Geldgeschäfte nach den Regeln der Scharia: Russland will islamisches Geld

Reuters
Bankgeschäfte nach den Regeln des Islam sind weltweit auf dem Vormarsch. Auch in Russland hofft man auf Geld muslimischer Institute für die Realisierung von Infrastrukturprojekten. Dazu sind jedoch neue gesetzliche Regelungen erforderlich.

Islamische Banken sollen Gelder für Infrastrukturprojekte in Russland bereitstellen. Das kündigte Sergej Gorkow, Direktor der Wneschekonombank, der russischen Bank für Außenwirtschaft, am vergangenen Freitag auf dem Wirtschaftsforum in Kasan an. Russlands Infrastruktur brauche dringend Investoren. „Finanzierungen durch islamische Kreditinstitute kämen gerade recht in dieser Situation“, so Gorkow. Bereits im kommenden Herbst könnten die ersten Geschäfte gemacht werden, schätzt er. Junusbek Jewkurow, Präsident der muslimisch geprägten Republik Inguschetien im Nordkaukasus, erklärte, die Wneschekonombank finanziere bereits einige islamkonforme Projekte in der Region.

Juristen haben jedoch Bedenken, da das islamische Bankwesen eigenen Regeln folgt. So gilt etwa ein Zinsverbot. Daher werden Kredite oft in der Form vergeben, dass die Bank Waren kauft und zu einem höheren Preis an den Kreditnehmer weitergibt, dem sie dann Ratenzahlung gewährt. Darüber hinaus teilt im islamischen Bankwesen der Kreditgeber das Risiko des Kreditnehmers – aus diesem Grund wird das System auch oft als partnerschaftliches Bankwesen bezeichnet. All diese Maßnahmen sind im russischen Recht jedoch unbekannt.

Islamisches Bankwesen expandiert weltweit

Das islamische Bankwesen ist dennoch weltweit auf dem Vormarsch. „Die Wachstumsraten liegen bei 15 bis 20 Prozent pro Jahr, und zwar auch in nicht-muslimischen Ländern wie zum Beispiel Irland“, berichtete Rustam Minnichamow, Präsident der Republik Tatarstan, in Kasan. Russland hänge bei dieser Entwicklung hingegen noch zurück. Bereits nach dem letztjährigen Wirtschaftsgipfel in Kasan war die Akquisition islamischen Kapitals in Russland ein Thema. Die Zentralbank organisierte eine Arbeitsgruppe zum Aufbau des islamischen Bankwesens im Lande und verabschiedete ein Maßnahmenpaket für die Jahre 2016 bis 2017. Dabei blieb es dann aber auch.

In Tatarstan hat das islamische Bankwesen bereits Fuß gefasst. Dort sind mehr als die Hälfte der Bevölkerung Muslime. Die AK Bars, eine der größten Banken in der Region, war dabei Vorreiter. Sie hat bereits zwei Geschäfte nach den Prinzipien des islamischen Bankwesens abgeschlossen. Bei genauer Betrachtung wurde die russische Gesetzgebung dabei umgangen. Negative Folgen hatte dies für die Bank jedoch nicht.

Im Gegenzug für eine islamische Finanzspritze sei die Wneschekonombank bereit, russische Exportprojekte in muslimischen Ländern zu unterstützen, sagte Gorkow. Bereits jetzt exportiere Russland Waren im Werte von 2,7 Milliarden Euro in die Staaten der Organisation für islamischen Zusammenarbeit. Das Volumen könne jedoch um 150 Prozent gesteigert werden, so Gorkow.

„In Europa wird bereits aktiv mit islamischen Banken zusammengearbeitet. Durch den Präsidenten Wladimir Putin wurde die Aufgabe gestellt, Russland der islamischen Welt näherzubringen: Diese Annäherung soll auf verschieden Gebieten erfolgen; in der Kultur, aber auch im Finanzbereich“, erklärte Minnichamow.

Nachhaltige Bankgeschäfte in Aussicht

Einer aktiven Einführung des islamischen Bankwesens stehen jedoch noch die russischen Gesetzgeber entgegen. Und noch fehle die Bereitschaft, es zuzulassen, meint Jewgenij Buschmin. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Föderationsrates, obere Kammer des russischen Parlaments und für die Steuerpolitik verantwortlich.

Allerding könne das islamische Bankwesen in einer Situation, in der russische Unternehmen nicht die Möglichkeit haben, Mittel von Banken Europas und der USA zu erhalten, hilfreich sein. „Die Geschäfte dort sind nachhaltiger als in anderen Finanzsystemen. Blasen wird es dort nicht geben“, so Buschmin. Seiner Einschätzung nach habe das islamische Bankwesen weltweit mittlerweile ein Volumen von 2,24 Billionen Euro erreicht.

Das Hauptproblem bestehe darin, dass die russische Gesetzgebung Banken eine Handelstätigkeit verbiete, erklärte Ilja Barejscha von der Anwaltskanzlei Jegorow, Puginskij, Afanasjew und Partner gegenüber RBTH. Islamische Banken dagegen kauften und verkauften bestimmte vom islamischen Recht erlaubte Aktiva. Dadurch hätten russische Banken die Möglichkeit, Geschäfte unter Verwendung der islamischen Finanzierungsinstrumente nur für einen stark eingeschränkten Umfang an Aktiva abzuschließen, zum Beispiel mit Edelmetallen. „Es entsteht der Eindruck, dass es vorläufig keinen Bedarf für die Schaffung einer Regelung für eine islamische Finanzierung nach russischem Recht gibt“, glaubt Barejscha.

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