Die heftigsten Ausschreitungen russischer Hooligans

Am 11. Juni trafen russische Fußballfans auf Engländer nach dem EM-Spiel auf dem Stade Vélodrom in Marseille, Frankreich.

Am 11. Juni trafen russische Fußballfans auf Engländer nach dem EM-Spiel auf dem Stade Vélodrom in Marseille, Frankreich.

AP
Infolge von Ausschreitungen durch russische Fans droht der Sbornaja nun der Ausschluss von der Europameisterschaft in Frankreich. Die Ereignisse in Marseille sind leider kein Einzelfall, wie ein kurzer Rückblick zeigt.

Der russischen Fußballnationalmannschaft gelang ein erfolgreicher Auftakt zur Fußball-Europameisterschaft in Frankreich: Am Samstag spielte sie im Stade Vélodrome in Marseille Unentschieden gegen England – Verteidiger Wasili Beresuzki erzielte das entscheidende Tor in der Nachspielzeit. Doch nicht so sehr der Spielerfolg der russischen Sbornaja fesselte die Aufmerksamkeit der Zuschauer und Medien. Vielmehr sorgten die Zusammenstöße der russischen und englischen Fans vor, während und nach dem Spiel für Schlagzeilen.

Nach den Ausschreitungen mit rund 30 Verletzten bestrafte die Uefa Russland mit einem EM-Ausschluss auf Bewährung. Zudem wurde der Russische Fußballverband (RFS) zur Zahlung einer Strafe in Höhe von 150 000 Euro verdonnert. Sollte es erneut zu einem Fehlverhalten der russischen Fans wie in Marseille kommen, wird die Sbornaja vom Turnier ausgeschlossen.

2002: Schlacht an den Kreml-Mauern

Ein Fußballfan mit brennendem Niva im Hintergrund. Foto: ReutersSo sieht Enttäuschung aus: umgekippte und angezündete Autos, wütende Fußballfans. Foto: Reuters

Es war nicht das erste Mal, dass russische Fußballfans für einen Skandal sorgten. So endete das Public Viewing zum Spiel Russland gegen Japan bei der Weltmeisterschaft 2002 auf dem Maneschnaja-Platz im Moskauer Zentrum in einer Katastrophe: Aus Enttäuschung über die Niederlage des russischen Teams zerschlugen randalierende Fans Schaufenster, kippten Autos um und begannen eine Massenschlägerei. Die Ausschreitungen direkt an den Mauern des Kremls dauerten einige Stunden an. Ein 17-jähriger Schüler kam ums Leben, Dutzende Menschen wurden verletzt, darunter auch viele Personen mit asiatischem Aussehen.

Fußballfans demolieren einen Schiguli am 9. Juni 2002 in Moskau. Foto: ReutersFußballfans demolieren einen Schiguli am 9. Juni 2002 in Moskau. Foto: Reuters

Nach den Ereignissen im Moskauer Zentrum wurde die Live-Übertragung von Sportturnieren auf großen Leinwänden verboten. Kurz danach wurde ein Gesetz über den Kampf gegen Terrorismus verabschiedet, das die Versammlungsfreiheit wesentlich einschränkte.

2010: Hooligans gegen Migranten

Acht Jahre später wurde der Maneschnaja-Platz erneut zum Ort des Hasses der Fans. Dieses Mal richtete sich die Aggression gezielt gegen Gastarbeiter aus dem Nordkaukasus und Zentralasien.

Auslöser der Gewalt war die Ermordung von Jegor Swiridow, einem 28-jährigen Fan des Fußballvereins Spartak Moskau. Er wurde am 6. Dezember 2010 am Rande der Stadt von einer Gruppe Jugendlicher aus dem Nordkaukasus getötet. Für besonderen Unmut sorgte dabei der Umstand, dass die Polizei fünf der sechs Täter schnell wieder auf freien Fuß gesetzt hatte.

Foto: Maxim Schemetow/Tass2010 protestieren Hooligans auf dem Moskauer Manege-Platz gegen der Ermordung eines Fans von FC Spartak durch Jugendliche aus dem Nordkaukasus. Foto: Maxim Schemetow/Tass

Über die sozialen Netzwerke verabredeten sich radikale Fans für den 11. Dezember im Zentrum von Moskau. Sie riefen nationalistische Sprüche, bewarfen die Polizei mit Flaschen und Steinen und schmissen Böller. Zusammenstöße zwischen Hooligans und Kaukasiern gab es in den folgenden Tagen vereinzelt nicht nur in Moskau, sondern auch in anderen russischen Städten.

Im Ergebnis wurden alle sechs Verdächtigen, die am Mord von Jegor Swiridow beteiligt gewesen waren, verurteilt. Seitdem werden Fußballfans als eine starke politische Kraft angesehen. Die nationalistischen Fangruppen waren zudem die Triebkraft hinter den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in dem ruhigen Moskauer Bezirk Birjuljowo im Oktober 2013.

2012: Schlägerei in den Straßen Warschaus

Nur zwei Jahre später fanden sich russische Hooligans erneut auf den Titelseiten der Weltpresse wieder. Sie spielten die Hauptrolle in einer der unangenehmsten Szenen der Fußball-Europameisterschaft von 2012, die in Polen und in der Ukraine stattfand.

Ein polnischer Fußballfan (rechts) tritt gegen einen Russen am 12. Juni 2012 in Warschau an. Foto: ReutersEin russischer Fußballfan (links) erwartet den Tritt eines polnischen (rechts) bei der Fußball-EM 2012. Foto: Reuters

Am 12. Juni, dem Tag des Vorrundenspiels zwischen Russland und Polen, erlebte Warschau einen echten Straßenkrieg mit Schlägereien, Straßensperren, Tränengas und Wasserwerfern. Auf diesen Tag fiel zudem der Tag Russlands: ein Nationalfeiertag für die russischen Fans, die diesen im Zentrum von Warschau feiern wollten. Ihr Umzug artete in eine Schlägerei mit polnischen Fans aus, die sich angeblich von den sowjetischen Symbolen der Russen beleidigt fühlten.

Während des Spiels beschimpften sich die Fans beider Mannschaften und stießen wiederholt mit der Polizei zusammen. Die richtige Schlacht fand aber erst in der Nacht nach dem Spiel statt. Nach Angaben der russischen Fans veranstalteten polnische Ultras Jagd auf russische Fans. In organisierten Gruppen von je acht bis zehn Personen sollen sie sie wahllos jeden angriffen haben. Nach der blutigen Nacht mussten 140 Menschen im Krankenhaus behandelt werden. Dutzende Personen wurden verhaftet, russische Hooligans wurden des Landes verwiesen.

Dossier: Wie stehen Russlands Chancen bei der Fußball-EM?

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