz sagte Pence, dass die Vereinigten Staaten Russland für den Konflikt im Osten der Ukraine verantwortlich mache. Allein Russland sei zudem für die Umsetzung der Minsker Abkommen verantwortlich. Wenige Stunden danach wurde Putins Anordnung verkündet.

Leonid Poljakow glaubt, dass dieser Schritt eine klare Botschaft an die USA, den Westen allgemein und die Ukraine sei. „Russland betont: Leute, wir haben nach wie vor unsere eigene Vorstellung davon, wie wir zu handeln haben, unsere Politik basiert auf dieser Grundlage“, erklärt der Experte. Moskau sende ein Signal an Trumps Präsidialverwaltung, die sich bezüglich der Ukraine und Trumps Versprechen entscheiden solle.

Geht Moskau noch weiter?

Russlands Außenminister Sergej Lawrow betonte noch am selben Tag der Bekanntmachung, dass Russland den Donbass weiterhin als ukrainisches Staatsgebiet betrachte. Dennoch glauben viele Beobachter, dass Russland die Republiken anerkennen könnte, sollte der Dialog mit Kiew ins Stocken geraten. „So eine Entwicklung kann nicht ausgeschlossen werden“, sagte Alexei Tschesnakow, Direktor des Zentrums für politische Konjunktur, zu Gaseta.ru.

Ein solcher Schritt würde die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen jedoch vollends zerstören, davon ist Waleri Solowej vom MGIMO überzeugt. Deshalb sei eine Anerkennung der Volksrepubliken auch unwahrscheinlich. „Dieser Schritt würde Konsequenzen nach sich ziehen, die die bisherigen Sanktionen lächerlich erscheinen lassen würden. Im Kreml ist man sich dessen bewusst“, sagte der Experte im Gespräch mit RBTH.

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