Chef der russischen Erdölgesellschaft Rosneft Igor Setschin (L) verdient etwa 10,3 Millionen Euro pro Jahr. Foto: AP
Der größte staatliche Erdölkonzern Russlands Rosneft hat in einer Pressemitteilung Angaben zu den Gehältern seiner Top-Manager veröffentlicht. Das Gehalt des Präsidenten der Gesellschaft, Igor Setschin, der in der Vergangenheit Vize-Premierminister im russischen Parlament war und als persönlicher Freund Putins gilt, betrug im letzten Jahr unter Berücksichtigung aller Boni insgesamt 600 Millionen Rubel, also rund 10,3 Millionen Euro. Nach Rosneft veröffentlichte auch eine andere staatliche Gesellschaft, der nationale Eisenbahnbetreiber RZD, Zahlen zum Gehalt ihres Präsidenten. Wladimir Jakunin verdiene im Jahr, ausschließlich möglicher Boni, zwischen 48 und 66 Millionen Rubel, also 0,85 bis 1,15 Millionen Euro. Zuvor hatten sich beide Top-Manager geweigert, ihre Gehälter offenzulegen. Doch nach der Sendung "Direkter Draht", ein in diesem Jahr im Fernsehen ausgestrahltes Gespräch mit russischen Staatsbürgern, empfahl Wladimir Putin den Konzernchefs, über ihre Einkünfte zu berichten.
„Die Top-Manager staatlicher Konzerne verstehen, dass Gehälter wie ihre aus der Gehaltsstruktur im heutigen Russland herausstechen. Würden sie andere Zahlen vorzuweisen haben, gäbe es keine solchen Spielchen um die Veröffentlichung der Information", sagt Sergej Smirnow, Professor der Wirtschaftswissenschaften und Direktor des Instituts für Sozialpolitik und sozialpolitische Programme an der Higher School of Economics. Seinen Worten nach riefen die Gehälter von Top-Managern eine gemeinschaftliche Empörung hervor, da das Durchschnittsgehalt in Russland ungefähr 6 940 Euro im Jahr betrage. „Vor dem Hintergrund der Krise wirken die Gehälter unverschämt hoch und es gab noch nicht einmal Gespräche darüber, dass Top-Manager aufgrund der Krise ihre Gehälter kürzen könnten", fügt Smirnow hinzu.
Es gebe in der Gesellschaft kein Verständnis dafür, wie der eine oder andere Manager zu seinem Posten gekommen sei und wodurch die staatlichen Gehälter für genau diese Personen gerechtfertigt wären. Insbesondere, sagt Smirnow, da Rosneft und RZD Subventionen des Staates fordern. Rosneft will rund 4,4 Milliarden Euro aus dem Nationalen Wohlstandsfonds haben, einer Kasse für Gewinne aus dem Erdölgeschäft für die Finanzierung neuer Projekte. RZD hingegen fordert rund 8,7 Milliarden Euro aus dem Staatshaushalt, um seine finanzielle Stabilität zu gewährleisten.
Dabei entsprächen die Gesamteinkünfte des Rosneft-Chefs den Einschätzungen des Analysten der Investmentgesellschaft Finam Timur Nigmatullin zufolge ungefähr dem internationalen Standard. „Sie sind ähnlich zu denen des BP-Chefs", sagt er. Zum Vergleich: Das Einkommen des ExxonMobil-Chefs Rex Tillerson für das Jahr 2014 betrug 29,5 Millionen Euro, Robert Dudley, CEO von BP, verdiente rund 13,6 Millionen Euro und John Watson, Vorsitzender von Chevron, erhielt 23,1 Millionen Euro. „Heute bekommt ein Generaldirektor in den USA durchschnittlich 15 bis 20 Mal mehr, als sein russischer Kollege", sagt Ilja Bykownikow, Dozent für Management an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Staatsdienst beim Präsidenten Russlands. Ihm zufolge war Anthony Petrello
der in den Jahren 2013 und 2014 bestbezahlte Manager der USA. Der Chef der Gesellschaft Nabors, die sich auf Dienstleistungen in der Branche der Erdölförderung spezialisiert hat, habe im vergangenen Jahr 60,7 Millionen Euro verdient. Leslie Moonves aus der Rundfunkgesellschaft CBS soll im selben Zeitraum immerhin noch 58,4 Millionen Euro erhalten haben.
Doch Nigmatullin sagt auch, dass es nicht richtig wäre, die Einkünfte von Managern verschiedener Ländern zu vergleichen. Dazu seien Eigentumsstrukturen und rechtliche wie politische Rahmenbedingungen zu unterschiedlich. „Weil in Russland die Korruption eine größere Rolle spielt, werden die Gehälter für Manager von den Aktionären auf einem maximal hohen Niveau festgelegt, um die eigenen Interessen zu schützen", sagt er. Andernfalls wäre das Management, so Nigmatullin, nicht an einer effektiven Leitung der Gesellschaft interessiert und von diesem Standpunkt aus seien „die Gehälter der russischen Konzernleiter sogar nicht hoch genug."
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