Absage der Bob- und Skeleton-WM in Sotschi: Was kann Russland tun?

Kann Moskau gegen die Entscheidung des Weltverbands vorgehen?

Kann Moskau gegen die Entscheidung des Weltverbands vorgehen?

Mikhail Mokrushin / RIA Novosti
Ist es rechtens, eine Weltmeisterschaft zwei Monate vor dem Start abzusagen? Wird Russland für den Verlust entschädigt? Und hat es Sinn, vor Gericht zu klagen? RBTH klärt die wichtigsten Fragen zur Absage der Bob- und Skeleton-WM durch den Weltverband.

Kaum eine Woche ist seit der Veröffentlichung des neuen McLaren-Reports vergangen, da wird Russland schon mit den ersten weitreichenden Konsequenzen konfrontiert. Der Bob- und Skeleton-Weltverband IBSF entzog Russland die Weltmeisterschaft, die im Februar 2017 in Sotschi ausgetragen werden sollte. Der Kreml bezeichnete die Entscheidung als politisch motiviert. Nun bleibt die Frage, ob diese Entscheidung überhaupt rechtens ist: Kann Russland Klage einreichen, wenn zwei Monate vor dem Start die WM abgesagt wird?

Ist die Absage der Bob- und Skeleton-WM in Russland legal?

Ja. Der IBSF darf Russland die Weltmeisterschaften entziehen, weil er genauso wie alle anderen Sportverbände autonom und unabhängig ist. Sportverbände dürfen unter anderem die Wettbewerbsregeln ändern, eine Sperre verhängen oder Athleten rehabilitieren sowie den Austragungsort für eine WM bestimmen oder ändern.   

Der IBSF selbst bestimmte Russland und Sotschi als Austragungsort für die WM. Warum wird der Wettbewerb zwei Monate vor dem Start abgesagt?

Während der IBSF-Sitzung in Gdynia (Polen) im Juni 2013 wurde Sotschi zum Austragungsort für die WM 2017 ernannt. Damals bereitete sich der Kurort auf die erste Winterolympiade in der russischen Geschichte vor. Sotschi hatte dabei die besten Austragungsorte für den Bobsport hinter sich gelassen, etwa Whistler (Kanada), Lake Placid (USA) und Altenberg (Deutschland).

Die Sitzungsteilnehmer waren wohl von dem neuen Sliding Center Sanki beeindruckt, das von einigen weltberühmten Athleten im November 2012 getestet wurde. Auf dieser Eisbahn wurde im Februar 2013 die erste Etappe des World Cup ausgetragen. Am Ende bekam Sotschi in Polen die meisten Stimmen für die WM.  

Die Eisbahn wird auch heute noch als erstklassig eingestuft. Der wirkliche Grund für die Absage war ein anderer:  „Das aktuelle Klima würde es nahezu unmöglich machen, die Bemühungen des Organisationskomitees oder die Bahn als eine der besten der Welt wertzuschätzen“, erklärte der IBSF. Hinter dieser verschwommenen Formulierung steckt eine klare Reaktion auf den McLaren-Report, dessen zweiter Teil am vergangenen Freitag in London veröffentlicht wurde.

Nach den erneuten Vorwürfen des kanadischen Juristen, der Russland der Gründung eines staatlich gestützten Dopingsystems beschuldigte, riefen einige weltbekannte Skeleton-Sportler zum Boykott der WM in Sotschi auf, darunter die britische Olympiasiegerin Elizabeth Yarnold und der Weltmeister Martins Dukurs aus Lettland. Dukurs folgte die gesamte lettische Nationalmannschaft, die als eine der stärksten Bob- und Skeleton-Mannschaften weltweit gilt. Später schloss sich die südkoreanische Mannschaft dem Boykott an.   

Wo wird die WM nun ausgetragen?

Der neue Austragungsort wurde bisher noch nicht bekannt gegeben. Sehr wahrscheinlich wird die Weltmeisterschaft allerdings in Königsee (Deutschland) durchgeführt. Nach Angaben des Generalsekretärs des deutschen Bob- und Skeleton-Verbandes Thomas Schwab wird diese Option vom IBSF in Erwägung gezogen. Schwab hatte Deutschland vorgeschlagen, noch bevor die Absage offiziell bekannt wurde.   

Werden russische Athleten an der WM teilnehmen?

Eine Sperre für die russische Mannschaft oder für einzelne Sportler ist bisher noch nicht in Sicht. Auszuschließen ist eine solche Maßnahme jedoch nicht: Richard McLaren leitete Informationen über angeblich gefälschte Doping-Proben der russischen Athleten an die Sportverbände weiter. Die Entscheidung über die Sperre unterliegt den Verbänden.   

Wird Russland Schadensersatz bekommen?

Laut dem internationalen Sportrecht hat der IBSF keinerlei Verpflichtungen gegenüber der russischen Seite, weil das Recht auf eine Absage zu jeder Zeit im IBSF-Statut verankert ist. Darauf weist der Sportjurist Valery Fedoreev hin. Schadensersatz ist Fedoreev zufolge nur im Falle eines Vertragsbruchs mit Werbeagenturen und Sponsoren möglich. Diese Angelegenheit werde jedoch im Rahmen eines Zivilrechtsverfahrens geregelt und habe mit Sport nichts mehr zu tun.  

Darf Russland Klage einreichen?

Russland darf vor dem Internationalen Sportgerichtshof klagen, aber es bestehen kaum Chancen auf Erfolg, meint Valery Fedoreev. „Der Sportgerichtshof prüft nur, ob gegen Verfahrensnormen verstoßen wurde. Da der Verband aber im Rahmen seines Statuts gehandelt hat, gibt es keine Gründe, die Entscheidung zu annullieren“, erklärt der Jurist.

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