Surgut: Öl, Ski und Rentierreiten

Foto: Shutterstock/Legion-Media

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Dank großer Erdölvorkommen entwickelte sich Surgut zu einem der bedeutendsten Rohstoffzentren Russlands. Touristen können auf den Spuren der Geschichte der modernen Industriestadt wandeln oder in die traditionsreiche Vergangenheit der Chanten und Nansen, der Ureinwohner der Stadt, eintauchen.

Der Name der Stadt Surgut ist auf zwei Wörter der chantischen Sprache zurückzuführen und bedeutet so viel wie „Fischgrube". Surgut liegt im Autonomen Kreis der Chanten und Nansen, die in der heute über 300 000 Einwohner zählenden Stadt auch die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe stellen.

Die älteren Bewohner Surguts erinnern sich noch an die gar nicht allzu lange vergangenen Zeiten, als Surgut ein Dorf war und in den Bevölkerungsregistern kaum Beachtung fand mit seinen nur rund 6 000 Einwohnern. Der rasante Aufstieg zur modernen Stadt mit gigantischen Einkaufszentren, erstklassigen Restaurants, einem dekadenten Nachtleben und einer fast protzig anmutenden Architektur ist der Erdölindustrie zu verdanken. Heute haben hier eine Reihe wichtiger Rohstoffkonzerne entweder ihren Stammsitz, so wie Surgutneftgas mit über 82 000 Beschäftigten, oder sie unterhalten große Niederlassungen wie der russische Gasriese Gazprom.

 

Vom Dorf zur Stadt

Surgut ist eine der ältesten Siedlungen Sibiriens. Es wurde 1594 als Vorposten von Fjodor I., dem letzten Zaren der Rurikiden und Sohn von Iwan dem Schrecklichen, gegründet. Die Gründungsväter sollen ein Jäger, ein Befehlshaber des Militärs und ein Kaufmann gewesen sein. An diese drei erinnert noch heute ein eindrucksvolles Denkmal in der Mitte des Kreisverkehrs von Prospekt Lenina, uliza Majskaja und uliza Ostrowskogo. Auch ein Priester steht ihnen dort zur Seite. Surgut war im 17. und 18. Jahrhundert Russlands wichtigster Vorposten. Bereits im 17. Jahrhundert wurde die Siedlung ein Ort des politischen Exils. Im 19. Jahrhundert lebten hier einige Dekabristen.

Die Revolution stieß in Surgut auf erhebliche Widerstände, denn hier konzentrierten sich wohlhabende Großgrundbesitzer, Gegner der Bolschewiki. Die Region war auch Schauplatz mehrerer Bauernaufstände. Die Siedlung verlor nach der Revolution ihren Stadtstatus, sie galt für einige Zeit als Dorf – damals im Hinblick auf die Versorgung mit Ressourcen eine bedeutende Veränderung. Die nächste große Veränderung erlebte die Stadt Ende der 1950er-Jahre, als man mit der Suche nach Öl begann. Am 21. März 1961 entdeckte Farman Salmanow, ein Geologe aus Aserbaidschan, ein beträchtliches Ölvorkommen. In Surgut brachen fortan andere Zeiten an.

Wer das moderne Surgut besucht, sollte zunächst nach „Stary Surgut" (zu Deutsch: „Altes Surgut") fahren. Das ist ein kürzlich rekonstruiertes Dorf, das das Leben vor dem Öl-Boom zeigt. In den 14 Holzhäusern sind unter anderem ein Museum für die indigene Bevölkerung untergebracht, eine rekonstruierte Holzkirche in einer für den russischen Norden typischen Bauweise und zudem einige Restaurantbetriebe.

Das Salmonow-Museum widmet sich ganz dem berühmten Geologen. Das Haus, in dem er wohnte, als er 1957 zum ersten Mal nach Surgut kam, bietet außerdem einen Einblick in die Wissenschaft der Ölförderung. Die baulichen Anlagen sind restauriert und zeigen die Lebensbedingungen im Surgut der 1960er-Jahre.

Schiffe am Ufer des Ob-Flusses. Foto: Shutterstock/Legion Media

Das Heimatmuseum von Surgut beherbergt eine sehenswerte Dauerausstellung über die Lokalgeschichte mit so unterschiedlichen Facetten wie dem Leben der Altgläubigen, der Ära des politischen Exils und der Revolutionszeit. Man kann sich hier auch einige demontierte sowjetische Statuen ansehen. Gezeigt wird außerdem eine faszinierende Ausstellung über die Kindheit in der Sowjetunion mit Kinderkleidung und Spielzeug. Das Surgut Art Museum präsentiert temporäre Ausstellungen zu den verschiedensten Themen, von lokalen Trachten bis zur Ikonenmalerei. Die beiden Museen sind in demselben Gebäude untergebracht.

 

Öl, Ski und Rentierreiten

Zunehmend beliebt ist der sogenannte Öltourismus. Diese recht neue touristische Erscheinung bietet Besichtigungen großer Ölförderanlagen. Dort können die Reisenden hautnah dabei sein, wenn das schwarze Gold

gewonnen wird. Sie können einen Bohrturm erklimmen oder ein Erinnerungsfoto in der Montur eines Ölarbeiters machen. 

Besucher können versuchen, doch noch Einlass in das mittlerweile offiziell geschlossene Öl-Museum in der lokalen Geschäftsstelle von Gazprom zu bekommen. Denn für Reisegruppen und Schulklassen wird manchmal eine Ausnahme gemacht.

Surgut ist ein kalter Flecken Erde, weswegen er aber zahlreiche Wintersportmöglichkeiten bietet. Drei Orte, die unter anderem zum Skifahren einladen, sind Olimpia, Sneschinka, and Myss Kamennyj. Skifahren macht hungrig, wie gut, dass Gourmets in Surgut ebenfalls auf ihre Kosten kommen. Fisch ist die wichtigste Delikatesse, der Muksun steht hier an erster Stelle. Stör und Weißlachs sind ebenfalls sehr beliebt. Man kann sie geräuchert oder frisch kaufen. Die Einheimischen bieten im Winter Fisch, Rentierfleisch, Nüsse und Beeren auf der Straße an. Gesundheitsbewussten Besuchern sei die Vegan Health Food Bar empfohlen, in der man sonntags frühstücken, Smoothies trinken und Livemusik hören kann. Das Lokal „Sjem Pjatniz" („Sieben Freitage") bietet sich zum Abendessen an, auf seiner Speisekarte stehen russische und europäische Gerichte.

Rentierrennen in Surgut. Foto: Shutterstock/Legion Media

Es lohnt sich übrigens, den rund 130 Kilometer langen Weg von Surgut Richtung Norden nach Russkinskaja auf sich zu nehmen. Die Tundra-Stadt bietet als eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten ein Naturkundemuseum. Hier werden Ausstellungen über die heimische Tierwelt und die indigene Bevölkerung gezeigt. Ende März findet in Russkinskaja ein Festival der Jäger, Fischer und Rentierzüchter statt, diese Zeit eignet sich besonders für eine Reise. Das Festival bietet viele Gelegenheiten sich sportlich zu betätigen. Wer will, kann einen Ritt auf einem Rentier wagen.

Etwa 95 Kilometer nordwestlich von Surgut entfernt liegt Ljantor am Fluss Pim. Das malerische Chanten-Dorf bietet ein Museum und einen Ethno-Park, der dem traditionellen Lebensraum der Chanten gewidmet ist.

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