Knapp bei Kasse: Russland friert private Rentenfonds ein

Foto: Photoshot / Vostock Photo

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Russlands Regierung greift den zukünftigen Rentnern tief in die Tasche. Die Gelder aus den privaten Rentenfonds werden auch in 2015 einbezogen. Statt für Investitionen, soll das Geld für die laufenden Rentenauszahlungen verwendet werden.

Seit 2003 wird die Rente in Russland nach einem neuen System berechnet. Die Arbeitgeber zahlen 22 Prozent des Gehalts ihrer Beschäftigten in die Altersvorsorge ein, 16 Prozent in den staatlichen Russischen Rentenfonds, aus dem üblicherweise die laufenden Renten gezahlt werden, und sechs Prozent als Sparanteil auf ein individuelles Rentenkonto, das von privaten Fondsgesellschaften verwaltet wird (siehe Infographik). Mit dem Geld auf diesem Konto sollen Investitionen in die russische Wirtschaft getätigt werden.

Bereits 2013 fror die russische Regierung diese individuellen Rentenkonten jedoch ein. Damals sind bereits etwa 11 Milliarden Euro eingezahlt worden. Diese Maßnahme wird nun bis zum Jahresende 2014 verlängert. Damit wird der Zugriff auf ungefähr 14 Milliarden Euro blockiert, eine Summe die etwa einem Prozent des russischen BIP entspricht. Und auch 2015 wird die russische Regierung die Hand auf die individuellen Rentenkonten halten. Das Geld werde für die Auszahlung der laufenden Renten benötigt, hieß es dazu aus dem Arbeitsministerium.

Sergej Chestanow, Wirtschaftsexperte bei der Unternehmensgruppe „Alor“, erklärt das aktuelle Defizit in der russischen Rentenkasse mit dem demographischen Wandel im Land. Die russische Bevölkerung überaltert. Noch vor 20 bis 30 Jahren kamen auf einen Rentner sechs Arbeitnehmer, heute sind es weniger als zwei. Entsprechend sind auch die Einzahlungen geringer. Allein aus den laufenden Einnahmen können die Ausgaben für aktuelle Rentenzahlungen nicht gedeckt werden.

 

Negative Folgen für die Wirtschaft  

Alexandr Baranow, Vize-Generaldirektor bei „Pallada Asset Management“, geht nach der Entscheidung der Regierung auch von Auswirkungen für den Bankensektor aus: „Die innere Refinanzierung hat sich verteuert.“ In der Folge sei der Rubel gefallen und andere Währungen hätten sich verteuert. Den negativen Effekt hätten auch die Bürger zu spüren bekommen. Im Durchschnitt seien die Kreditkosten für Privatpersonen um zwei Prozent gestiegen und beginnen heute bei zehn Prozent. „In diesem Jahr wird sich die Situation durch den Rückzug vieler ausländischer Investoren zusätzlich verschlechtern“, glaubt Baranow.

Klicken Sie das Bild an, um es zu vergrößern. Bild: Natalja Michajlenko

Der Plan hinter der Einführung des Sparanteils sah ursprünglich vor, das Geld von privaten Fondsgesellschaften verwalten zu lassen, die damit Investitionen tätigen und dabei auch weniger sichere Kapitalanlagen wählen durften, führt Baranow weiter aus. Die privaten Fondsgesellschaften verfügten über ein Kapital von etwa 22 Milliarden Euro aus den Spareinlagen. Weitere 20 Milliarden Euro werden von der staatlichen Wneschekonom-Bank (WEB) verwaltet, die ihrerseits auf sichere Anlagemöglichkeiten zurückgreifen muss, bei entsprechend niedrigeren Erträgen (siehe Infographik).

Die Erträge der privaten Fonds waren im Zeitraum 2009 bis 2013 fast doppelt so hoch wie die Erträge der WEB. Von den Investitionen daraus profitierten unter anderem die größte russische Energieholding Rusgidro, das staatliche Unternehmen Rosnano, das sich mit der Entwicklung von Nanotechnologien beschäftigt, sowie die Mobilfunkanbieter Evroset und Swjasnoj.

Der Ausfall der Investitionen hat Folgen: „Die Kosten für Kredite und Schuldenfinanzierung bei Banken und Gesellschaften, beim russischen Finanzministerium und in den Subjekten der Russischen Föderation werden im Jahr 2015 weiter steigen“, sagt Alexandr Baranow. Die Mehrkosten seien nur schwer zu beziffern. Er gehe jedoch von etwa 14 Milliarden Euro aus. 

Das russische Arbeitsministerium erklärte gegenüber RBTH, bei der Einführung der Maßnahme auch internationale Erfahrungen mit privaten Rentenfonds berücksichtigt zu haben. Die privaten Rentenfonds hätten sich demnach als ein wenig wirksames Instrument erwiesen, deren Investitionserlöse durchschnittlich unter dem Inflationswert lagen.

Ungarn hatte ein vergleichbares System im Jahr 2011 aufgegeben, Estland hatte auf den Sparanteil in den Jahren 2010 und 2011 verzichtet und in der Slowakei wurde die Höhe des Sparanteils von neun auf vier Prozent gesenkt.

In Russland plane man, den Sparanteil zukünftig optional zu gestalten, heißt es aus dem Arbeitsministerium.

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