Drehbücher für Seifenopern: Das dramatische Sportjahr

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Für den russischen Sport war das vergangene Jahr womöglich das schwierigste aller Zeiten. Insbesondere der Dopingskandal und der Ausschluss aller Leichtathleten von den Olympischen Spielen in Rio setzten dem Land schwer zu. In vier exemplarischen Sportlergeschichten zeichnet RBTH das Jahr 2016 nach.

1. Maria Scharapowa und das heimtückische Meldonium

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Maria Scharapowa hatte alles: Ruhm, Geld und einen tadellosen Ruf. Ein einziger Fehler hat die märchenhafte Karriere über Nacht zerstört. 

Die Saison 2016 hätte zu einem Durchbruch in Scharapowas Karriere werden müssen: Erholt nach einer Verletzung hatte der russische Tennisstar alle Chancen, sich wieder an die Spitze der Weltrangliste zu kämpfen. Dann aber passierte etwas, was man nicht vorhersehen konnte: Am 8. März gestand Scharapowa, positiv auf Doping getestet worden zu sein.

Die Karriere der Tennisspielerin wird von einem ganzen Team gesteuert. Dennoch realisierte man offensichtlich nicht, dass das Medikament Meldonium Anfang 2016 in die Dopingliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) aufgenommen wurde. Scharapowa nimmt es seit zehn Jahren, um einen Magnesiummangel zu kompensieren. Die Geschichte wurde zu einer Blamage.

Die Tennisspielerin zeigte jedoch Mut und übernahm die volle Verantwortung. Scharapowa erwartete eine schwere Zeit: gekündigte Sponsorenverträge, spitze Kommentare der Kollegen (Schadenfreude zeigten fast alle – von Roger Federer und Rafael Nadal bis zu ihrem Landsmann Jewgeni Kafelnikow) und eine zweijährige Sperre. 

Scharapowas Rechtsanwälte schafften es, die Sperre um einige Monate zu kürzen. Im April 2017 wird sie wieder spielen dürfen. Es besteht also noch immer eine Chance für Scharapowa, ihre Karriere neu zu starten.

2. Daniil Kwjat und der Grand Prix in Sotschi

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Dem russischen Wunderkind, das mit 19 Jahren in der Formel 1 debütierte, wurde eine hervorragende Karriere versprochen. Der Weg zum Ruhm ist aber steinig.

Daniil Kwjat ist ein ausgezeichnetes Vorbild für Kinder. Er ist begabt, intelligent, bestens erzogen und war nie in irgendwelche Skandale verwickelt. Mit 19 Jahren wurde das russische Wunderkind, das vier Sprachen beherrscht, zum Formel-1-Piloten. Mit 20 fuhr er zum ersten Mal für Red Bull, einem der besten Teams der Formel 1. Mit 21 Jahren erreichte er den zweiten Platz beim Grand Prix von Ungarn 2015. Einen so erfolgreichen Autorennfahrer gab es in Russland noch nie.   

2016 hätte sich Kwjat einen Platz unter den besten Rennfahrern sichern müssen. Beim Grand Prix in Shanghai im April 2016 erreichte er erneut einen zweiten Platz. Danach aber folgten leider nur Niederlagen.

Im Mai 2016 beim Grand Prix in Sotschi war der in der Regel ruhige Kwjat zu impulsiv: Schon in der ersten Runde versuchte er ein Überholmanöver, das den Ferrari von Sebastian Vettel beinahe zum Ausbrechen brachte. Der viermalige Weltmeister musste sein Auto letztendlich abstellen und war außer sich vor Wut. Kwjats Raserei verärgerte auch Christian Horner, Chef bei Red Bull: Kwjat wurde in das kleinere Team Toro Rosso versetzt.  

Die Herabstufung brachte Kwjat jedoch nicht zur Vernunft: Auch nach der Versetzung erreichte er nicht seine frühere Form. Der russische Rennfahrer schaffte es nur selten in die Punkte und manches Mal erreichte er nicht einmal das Ziel. 2017 wird Kwjat sich wohl immer noch von der Herabstufung erholen müssen, aber viel Zeit hat er nicht: Die Formel 1 duldet keine langen Pausen.    

3. Jelena Issinbajewa und eine misslungene Rückkehr

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2016 wollte die legendäre Leichtathletin in den Hochleistungssport zurückkehren, aber das Karriereende kam früher als erwartet.

Die 28-malige Weltrekordlerin und zweimalige Olympiasiegerin beendete ihre Karriere letztlich sehr schön, denn bei ihrem letzten Wettkampf, der Weltmeisterschaft 2013 in Moskau, holte sie den Sieg. Ihr Publikum und die Aufmerksamkeit der Presse vermisste sie jedoch immer noch. Nach der Geburt ihres Kindes nahm die Leichtathletin wieder den Stab in die Hände und versprach ihren Fans, bei den Olympischen Spielen in Rio dabei zu sein.  

Issinbajewa suchte sich den falschen Zeitpunkt für ihre Rückkehr aus: Im Herbst 2015 veröffentlichte die Wada einen Report über zahlreiche Dopingfälle in der russischen Leichtathletik. Später wurde die gesamte Leichtathletikmannschaft vom Weltverband IAAF gesperrt. Betroffen war auch Issinbajewa, die selbst nie positiv getestet wurde. Ihre Reaktion auf die Sperre war emotional: Die Leichtathletin sagte, dass man die zukünftige Olympiasiegerin nicht ernst nehmen dürfe, da sie, Issinbajewa, nicht habe teilnehmen können. 

Im August 2016 wurde Issinbajewa ins IOC-Komitee gewählt, in dem sie zukünftig die Rechte der aktiven Sportler vertreten wird.

4. Julia Jefimowa vs. Schwimmbecken in Rio

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Um an den Olympischen Spielen in Rio teilzunehmen, musste die beste russische Schwimmerin Julia Jefimowa vieles durchmachen. Es sollte nur der Anfang sein.

Julia Jefimowa ist die amtierende Weltmeisterin über 200 Meter Brust und hatte deshalb alle Chancen auf einen Sieg in Rio. Aber bei ihr sowie bei der ganzen russischen Mannschaft ging so ziemlich alles schief: Auslöser war der Jurist Richard McLaren, der am 19. Juli einen Report für die Wada veröffentlichte. McLaren beschuldigte Russland des Dopingmissbrauchs während der Olympischen Spiele in Sotschi 2014. Dieser schwerwiegende Vorwurf wurde 17 Tage vor den Spielen in Rio bekanntgemacht und drohte, den russischen Sport zu vernichten. Das IOC sperrte aber nicht die gesamte Mannschaft. Betroffen waren nur jene Athleten, bei denen zuvor Doping nachgewiesen wurde.  

Auch Julia Jefimowa war dem Kampf gegen Doping bereits zum Opfer gefallen: Von 2013 bis 2015 war sie wegen eines ungewollten Dopingvergehens gesperrt. Damals hatte man verbotene Steroide in einem Nahrungsergänzungsmittel nachgewiesen. 2016 wies man ihr dann wie schon Maria Scharapowa den Einsatz von Meldonium nach. Für dieses Vergehen wurde sie nicht bestraft. Jefimowas Rechtsanwälte legten zudem erfolgreich Klage gegen den Ausschluss von den Olympischen Spielen ein und ein Sportgericht entschied, Jefimowa nicht zwei Mal wegen des gleichen Vergehens zu bestrafen. Die Entscheidung wurde allerdings erst zwei Tage vor dem Start der Wettkämpfe in Rio bekanntgegeben.

Im Schwimmbecken konnte Jefimowa dann nicht so gut wie sonst abschneiden. Stress vor dem Start spielte eine Rolle. Zudem wurde die Schwimmerin vom Publikum mehrfach ausgebuht und ihre größte Konkurrentin Lilly King meldete öffentlich Zweifel an, ob Julia wirklich sauber sei.

Jefimowa gewann in Rio letztlich zwei Silbermedaillen über 100 und 200 Meter Brust. Später sagte die Schwimmerin, dass es der schwierigste Wettkampf ihres Lebens gewesen sei. Wegen des großen Stresses habe sie einige Tage gar nicht schlafen können. Als sie wieder zurück in der Heimat war, brach Jefimowa während einer Sendung im russischen Fernsehen in Tränen aus.

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