Russen wollen Alexei Nawalny nicht als Präsident sehen

AP
Alexei Nawalny will russischer Präsident werden. Doch der Oppositionspolitiker genießt nicht die größte Popularität in Russland, wie Umfragen zeigen. Dennoch: Die Unzufriedenheit im Land wächst – immer mehr Russen halten Proteste für richtig.

Mehr als ein Drittel der russischen Bevölkerung (38 Prozent) befürwortet die Protestaktionen vom 26. März, etwa genauso viele (39 Prozent) nicht. Die neuen Zahlen wurden vom Lewada-Zentrum veröffentlicht.

Da die Aktionen nicht genehmigt waren, kam es zu Festnahmen von mehr als tausend Menschen, darunter Journalisten. Später wurden Beschwerden gegen die Sicherheitskräfte laut, sie hätten ihre Macht missbraucht. Fast ein Drittel der Befragten durch das Lewada-Zentrum sehen das Vorgehen der Beamten ebenfalls kritisch.

Veranstalter der Massenproteste, die in rund 100 Städten stattfanden, war Oppositionspolitiker Alexei Nawalny. Doch nicht Nawalny bewegte die Menschen, auf die Straße zu gehen, wie die Umfrageergebnisse zeigen. Demnach schlossen sich die meisten den Demonstrationen aus Neugierde an oder weil sie jemanden begleiteten. Auch von den Demonstranten selbst unterstützten die wenigsten den Politiker. Sie waren vor allem da, um gegen Korruption und gegen die Politik der Regierung zu protestieren.

Eine neue Chance für Nawalny?  

Der Oppositionspolitiker genießt nach wie vor keine große Popularität in Russland. Zwar hatte Nawalny angekündigt, bei den Präsidentschaftswahlen 2018 zu kandidieren, was aufgrund von laufenden Strafverfahren gegen ihn aktuell nicht möglich sein wird. Doch ein Sieg wäre, selbst wenn er antreten dürfte, ohnehin fraglich: Die Zahl seiner Anhänger liegt derzeit gerade einmal bei vier Prozent – gleichwohl sie zwischen Januar und Februar um drei Prozentpunkte zugelegt hat.

Für diesen Anstieg hat Pawel Salin, Direktor des Zentrums für politische Studien an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation, eine einfache Erklärung: Nawalny sei es in den vergangenen zwei bis drei Monaten gelungen, die Initiative zu ergreifen und persönlich für eine negative Agenda zu sorgen, sagte der Experte im Gespräch mit RBTH.

Möglicherweise ist das die Kehrtwende in einer lang anhaltenden negativen Entwicklung. Im Jahr 2013 war die Popularität Nawalnys nach Lewada-Umfragen von sechs auf ein Prozent gefallen. „Es war 2013, als sich Nawalny in den Augen der Behörden von einem verrückten Blogger zu einer wichtigen Figur der Hauptstadt mauserte. Bei den Bürgermeisterwahlen (bei denen er mit 27 Prozent der Stimmen den zweiten Platz belegte, Anm. d. Red.) wurde plötzlich klar, dass er unter gewissen Umständen ein beachtliches Ergebnis erzielen kann“, sagt Salin.

Deshalb sei gegen Nawalny eine umfassende Kampagne zur Untersuchung von möglichen Straftaten gestartet worden, glaubt der Politologe. Infolgedessen habe sich in der Gesellschaft der Gedanke verfestigt, dass der Oppositionelle kriminell sei.

Nun aber habe Nawalny durch die Massenproteste eine neue Ebene erreicht – „die nationale“, stellt der Leiter des Zentrums für politische Studien fest. „Doch ohne eine positive Agenda wird er nicht über die fünf bis sechs Prozent hinauskommen.“ Gleichzeitig sei die Kampagne der Behörden, die fünf Jahre lang angedauert hätte, erschöpft. „Beide Seiten fahren mit ihren bisherigen Strategien in eine Sackgasse“, unterstreicht Salin.

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